# taz.de -- Kolumne G-nervt: Nicht meine Kämpfe | |
> Wer zu einer ethnischen Minderheit gehört, hat nicht dieselben Probleme | |
> wie weiße linke Autonome. Sie kämpfen andere Kämpfe. | |
Bild: Irgendwie passt unsere Autorin nicht rein ins autonome Zentrum ihrer Stadt | |
Wenige Tage bis zu den Protesten und alles dreht sich um die eine Sache. | |
Wer kommt wo unter? Was ziehe ich an? Wird es genügend veganes Essen für | |
alle geben? Viel wichtiger aber: Wer wird wo demonstrieren? Und wieder | |
macht sich ein Gefühl in mir breit, dass ich aus meiner linken Jugend | |
kenne. | |
Ich suchte den Kontakt zu linken Jugendlichen, aber irgendwie passte ich | |
nicht rein ins autonome Zentrum meiner Stadt. Außerdem halte ich eh nicht | |
viel von Gruppen. Aber erst als es darum ging, sich gemeinsam an Demos zu | |
beteiligen, merkte ich, warum ich ein Alien war. Als Teil einer ethnischen | |
Minderheit, die seit drei Jahren unter einem angehenden Genozid leidet, | |
sind meine Probleme andere als die meiner weißen linken Freunde. | |
Die Kämpfe, die sie kämpfen, sind nicht meine. Ich muss erst mal meine | |
Existenz sichern, ehe ich diese Existenz schöner machen kann. Wie soll ich | |
gegen G 20 protestieren, wenn sich über 3.000 êzidische Frauen und Kinder | |
noch immer in den Händen des IS befinden? Muss ich dann nicht erst für sie | |
demonstrieren, weil mir ihr Leben wichtiger erscheint, als genmanipulierter | |
Mais oder dem Zusammentreffen von einem Haufen Bekloppter (Angie, du bist | |
nicht gemeint)? | |
Es ist kompliziert. Genauso kompliziert wie das Leben in der Diaspora. Der | |
weiß sozialisierte Teil meiner Identität kann sich auch einfach mal freuen, | |
dass es nicht um Leben oder Tod geht, während der andere Teil, der sich | |
permanent mit dem Genozid auseinandersetzt, am Dienstag zur Demo gegen | |
strukturelle Gewalt an Frauen geht. Die einzelnen Teile gehören ja eh alle | |
irgendwie zusammen und solidarisch lassen sich unterschiedliche Kämpfe | |
gemeinsam führen, egal wer wie mit ihnen verbunden ist. | |
Aber es wird nicht darüber hinwegtäuschen, dass manche Kämpfe | |
privilegierter sind als andere. Deswegen werde ich bei G 20 auch dabei | |
sein. Aber während sich Autonome mit Bullen kloppen, schaue ich zu und | |
hoffe, dass es bei der Offensive auf Raqqa noch ein paar êzidische Frauen | |
und Kinder mehr aus der Gefangenschaft geschafft haben. | |
4 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Leyla Yenirce | |
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