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# taz.de -- Jugendämter in Not: Wenn Kinder das System sprengen
> Was passiert mit Kindern und Jugendlichen, bei denen keine Maßnahme
> greift? Eine reizarme Umgebung soll helfen.
Bild: Sehen unscheinbar aus, beinhalten aber oft schwierige Fälle: Akten des J…
Zwölf Jahre war der Junge alt, seit seiner Einschulung hatte er bereits
knapp 20 Maßnahmen des Jugendamts durchlaufen. Ein Auszug seiner Taten: Er
hatte eine Wohnung zerlegt, einem anderen Kind die Haare angezündet, mit 11
Jahren eine 6-Jährige vergewaltigt. Nachdem er einen Erzieher mit dem
Messer verletzt hatte, bekam er sogar beim Kinder- und Jugendnotdienst
Hausverbot. In ganz Deutschland wollte keine Einrichtung den Neuköllner
Jungen mehr aufnehmen. Es sind Fälle wie diese, die das ohnehin überlastete
Kinderschutzsystem der Jugendämter auf eine besondere Probe stellen. „Wir
brauchen dafür eine berlinweite Lösung“, fordert Falko Liecke (CDU),
Jugendstadtrat in Neukölln.
„Systemsprenger“ werden die Jugendlichen intern genannt, bei denen keine
Maßnahme des Jugendamts mehr greift; die sich und andere immer wieder in
Gefahr bringen. Mit rund einem Dutzend von ihnen sind die Berliner Behörden
jährlich konfrontiert, in Neukölln ist es eine Handvoll pro Jahr. Nicht
viele, aber sie kosten immens viel Zeit, Geld und Nerven, sagt Liecke.
Den Zwölfjährigen hatte man 2012 zu einer Familie nach Kirgisien geschickt,
5.000 Kilometer von Berlin entfernt.
In der reizarmen Umgebung eines Bauernhofs werde er unterrichtet und
entwickle sich inzwischen recht gut, berichtet Liecke.
Schon 2009 hatte das Neuköllner Jugendamt einen besonders auffälligen
Jugendlichen zur Resozialisierung in den zentralasiatischen Staat
geschickt. Im Frühjahr war der inzwischen 18-Jährige nach Berlin
zurückgekehrt, er verübte schon in der ersten Woche eine Raubtat und saß
vier Wochen in Haft. Seine Prognose ist trotz der Zeit in Kirgisien
schlecht. „Aber immerhin gab es fünf Jahre lang keine Opfer“, sagt Liecke.
Versagt bei diesen Extremfällen das Kinderschutzsystem, fehlen die
richtigen Hilfen? Oder kommen sie zu spät? Häufig seien die Ursachen für
solch enthemmtes und aggressives Verhalten schon in der frühesten Kindheit
zu finden, sagt Jugendstadtrat Liecke.
Weil dann die richtige Einrichtung fehle, die diese Kinder langfristig
betreuen könne, werden sie von einer Maßnahme zur nächsten geschickt. Am
Ende zahlen die Jugendämter für derart schwierige Fälle, die kaum ein
Träger mehr aufnehmen will, Tagessätze bis zu 470 Euro.
Im Senat hat man sich inzwischen der Problematik angenommen und einen
Arbeitskreis für den Umgang mit den „verhaltensschwierigen“ Jugendlichen
gegründet. Für das Frühjahr 2015 werden erste Ergebnisse erwartet.
Dieser Text ist Teil des Themenschwerpunkts in der aktuellen
Wochenendausgabe der taz.berlin. In Ihrem Briefkasten und am Kiosk.
21 Jun 2014
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Jugendamt
Kinder
Berlin
Schwerpunkt Berlinale
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