| # taz.de -- Kommunalwahlen in Polen: PiS stark, aber nicht unangefochten | |
| > In den großen Städten gewinnt die Opposition. Auch in ländlichen Gegenden | |
| > erreicht die Regierungspartei in Polen ihre Wahlziele nicht. | |
| Bild: WählerInnen am Sonntag in Warschau | |
| Warschau taz | Echter Jubel sieht anders aus. Zwar freuten sich Polens | |
| Nationalpopulisten von der Recht und Gerechtigkeit (PiS), die seit 2015 die | |
| Regierung in Warschau stellen, über die Mehrheit der Stimmen, die sie bei | |
| den Kommunalwahlen holen konnten. Doch in den meisten der insgesamt 16 | |
| Wojewodschafts-Parlamenten werden sie dennoch das Ruder nicht übernehmen | |
| können. Denn nötig wäre eine Koalition. | |
| Mit ihrer aggressiven Wahlkampagne verprellte die PiS aber bereits vor der | |
| Wahl am Sonntag alle potentiellen Koalitionspartner. Władysław Marcin | |
| Kosiniak-Kamysz, der Vorsitzende der Bauernpartei PSL, verdrehte auf | |
| Nachfrage nur die Augen und stöhnte: „Auf gar keinen Fall gehen wir eine | |
| Koalition mit der PiS ein!“ Je später der Abend wurde, desto länger wurden | |
| die Gesichter in den PiS-Wahlstäben. | |
| Zudem konnte die PiS ihr selbstgestecktes Hauptziel nicht erreichen und der | |
| liberalkonservativen und zum Teil auch linken Opposition keine einzige | |
| Großstadt abspenstig machen. In Warschau gelang es Rafal Trzaskowski sogar, | |
| den Posten des Stadtpräsidenten im ersten Wahlgang zu gewinnen. Hinter ihm | |
| stand die Staatsbürger-Koalition aus Bürgerplattform (PO) und Moderne (N). | |
| Trotz des Reprivatisierungs-Skandals in der Stadt, den die bisherige | |
| Stadtpräsidentin Hanna Gronkiewicz-Waltz von der PO zu verantworten hat, | |
| wählten die Warschauer erneut und mit großer Mehrheit einen PO-Politiker. | |
| Dubiosen Immobilienhändlern und Anwälten gelang es über Jahre hinweg | |
| zusammen mit korrupten Stadtangestellten, viele im Kommunismus | |
| verstaatlichte Häuser „zurückzubekommen“. Das Ausmaß des Milliardenbetru… | |
| hatten zwei Gegenkandidaten zu Trzaskowski aufgedeckt und zu ihrem | |
| Kampagnenthema gemacht: Patryk Jaki von der PiS und Jan Spiewak von einer | |
| Stadt-Initiative. | |
| Das Wahlergebnis zeigt nun aber, dass den Warschauern vor allem an einer | |
| effektiven Verwaltung gelegen ist, die auch den Schaden, der durch einen | |
| Betrug entstanden ist, wiedergutzumachen versucht. Die aggressive Kampagne | |
| Jakis von der PiS schadete ihm selbst mehr als allen anderen. | |
| ## Konflikt um Stadtpräsidentin von Lodz | |
| Eine zweite große Überraschung gab es in Lodz. In der nach Warschau und | |
| Krakau drittgrößten Stadt Polens gewann die bisherige Stadtpräsidentin | |
| Hanna Zdanowska mit über 70 Prozent die höchste Zustimmung im Lande. Dazu | |
| beigetragen hatte auch hier die aggressive Kampagne der PiS. Vor gut einem | |
| Monat wurde Zdanowska zu einer Geldbuße in Höhe von knapp 5000 Euro | |
| verurteilt, weil sie vor Jahren zugunsten ihres Partners gelogen hatte, um | |
| ihm einen Bankkredit zu ermöglichen, obwohl ihm das von der Bank gefordert | |
| Eigenkapital fehlte. | |
| Die Sache liegt lange zurück, der Kredit ist zurückgezahlt, und Schaden ist | |
| auch niemandem entstanden. Dennoch behauptete sowohl der von der Regierung | |
| in Warschau eingesetzte Wojewode Zbigniew Rau (PiS) als auch der | |
| Vorsitzende eines die Regierung unterstützendenden „Ständigen Komitees“ | |
| Jacek Sasin (PiS), dass Zdanowska – sollte sie von den Lodzern gewählt | |
| werden – ihr Amt nicht antreten dürfe, da sie vorbestraft sei. Die | |
| PiS-Politiker würden nach der Wahl einen kommissarischen Stadtpräsidenten | |
| in Lodz einsetzen. Es sei also besser, wenn Zdanowska erst gar nicht zur | |
| Wahl antrete. Die überaus erfolgreiche und beliebte Stadtpräsidentin von | |
| Lodz kam aber nach Beratung mit Anwälten zum Schluss: „Wenn ich zur Wahl | |
| antreten darf, darf ich natürlich auch das Amt ausüben. Alles andere wäre | |
| unlogisch.“ | |
| In den nächsten Tagen wird sich nun weisen, ob die PiS es wagen wird, den | |
| eindeutigen Wählerwillen in Polens drittgrößer Stadt zu missachten und in | |
| Lodz einen kommissarischen Stadtpräsidenten zu installieren. Sollte dies | |
| Waldemar Buda von der PiS sein, der Gegenkandidat Zdanowskas, dürfte dies | |
| Massenproteste auslösen. Denn Buda erhielt von den Lodzern gerade mal 24,2 | |
| Prozent der Stimmen. Am Ende würden die Gerichte das letzte Wort haben. Sie | |
| allerdings sind seit den [1][Justiz-“Reformen“ der PiS] kaum noch als | |
| unabhängig zu bezeichnen, so dass der Fall sogar vor dem Europäischen | |
| Gerichtshof landen könnte. Ob sich das für die PiS auszahlen würde, ist | |
| allerdings fraglich. | |
| Die endgültigen Ergebnisse der verschiedenen Wahlen werden voraussichtlich | |
| Mitte der Woche vorliegen. | |
| 22 Oct 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gabriele Lesser | |
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