# taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: „Tell Jesus that the bitch is back“ | |
> Vor zehn Jahren lief die erste Staffel „Gossip Girl“ an. Ein Guilty | |
> Pleasure, denn viel Substanz hatte die Serie nicht – passte aber gut zu | |
> billigem Sekt. | |
Bild: Blake Lively spielte „Serena“… oder vielmehr „S“ – wer brauch… | |
„And who am I? That’s a secret I’ll never tell. You know you love me. XOX… | |
Gossip Girl“. Vor zehn Jahren lief das Intro der US-amerikanischen Serie | |
zum ersten Mal im Fernsehen. Millionen Teenager verfolgten fortan das | |
fiktive Leben reicher, weißer Privatschüler*innen an der Upper East Side in | |
Manhattan. Ich war eine von ihnen. | |
Die Teenager des Dramas waren zwar so alt wie ich, doch hatten mit meinem | |
Leben sonst nichts gemeinsam. Doch für mich war „Gossip Girl“ nicht nur das | |
Schauen einer Serie – es war richtiges Fantum. | |
Der Schöpfer, Josh Schwartz („The O.C.“), porträtiert in „Gossip Girl�… | |
Basis der Jugendbücher von Cecily Ziegesar den Alltag von Serena (Blake | |
Lively), Blair (Leighton Meester), Nate (Chace Crawford), Dan (Penn | |
Badgley) und Chuck (Ed Westwick). Sie kämpfen um die Liebe und die | |
Freundschaft, gegen die Eltern und um den Platz an der Elite-Uni. Eine | |
anonyme Bloggerin, „Gossip Girl“, berichtet jeden Fehltritt der fünf | |
Schüler*innen. Ein anonymer Troll, und das in Zeiten bevor Instagram und | |
Snapchat gelauncht wurden und Facebook und Twitter große Reichweite hatten. | |
Die erste Folge guckte ich mit zwei Freundinnen und billigem Aldi-Sekt bei | |
mir zu Hause. Von da an bauten wir die besten Zitate der Serie in unseren | |
Alltag ein („Tell Jesus that the bitch is back“), beendeten unsere SMS mit | |
XOXO und sprachen uns nur noch mit unserem Anfangsbuchstaben an. Denn wenn | |
Serena nur ein S braucht, wozu benötige ich dann ein „arolina“? | |
Der Soundtrack begleitete mich zur Schule. Eine Mischung aus Indie-Rock und | |
Pop ausgewählt von der preisgekrönten Alexandra Patsavas, die auch schon | |
für die Musik von „The O.C.“ und „Grey’s Anatomy“ verantwortlich war… | |
verfolgte das Privatleben der Darsteller*innen, denn Serena und Dan waren | |
nicht nur in der Serie ein Paar, sondern auch im realen Leben. Nate und | |
Chuck, die in der Serie als beste Freunde auftreten, teilten sich in New | |
York eine Wohnung. Und besonders interessant: die Erzfeinde der Serie, | |
Chuck und Vanessa, waren eigentlich ein Liebespaar. | |
Zu meinem 17. Geburtstag schenkten mir meine Freundinnen eine | |
Übernachtungsparty im Stil der jährlich stattfindenden Soiree von Blair | |
Waldorf: mit Cosmopolitans, Seidenbettwäsche und „Truth or Dare“-Spielen. | |
Wie das mit Gutschein-Geschenken so ist, hat sie natürlich nie | |
stattgefunden. Die Serie baute mit jeder Staffel ab. Doch auch Jahre später | |
bei meinem ersten New-York-Besuch waren die Spaziergänge durch Manhattan | |
geprägt von Ausrufen, wie: „Das ist doch Chucks Hotel“ oder „Hier haben | |
sich Serena und Blair wieder versöhnt“. | |
So exzessiv habe ich mich danach nie wieder mit einer Serie | |
auseinandergesetzt. Das liegt einerseits sicherlich am Alter, aber auch an | |
meinem kritischeren Umgang mit Serien, der mir auch bei „Gossip Girl“ gut | |
getan hätte. Denn abgesehen von einem hohen Unterhaltungswert mit guter | |
Musik hat die Serie nicht viel vorzuweisen. Ständig werden klassistische | |
und sexistische Klischees produziert. Der Cast ist zu 99 Prozent weiß und | |
hetero. Warum die Serie mich damals in den Bann zog? Ich weiß nicht, aber | |
vielleicht ist das 10-jährige Jubiläum ein Anlass, es herauszufinden. Zeit | |
für einen Re-Watch und endlich auch meine Soiree. | |
27 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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