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# taz.de -- Konflikt in Nahost: Chaos am Abrahamsgrab
> Anschläge auf Israelis und Razzien gegen Palästinenser*innen
> forderten 2022 besonders viele Tote. Nun kam es in Hebron zu einer
> Straßenschlacht.
Bild: Hebron am Samstag: Pilger in Begleitung von Soldaten
Tel Aviv taz | Hebron am Samstag glich einem Schlachtfeld. Steine fliegen,
Schüsse fallen, zermatschtes Gemüse bedeckt den Asphalt. Ein jüdischer
Siedler ohrfeigt einen Palästinenser, ein anderer wirft Holzplanken von
einem Dach auf die Straße. Videos von der Straßenschlacht verbreiteten sich
am Wochenende im Netz.
Jährlich ziehen an diesem Wochenende zehntausende jüdische Pilger*innen
nach Hebron ins palästinensische Westjordanland, in die wohl umkämpfteste
Stadt dieses Landstrichs gleich nach Jerusalem. In der Stadt verehren
sowohl Muslime als auch Juden das Grab Abrahams. Hebron ist auch die
einzige palästinensische Stadt im Westjordanland, in deren Herzen sich
Siedler*innen niedergelassen haben, zumeist ideologisch Radikale.
Israelischen Medien zufolge brachen die Zusammenstöße aus, als
Pilger*innen, eskortiert von der israelischen Armee, zum sogenannten Grab
der Patriarchen zogen und begannen, Palästinenser*innen mit Steinen
anzugreifen. Diese antworteten ebenfalls mit Steinwürfen. Auch israelische
Sicherheitskräfte wurden den Berichten zufolge von jüdischen
Pilger*innen angegriffen. Zwölf Palästinenser*innen wurden ins
Krankenhaus eingewiesen.
## Radikale sehen sich durch Wahlergebnis legitimiert
Dass es bei dieser Pilgerfahrt zu Auseinandersetzungen kommt, ist nicht
neu. Doch in diesem Jahr habe das Ausmaß eine neue Qualität erreicht, sagt
Ori Givati von der Organisation Breaking the Silence. Er sieht einen
Zusammenhang mit der israelischen Parlamentswahl vor drei Wochen, aus der
[1][der rechtsextreme Siedler Itamar Ben-Gvir] mit seiner Liste „Religiöser
Zionismus“ als eigentlicher Gewinner hervorging.
Radikale Siedler*innen würden sich, meint Givati, durch die Wahl
legitimiert fühlen. Alles sieht danach aus, dass Ben-Gvir, der selbst in
der an Hebron angrenzenden Siedlung Kiryat Arba lebt, in einer künftigen
Regierung unter Benjamin Netanjahu den beliebten Posten des Ministers für
Innere Sicherheit bekommt.
Kritiker*innen der [2][sich abzeichnenden rechtsreligiösen Regierung]
in Israel machen sich Sorgen um die Situation im Westjordanland. Schon 2022
hat der palästinensisch-israelische Konflikt mehr Todesopfer gefordert als
in den vergangenen Jahren. Zuletzt hatte ein 18-jähriger Palästinenser am
vergangenen Dienstag in der Nähe der Siedlung Ariel im Westjordanland zwei
Israelis erstochen und einen dritten mit einem Fahrzeug überfahren.
## Militante Zelle „Lion's Denn“
Seitdem Palästinenser*innen Anfang des Jahres in einer Reihe von
Anschlägen innerhalb Israels 19 Israelis getötet hatten, hat das
israelische Militär seine Razzien im Westjordanland ausgeweitet. Mehr als
130 Palästinenser*innen wurden dabei getötet, darunter auch
Zivilist*innen, Jugendliche und Kinder. Zusätzlich wurden im Westjordanland
in den vergangenen Monaten bei Anschlägen von Palästinenser*innen 23
Israelis getötet.
Hinter vielen dieser Anschläge stand die militante Zelle „Lion’s Denn“. …
Gruppe hatte sich im August 2022 in Nablus gegründet und bestand
hauptsächlich aus jungen Palästinenser*innen, die mit dem Islamischen
Dschihad, den Al-Aksa-Märtyrerbrigaden und der Hamas verbunden sind, aber
autonom agieren. Das israelische Militär reagierte mit Razzien und einer
Belagerung von Nablus, bis sich Teile der Gruppe in die Hände der
Palästinensischen Autonomiebehörde begaben.
Anschließend schien sich die Lage zu beruhigen – bis zu dem jüngsten
Anschlag in Ariel, durchgeführt von einem Palästinenser, der bislang nicht
auffällig geworden war. Taten von Einzeltäter*innen, das weiß Israels
Sicherheitsapparat, sind schwer zu verhindern.
20 Nov 2022
## LINKS
[1] /Anfuehrer-der-Liste-Religioeser-Zionismus/!5889003
[2] /Parlamentswahl-in-Israel/!5889004
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Siedlungen
Westjordanland
Palästina
Israel
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Erinnerungskultur
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