| # taz.de -- Kolumne Berliner Galerien: Zeitreisen in die Fake-Vergangenheit | |
| > Beate Scheder empfiehlt Robert Kuśmirowskis Reisebüro-Installation, Kasia | |
| > Fudakowskis Sexhibition und dekonstruierte Dixis von Andreas Slominski. | |
| Bild: Robert Kusmirowski | DLH A.G, 2017, work on paper | |
| Zwei Wochen ist das große Kunstwochenende schon her, und noch immer steht | |
| viel zu viel auf meiner To-do-Liste. Stattdessen aber erst mal ein Blick | |
| zurück. Nicht in die ersten Maiwochen jedoch, sondern in den Beginn der | |
| 1930er Jahre. Dorthin versetzt einen nämlich Robert Kuśmirowski in der | |
| [1][Galerie Zak Branicka]. | |
| Er hat die Räumlichkeiten der Galerie in das zurückverwandelt, was sie | |
| einst waren: in die Zentrale der Lufthansa samt Reisebüro. Man findet sich | |
| also wieder zwischen Büromöbeln und dunklen Tresen, Flugplänen, Weltkarten, | |
| Tropenhelmen, Bildern des Flughafens Tempelhof und in einer Zeit, geprägt | |
| vom Traum des Fliegens, aber auch des aufziehenden Faschismus. | |
| Subtile Fälschungen durchfasern die Rekonstruktion des historischen Ortes, | |
| ein Suchspiel für aufmerksame Besucher_innen und eine Probe aufs Exempel | |
| für die Kraft des kollektiven Gedächtnisses. | |
| Kein Weg zurück | |
| Rechts oder links? Der Ausstellungsbesuch bei [2][ChertLüdde] beginnt mit | |
| einer Entscheidung, die einmal getroffen nicht zurückgenommen werden kann. | |
| Was daraus folgt, erfährt man aber erst hinterher. Man kennt das von der | |
| großen Politik mit ihren binären Diskursen, Künstlerin Kasia Fudakowski | |
| erst recht, sie lebt in Großbritannien. | |
| Fudakowskis „Sexhibition“ erstreckt sich dennoch auf die Räume hinter | |
| beiden Türen, sehen wird man sie aber nie ganz, höchstens man kommt | |
| zweimal. Was sich hinter den beiden Türklinken verbirgt? – Achtung Spoiler! | |
| – Auf der einen Seite hängen hölzerne Brüste an Bambusruten, auf der | |
| anderen Penisse. | |
| Sie sind Ausdruck von Fudakowskis Auseinandersetzung mit ihren Idolen Lee | |
| Lozano und Andy Kaufman. Die beiden je auf ihre Art und Weise radikalen | |
| Künstler hat sie sogar zu Protagonisten eines Pornoromans gemacht, | |
| „Info-Fuction“, Fudakowskis ersten Buchs. | |
| Toiletten an der Wand | |
| Wie im letzten Sommer bereits in den Hamburger Dammtorhallen zeigt Andreas | |
| Slominski in der [3][Galerie Neu] Arbeiten, die er aus Bauteilen von | |
| Dixi-Klos zusammengesetzt hat. Die gleichen sind es aber natürlich nicht. | |
| Draußen wächst eines horizontal wie ein Pickel aus der Gebäudewand heraus. | |
| Im Inneren hängen sie in knallbunten Farben wie Bilder im White Cube, | |
| teilweise überdeckt mit versatzstückartigen Plastikteilen, auf denen mal | |
| Körperteile, mal Alltagsobjekte zu entdecken sind. „Transhumanistisch“ hat | |
| Slominski seine Ausstellung genannt und setzt damit dem Aberwitz der | |
| Installation noch eine Krone auf. Auch Duchamp hätte an ihr wohl seinen | |
| Spaß gehabt – oder sich doch nur vorgeführt gefühlt? | |
| Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
| immer donnerstags in der Printausgabe der taz | |
| 12 May 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://zak-branicka.com/exhibitions.php | |
| [2] http://chertluedde.com/current-show/ | |
| [3] http://www.galerieneu.net/exhibition/1165 | |
| ## AUTOREN | |
| Beate Scheder | |
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