# taz.de -- Kommentar Barilla: Mittelmäßig schwule Nudel | |
> Guido Barilla möchte für seine Discounternudeln nicht mit schwulen Paaren | |
> werben. Damit spricht er für die Mitte der italienischen Gesellschaft. | |
Bild: Spricht für Italiens Mitte: Guido Barilla. | |
Guido Barilla mag nicht so gerne homosexuelle Kundschaft. In einem | |
[1][Interview] mit dem italienischen Sender „Radio 24“ sagte der | |
Vorstandsvorsitzende des italienischen Unternehmens Barilla: „Wir werden | |
keine Werbung mit Homosexuellen schalten, weil wir die traditionelle | |
Familien unterstützen.“ | |
Barilla selbst ging in dem Radiointerview so weit, dass er sagte: „Wenn | |
Homosexuellen das nicht gefällt, können sie Nudeln eines anderen | |
Herstellers essen.“ Und in der Tat forderten auch schon die ersten Menschen | |
auf Twitter den Boykott von Barilla-Produkten – mit dem Hashtag | |
[2][#boicottobarilla]. | |
Erinnert sich noch jemand an den berühmten Barilla-Spot mit dem Slogan: | |
„Zuhause ist, wo Barilla ist“? Damals wie heute ist das Marketing der Firma | |
klar auf die „sakrale Familie“ von Mutter, Vater, Kind ausgerichtet. Damit | |
bleibt der Vorsitzende der Barilla Gruppe, die einen Jahresumsatz von zirka | |
vier Milliarden Euro erwirtschaftet, nur seinem Marketingkonzept treu. Er | |
möchte seine Zielgruppe nicht vergraulen – und das sind latent homophobe, | |
heterosexuelle, italienische Familien. | |
Ein Boykott jedoch würde für den Konzern keinen Schaden bedeuten. Ähnlich | |
wie ein Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi niemanden treffen | |
würde außer die Sportler: Die Spiele sollten eben erst gar nicht an | |
homophobe Staaten vergeben werden. | |
## Auf Linie mit Berlusconi | |
Was Guido Barilla in dem Interview gesagt hat, spiegelt nur die | |
strukturellen Probleme Italiens: Rassismus, Homophobie, Misogynie. Der | |
55-Jährige Barilla-Chef steht mit seinen Aussagen in der die Mitte der | |
italienischen Gesellschaft. Wie sie hat er auch keinen Respekt für ein | |
volles Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare. Das zeigt eine Umfrage | |
des italienischen Meinungsforschungsinstitut „Datamedia“. Zwar sind 54,1 | |
Prozent der Italiener für die Gleichstellung der Ehe, aber 77,1 Prozent | |
lehnen ein volles Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ab. | |
Ansichten die nicht nur Barilla teilt, sondern auch die Politik. Die | |
ehemalige Staatssekretärin für Gleichstellungsfragen Michaela Biancofiore | |
sagte noch im Mai, dass die Italiener ganz „andere Sorgen als die | |
Schwulenehe“ hätten. Oder Berlusconi selbst, der es besser findet, auf | |
Minderjährige zu stehen als schwul zu sein. Und wie Binacofiore behauptet | |
auch Guido Barilla, dass er ja eigentlich nichts gegen Homosexuelle hätte – | |
so lange sie nicht stören. | |
Aber die Queers sollten stören. Laut sein. Sich gegen das tradierte | |
Familienmodell aufstellen. Sichtbar sein. Sie sollten nicht die Nudeln | |
boykottieren und schon gar nicht die Kekse vom Mulino Bianco oder das | |
Wasa-Knäckebrot, die ebenfalls zum Konzern gehören. Das würde sie nur zu | |
Opfern stilisieren. Nein, ihr Appell sollte lauten: Wir essen eure | |
mittelmäßigen Nudeln einfach weiter – ob ihr uns wollt oder nicht. | |
27 Sep 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ilfattoquotidiano.it/2013/09/26/barilla-mai-spot-con-omosessuali… | |
[2] http://twitter.com/#boicottobarilla | |
## AUTOREN | |
Enrico Ippolito | |
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