| # taz.de -- Gentrifizierung in Berlin: Mit Kündigung wird immer gerechnet | |
| > Nach dem Verkauf der Häuser in der Hermannstraße 48 sollen die | |
| > Mieter*innen nun offenbar aus ihren Wohnungen verdrängt werden. | |
| Bild: Protest in Sachen Hermannstraße 48. Am Donnerstag gibt es wieder eine Ku… | |
| Berlin taz | „Die Verdrängungsmaschine läuft“, heißt es von den | |
| Mieter*innen der [1][Hermannstraße 48]. Vor einem Jahr waren sie damit | |
| gescheitert, ihr Haus selbst zu übernehmen. Nun sollen sie, insbesondere | |
| die 70 WG-Bewohner:innen eines Fabrikgebäudes im Hinterhof, vor die Tür | |
| gesetzt werden. Die ersten Gewerbe hat es schon getroffen. Ein Friseur im | |
| Vorderhaus wird nach einer Mieterhöhung von über 50 Prozent schließen | |
| müssen, eine heilpädagogische Praxis erhielt die Kündigung. | |
| „Wir rechnen jeden Tag damit, die Kündigung im Briefkasten zu haben“, sagt | |
| Simon Ducker der taz. Der 34-jährige Soziologe lebt seit über drei Jahren | |
| in dem Hausprojekt im dritten Hinterhof der H48. „Die neue Eigentümerin | |
| verweigert jegliches Gespräch mit uns, es gibt einfach keine | |
| Kommunikation.“ | |
| Stattdessen inserierte sie die Fabrikräume vergangene Woche als „charmante, | |
| denkmalgeschützte Büros“ im Internet – ohne dass den Mieter*innen zuvor | |
| gekündigt worden wäre. Zudem wird in der Anzeige eine Sanierung des | |
| gesamten Gebäudes in Aussicht gestellt. Die Angebote wurden nach dem | |
| öffentlichen Protest der Mieter*innen mittlerweile wieder gelöscht. | |
| ## Kundgebung am 25. Mai | |
| „Dass Wohnungen mit bestehenden Mietverhältnissen angeboten wurden, | |
| verstehen wir als direkte Bedrohung“ so Ducker. Die Situation sei für die | |
| Mieter*innen nicht länger zu ertragen. Als Reaktion rufen sie nun zu | |
| einer Kundgebung am 25. Mai vor das Haus. Sie wollen das „ignorante und | |
| übergriffige Verhalten“ der Vermieterin nicht stillschweigend hinnehmen, so | |
| die Mieter*innen in ihrer Pressemitteilung. Sie fordern die neuen | |
| Eigentümer*innen erneut auf, in ein Gespräch mit ihnen einzutreten. | |
| Vorausgegangen war der jetzigen Eskalation ein langwieriger Prozess, der | |
| mit der Initiative der Bewohner*innen begann, ihre Häuser selbst zu | |
| kaufen und so ihren Wohnraum dauerhaft zu sichern. Doch statt an ihre | |
| Mieter*innen verkaufte die damalige Eigentümerin lieber an eine neu | |
| gegründete private Gesellschaft – die Hermannshof 48 | |
| Grundbesitzgesellschaft mbH, mutmaßlich eine Unterfirma der Sahr Immobilien | |
| aus dem sächsischen Glauchau. Die Geschäftsführerin Tina Sahr war für die | |
| taz nicht zu erreichen. | |
| [2][Der Versuch, das Haus über das Vorkaufsrecht doch noch in den Besitz | |
| eines sozialverträglicheren Eigentümers zu bringen,] scheiterte mit dem | |
| juristischen Ende des Vorkaufsrechts. Danach zog der Bezirk Neukölln seinen | |
| Vorkaufsbescheid zurück. | |
| Unsicherheit für die Mieter*innen in den WGs besteht insbesondere durch | |
| die Frage, ob es sich um Wohn- oder Gewerbeflächen handelt. „In den 80ern | |
| und 90ern war es sehr schwer für Eigentümer, Mieter*innen für solche | |
| Flächen in Neukölln zu finden“, so Ducker. Mit Wissen der | |
| Vermieter*innen zogen daraufhin immer mehr große Wohngemeinschaften in | |
| das ehemalige Fabrikgebäude im Hinterhof. | |
| „Allen Beteiligten war klar, dass es sich um ein Wohnmietverhältnis | |
| handelt“, so der Soziologe. Seit nunmehr 40 Jahren werden die Räume nun | |
| bewohnt. Neben den Wohngemeinschaften existieren gemeinschaftlich genutzte | |
| Projekträume, eine Holzwerkstatt und ein psychotherapeutisches Zentrum. | |
| Allen droht der Rausschmiss. | |
| 21 May 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.h48bleibt.org/ | |
| [2] /Berliner-Mieterinitiativen/!5813998 | |
| ## AUTOREN | |
| Bosse Kröger | |
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