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# taz.de -- Geldpolitik der Banken: Schleusen auf
> Nach der US-Notenbank denkt auch die europäische Zentralbank über einen
> Strategiewechsel in der Geldpolitik nach. So wolle man Arbeitsplätze
> schaffen.
Bild: Geldpolitik künftig eher für die „kleinen Leute“?
Berlin taz | Nach der Neuausrichtung der US-Zinspolitik könnte die
Europäische Zentralbank in eine ähnliche Richtung gehen. „Die EZB
überarbeitet ihre Strategie ebenfalls“, sagt Alexander Kriwoluzky vom
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „Auch die EZB
will sich wohl mehr Spielraum verschaffen, um nach der Corona-Krise nicht
sofort eine restriktive Geldpolitk betreiben zu müssen.“
Am Donnerstag hatte Jerome Powell, Präsident der US-Notenbank Federal
Reserve (Fed) verkündet, [1][dass diese ihre Strategie ändern werde]. Die
augenblickliche expansive Geldpolitik mit niedrigen Notenbankzinsen könne
künftig auch dann beibehalten werden, wenn die Inflation für einige Zeit
über zwei Prozent steigen sollte. Bisher war es üblich, die Zinsen zügig zu
erhöhen, sollte die Inflation höher als zwei Prozent liegen. Künftig will
die US-Notenbank nun einen längeren Zeitraum zugrundelegen, in dem die
Geldentwertung um die Zwei-Prozent-Grenze schwanken kann.
Powell begründete den Strategiewechsel unter anderem damit, dass niedrige
Zinsen dazu beitragen könnten, Arbeitsplätze zu schaffen. Das komme
Bürger:innen und „Wohngegenden mit niedrigem oder moderatem Einkommen“
zugute. Das Ziel der Vollbeschäftigung solle bei der Geldpolitik oberste
Priorität genießen.
Notenbanken wie die Fed versuchen die Inflation zu beeinflussen, indem sie
den Zentralbankzins verändern. Liegt dieser wie zur Zeit niedrig, zahlen
Unternehmen und Bürger:innen auch nur niedrige Kreditzinsen, wenn sie sich
verschulden. Das kann Investitionen und Konsum fördern.
## Inflation spielt derzeit keine Rolle
Außerdem kaufen Notenbank wie Fed und EZB seit einigen Jahren große Mengen
Staats- und Unternehmensanleihen am Kapitalmarkt auf. Das versorgt
Regierungen und Firmen mit zusätzlichem Geld, treibt die Wirtschaft an,
senkt die langfristigen Zinsen und erhöht die Inflationserwartung. Auch
diese Politik könnte die Fed vor dem Hintergrund ihres Strategiewechsels
noch länger fortsetzen.
Aber führt die Kapitalflut nicht irgendwann zu starker Inflation, die dann
die Vermögen vieler Bürger:innen aufzehrt? Diese Gefahr sieht DIW-Ökonom
Kriwoluzky nicht. Augenblicklich spiele das Phänomen der Inflation keine
Rolle. Gründe: Die geburtenstarken Jahrgänge sparen viel, halten ihr Geld
zusammen, um genug Mittel für einen langen Lebensabend zu haben.
Außerdem drückt der globale Onlinehandel die Preise. „Die eigentliche
Gefahr ist Deflation“, sagt deshalb Kriwoluzky – und erinnert an die Große
Depression der 1930er Jahre. Zudem nennt er einen aktuellen Vorteil
gewisser Geldentwertung: Sie macht es den Regierungen leichter, den
Schuldenberg der Corona-Krise abzutragen.
Sein Kollege Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel sieht
die Sache anders: „Je länger man die expansive Politik fortsetzt, desto
schwieriger ist die Umkehr.“ Er befürchtet, dass Regierungen, Bürger:innen
und Firmen sich an das billige Geld gewöhnen und zunehmend auf Pump leben.
„Die Inflation kann außer Kontrolle geraten“, so Kooths. „Wenn dann die
Zinsen steigen müssen, verteuert das die Schuldenlast von Regierungen und
Unternehmen massiv.“ In der Folge könnte es zu Staatsbankrotten und
Firmenzusammenbrüchen kommen.
Beide Positionen lassen sich gut begründen. Beide haben aber dasselbe
Problem: Sie arbeiten mit der Zukunft, die niemand kennt. Politisch sitzen
augenblicklich die Berfürworter:innen der expansiven Geldpolitik am
längeren Hebel. EZB-Präsidentin Christine Lagarde kann dem Strategiewechsel
ihres US-Kollegen Powell wohl einiges abgewinnen.
28 Aug 2020
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## AUTOREN
Hannes Koch
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