# taz.de -- Heiko Maas in Jerusalem: Loyal gegenüber Israel bleiben | |
> Außenminister Maas bringt heikle Fragen zur Annexion mit. Doch ein Spagat | |
> zwischen deutscher und internationaler Verantwortung ist es nicht. | |
Bild: Außenminister Maas mit seinem israelischen Kollegen Gabi Aschkenasiin Je… | |
Beim [1][Besuch von Außenminister Heiko Maas in Israel] wird die zentrale | |
Frage die geplante [2][Annexion des Jordantals] und der jüdischen | |
Siedlungen im Westjordanland sein. Wenn ein deutscher Außenminister in | |
Jerusalem heikle Fragen im Gepäck hat, ist schnell die Rede von einem | |
Loyalitätskonflikt: Die deutsche Politik fühlt sich einerseits | |
internationalem Recht und UN-Resolutionen verpflichtet. Andererseits gibt | |
es das historisch begründete Bedürfnis zu Solidarität mit Israel. Doch ist | |
das wirklich ein Widerspruch? | |
Wenn es um Kritik an Israel geht, gehen in Deutschland die Alarmglocken an. | |
Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und der Tatsache, dass Israel | |
tatsächlich immer wieder das Existenzrecht abgesprochen wird, ist das | |
verständlich. Doch es gilt zu differenzieren. Der Begriff „Kritik an | |
Israel“ führt eigentlich in die Irre. Das Land ist wie jedes andere kein | |
monolithischer Block. Es besteht aus Rechten und Linken, Armen, Reichen, | |
Jüd*innen und Araber*innen, Religiösen und Säkularen. Israel zu kritisieren | |
heißt, die israelische Regierungspolitik zu kritisieren, nicht das Land. | |
Eine solche Kritik ist zu trennen von einer Infragestellung des | |
Existenzrechts Israels. Diejenigen, denen Israel am Herzen liegt, sollten | |
sich also vielmehr überlegen, mit wem genau sie solidarisch sein wollen. | |
Mehr als [3][die Hälfte der Israelis ist gegen eine Annexion], zeigt eine | |
kürzlich durchgeführte Untersuchung. Sie wissen, dass eine Annexion nicht | |
nur für die Palästinenser*innen, sondern auch – ja vielleicht vor allem – | |
für die Israelis katastrophale Folgen haben kann. Es würde eine extreme | |
Destabilisierung der Region bedeuten, möglicherweise das Ende der | |
Friedensabkommen mit Ägypten und Jordanien und einen weiteren Teufelskreis | |
aus Blutvergießen. Und sollten, wie vom israelischen Ministerpräsidenten | |
Benjamin Netanjahu angekündigt, diejenigen Palästinenser*innen, die | |
zukünftig im von Israel annektierten Gebiet leben, tatsächlich keine | |
Staatsbürgerschaft erhalten, wäre dies ein weiterer Schritt hin zum Ende | |
der Demokratie. | |
Wegen [4][der Schoah] loyal gegenüber Netanjahu zu sein statt gegenüber den | |
Israelis, die für Frieden kämpfen, für Demokratie und gegen die Besatzung, | |
bringt Dinge durcheinander. Und diejenigen Israelis, die sich die | |
Verteidigung von Frieden und Demokratie auf die Fahnen geschrieben haben, | |
verstehen die Unterstützung oder eine vornehm schweigende | |
Nichtpositionierung zu Netanjahus rechter, häufig antidemokratischer | |
Politik als Verrat – nicht die Kritik an Annexion und Besatzung. | |
Auf dem „Grund von Auschwitz“ sollten Friedenspositionen und all die | |
Tausenden von Menschen unterstützt werden, die am vergangenen Samstag auf | |
dem Rabin-Platz in Tel Aviv gegen die Annexion und die Besatzung | |
protestierten. Auch das bedeutet, loyal gegenüber Israel zu sein. | |
10 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Heiko-Maas-in-Israel/!5691941 | |
[2] /Netanjahus-Plaene-fuer-das-Westjordanland/!5685525 | |
[3] https://www.timesofisrael.com/more-israelis-oppose-west-bank-annexation-tha… | |
[4] /Israelischer-Soziologe-ueber-Gedenken/!5656076 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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