# taz.de -- Kommentar EU-Verfahren gegen Ungarn: Doppeltes Spiel | |
> Eine klare Mehrheit hat für das EU-Strafverfahren gegen Ungarn gestimmt. | |
> Doch noch fehlt der politische Wille, die Aufgabe auch anzugehen. | |
Bild: Offenbar meinen es die Konservativen nicht ernst beim Umgang mit Ungarn | |
Man musste sie zum Jagen tragen. Erst in letzter Minute haben sich | |
Christdemokraten und Konservative im Europaparlament zum EU-Strafverfahren | |
gegen Ungarn und seinen rechten Regierungschef Viktor Orbán bekannt. Auch | |
Manfred Weber, der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei EVP, | |
und [1][Parlamentspräsident Antonio Tajani haben bis zuletzt gezögert]. | |
Doch nun, da sich eine klare Mehrheit für das EU-Verfahren ausgesprochen | |
hat, [2][müssen auch Taten folgen]. Es kann nicht sein, dass Tajani den | |
historischen Parlamentsbeschluss beiläufig an den Ministerrat weiterreicht, | |
als hätte er mit der ganzen Angelegenheit nicht zu tun. Seine Aufgabe ist | |
es jetzt, Druck zu machen und die Abgeordneten gegen Angriffe aus Ungarn zu | |
verteidigen. | |
Aber dazu hat der Vertraute des früheren italienischen Skandal-Premiers | |
Silvio Berlusconi offensichtlich keine Lust. Der Brief, mit dem er den Rat | |
auffordert, das Artikel-7-Verfahren voranzutreiben, lässt keinen | |
politischen Willen erkennen, schnell zu Entscheidungen zu kommen. Im | |
Gegenteil, er liest sich wie eine lästige Pflichtübung. Das überrascht | |
nicht: Schließlich haben Tajanis Parteifreunde von Forza Italia genau wie | |
die meisten CSU-Abgeordneten gegen das Rechtsstaatsverfahren gestimmt. Und | |
bis heute hält die Europäische Volkspartei an der Zusammenarbeit mit Orbáns | |
Fidesz-Partei fest. | |
Offenbar meinen es die Konservativen nicht ernst mit Demokratie und | |
Rechtsstaat in Ungarn. Sie wollen das EU-Verfahren hinauszögern – und Orbán | |
weiter die Stange halten. Es ist ein doppeltes Spiel, das dem Vorreiter der | |
„illiberalen Demokratie“ hilft und die Entscheidung des Europaparlaments | |
ins Leere laufen lässt. Das dürfen die anderen Parteien nicht durchgehen | |
lassen. Sie müssen den beginnenden Europawahlkampf nutzen, Tajani und Weber | |
an ihre Pflichten zu erinnern. | |
Bei Rechtsstaat und Demokratie darf es keinen Rabatt geben, hat Weber bei | |
seiner Entscheidung für ein Rechtsstaatsverfahren gesagt. Höchste Zeit, den | |
CSU-Politiker an seine Worte zu erinnern. Wenn er tatsächlich als | |
Spitzenkandidat der EVP in die Europawahl ziehen will, darf er nicht länger | |
lavieren. | |
27 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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