Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Indigene in Brasilien Amazonas-Gebiet: Von Missionierung bedroht
> Ein evangelikaler Missionar bekommt den wichtigsten Posten in der
> Indigenenbehörde. Für die Indigenen ist das keine gute Nachricht.
Bild: Kinder spielen in einem Waldgebiet, das für einen Wohnkomplex in Sao Pau…
São Paulo taz | Für Brasiliens Indigene hätte es kaum schlimmer kommen
können: Der evangelikale Pastor und Missionar Ricardo Lopes Dias wird sich
in Zukunft für die staatliche Indigenenbehörde Funai um den Schutz der
isoliert lebenden indigenen Gemeinden kümmern. Die Nominierung wurde am
Mittwoch vom Justizministerium bestätigt.
Es geht bei dieser Personalie natürlich um mehr als Religions- und
Minderheitenpolitik. Der Amazonas ist ökonomisch und ökologisch seit langem
im Fokus: Anfang Januar brachte Präsident Jair Bolsonaro eine
Gesetzesinitiative auf den Weg, die Bergbau und Stromerzeugung in indigenen
Gebieten zulassen soll. Aktivist*innen befürchten eine Zunahme der
Umweltzerstörung, sollte der Kongress das Gesetz verabschieden. Indigene,
die als Beschützer der Waldes gelten, stehen häufig Agrar- und
Infrastrukturprojekten sowie der rasant vorschreitenden Abholzung zur
Landgewinnung im Weg. Die Konflikte haben in den letzten Monaten massiv
zugenommen, indigene Organisationen sprechen bereits von einem „neuen
Genozid“. Laut Tiago Moreira, Anthropologe beim Sozial-Umweltinstitut ISA,
würden immer mehr Indigene den Weg in die Isolation suchen.
Präsident Bolsonaro stellt sich derweil hinter Großgrundbesitzern und
Landarbeitern und beschimpft NGOs, Umweltschützer*innen sowie Indigene
wüst. Ende Januar sorgte Bolsonaro erneut mit einer rassistischen Bemerkung
für Aufsehen: „Der Indio entwickelt sich. Er wird immer menschlicher, so
wie wir.“
Laut Daten der Funai gibt es in Brasilien mehr als 100 Stämme, die in
selbstgewählter Isolation leben – so viele wie nirgendwo sonst auf der
Welt. Viele Indigene zogen sich zur Zeit der Militärdiktatur in den
Regenwald zurück, nachdem die brutale Erschließungspolitik des Regimes
viele Gemeinden durch eingeschleppte Krankheiten und Gewalt fast
vollständig ausgerottet hatte. Die seit 1987 umgesetzte
Nicht-Kontakt-Politik respektiert die Isolation und sagt den Indigenen
geschützte Gebiete zu. Dies wird von der brasilianischen Verfassung und
verschiedenen internationalen Abkommen abgesichert.
## Eine verheerende Entscheidung
Laut Moreira drohen nun neue Tragödien. „Die Nominierung von Dias ist ein
verheerende Entscheidung“, so Moreira gegenüber der taz. „Es droht die
Auslöschung der isoliert lebenden Indigenen.“ Laut Expert*innen würde ein
forcierter Kontakt den Tod vieler Indigener bedeuten. Dias erklärte zwar,
unter seiner Ägide keine Missionierungen vorantreiben zu wollen.
Mehrere Regierungsmitglieder, wie die ebenfalls streng evangelikale
Familienministerin Damares Alves, haben aber bereits ein Ende der
Kein-Kontakt-Politik in Betracht gezogen. Diese ist
christlich-fundamentalistischen Kräften im Land seit langem ein Dorn im
Auge. Moreira glaubt, dass Dias seine Missionsbestrebungen auch in seinem
neuen Job weiter ausführen wird.
7 Feb 2020
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Brasilien
Indigene
Amazonas
Jair Bolsonaro
Brasilien
Brasilien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Brände im Amazonas-Regenwald: Stiefel statt Statistik
Im vergangenen Jahr brannte es im Amazonas-Regenwald. Die Arte-Doku „S.O.S.
Amazonas – Apokalypse im Regenwald“ geht den Hintergründen nach.
Brasilien unter Präsident Bolsonaro: Kultureller Kahlschlag
Jair Bolsonaro planiert die Diversität Brasiliens. Unterstützung für seinen
Kampf gegen die indigene Bevölkerung findet er weltweit.
Noch mehr Feuer in Brasilien: Flammen verwüsten Sumpfgebiete
Seit Monaten sorgen die Feuer im Amazonas-Becken für Schlagzeilen. Doch
auch im brasilianischen Pantanal wüten nun seit zehn Tagen schwere Brände.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.