| # taz.de -- Friedenskonferenz in der Schweiz: Ein bitzeli Frieden am Bürgensto… | |
| > Die Schweiz will im Krieg zwischen der Ukraine und Russland vermitteln – | |
| > auch wenn Russland an Verhandlungen derzeit kein Interesse hat. | |
| Bild: Nebelige Aussichten: Am Bürgenstock soll die Konferenz stattfinden | |
| Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geht es um nichts | |
| anderes als um die Rettung seines Landes. Die internationalen Verbündeten | |
| haben zwar vollmundig Waffenlieferungen zugesagt, aber die Lage | |
| insbesondere im Osten der Ukraine zeigt, dass es an Kriegsgerät, Munition | |
| und Personal fehlt. | |
| Ein Ende des Kriegs ist derzeit nicht in Sicht. Oder, konkreter gesagt, ein | |
| militärischer Sieg für die Ukraine ist es nicht. Und auch nicht für | |
| Russland – trotz Vormarsch insbesondere im Nordosten des Landes. | |
| International gibt es zwar eine starke Allianz der mit der Ukraine | |
| Verbündeten, doch national dominieren Haushaltsverhandlungen, etwa in | |
| Deutschland. Und auch die US-Präsidentschaftswahlen in diesem November | |
| dämpfen die Hoffnung auf dauerhafte Geldzusagen. | |
| Unter diesen Vorzeichen kommen Staats- und Regierungschefs sowie ranghohe | |
| politische Vertreter:innen am 15. und 16. Juni in der Schweiz zusammen, | |
| im Luxusressort Bürgenstock nahe Luzern. Selenskyj wird kommen, | |
| US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs | |
| Präsident Emmanuel Macron. Es geht um nichts Geringeres als einen | |
| „künftigen Friedensprozess“. Die Schweiz gibt sich als neutrale | |
| Vermittlerin im russischen Invasionskrieg gegen die Ukraine, trägt aber | |
| EU-Sanktionen mit. | |
| Grundlage der berühmten Schweizer Neutralität ist das Neutralitätsrecht, | |
| das sich auf die Haager Konventionen von 1907 stützt. Neutral sein heißt | |
| aber nicht gleichgültig sein, sagen die Eidgenossen. Zum Thema Wiederaufbau | |
| der bombardierten Ukraine fand das erste Treffen bereits [1][2022 im | |
| schweizerischen Lugano] statt. Erfolgreich wurden dort eine Reihe | |
| sogenannter Prinzipien festgelegt, nach denen die Ukraine über Jahrzehnte | |
| hinweg Unterstützung bekommen soll, abseits militärischer Unterstützung. | |
| Dies alles mit Blick auf die anstehenden EU-Beitrittsverhandlungen. | |
| Allerdings machen auch etliche Schweizer Firmen ordentlich Geschäfte mit | |
| Russland. Es ist also ein ambivalentes Verhältnis. | |
| Nun nehmen die Eidgenossen die Rolle der Friedensvermittler ein, der | |
| Bundesrat will sprechen. Über nukleare Sicherheit, über | |
| Lebensmittelsicherheit und humanitäre Hilfe. Nach einem Besuch Selenskyjs | |
| in Bern im Januar kam der Plan zu einem solchen Treffen auf. Wie der Weg | |
| zum Frieden aussehen soll, ist allerdings noch völlig unklar. Geht es nach | |
| Selenskyj und den Ukrainer:innen, werden keine Gebiete ab- oder aufgegeben, | |
| weder Donbass noch Krim stehen zur Disposition. | |
| ## Putin macht Druck auf Teilnehmende | |
| Russische Vertreter:innen sind nicht eingeladen. Aber das Treffen auf | |
| dem Bürgenstock soll ein Auftakt zu weiteren Schritten sein, auf dass die | |
| Waffen schweigen. Laut Schweizer Außenministerium hat Russland derzeit | |
| ohnehin kein Interesse an solchen Verhandlungen, der russische Präsident | |
| [2][Wladimir Putin äußerte sich öffentlich deutlich dazu, dass er keinen | |
| Sinn in einer solchen Konferenz sieht]. Klar ist aber auch, dass ein | |
| Friedensprozess ohne den Aggressor nicht in Gang kommen kann. Und so hofft | |
| man darauf, dass es nicht beim Auftakt auf dem Bürgenstock bleibt, sondern | |
| an anderer Stelle weiterverhandelt wird. Bis dahin verschärft Putin den | |
| Druck auf die Staaten, die ihre Teilnahme zugesagt haben und die Ukraine | |
| seit Langem unterstützen. | |
| Präsident Selenskyj tourte in den vergangenen Wochen durch die Welt, um | |
| weitere Verbündete zu gewinnen. Die Nato-Staaten sind auf seiner Seite, | |
| Indien ebenso. Schwieriger wird es mit anderen global wichtigen Akteuren | |
| wie China, Südafrika oder Brasilien. Beim Sicherheitsforum Shangri La in | |
| Singapur griff Selenskyj öffentlich China an. Er behauptete, Peking | |
| boykottiere im Auftrag Russlands die Friedenskonferenz oder torpediere sie | |
| gar. Eine chinesische Delegation wird in der Schweiz nicht erwartet, obwohl | |
| es große Hoffnungen gab, dass China Einfluss auf das weitere | |
| Kriegsgeschehen nehmen könnte. Schließlich gibt es eine enge Verbindung | |
| zwischen Moskau und Peking. Eine Einmischung zugunsten der Ukraine wird es | |
| so wohl ziemlich sicher nicht geben. | |
| Wenn nach zwei Tagen Gesprächsmarathon in malerischer Alpenkulisse die | |
| internationalen Delegationen wieder nach Hause aufbrechen, werden sie | |
| keinen durchorchestrierten Friedensplan präsentieren können. Es ist der | |
| Versuch, ein Zeichen zu setzen abseits der erbitterten Debatten über | |
| Waffenlieferungen, über Truppeneinsätze der Verbündeten, über Abschreckung | |
| und Abwehr. Im Jahr drei der russischen Invasion brauchen sowohl die | |
| Ukraine als auch die Alliierten wenigstens einen Fingerzeig in Richtung | |
| Kriegsende. | |
| 7 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Plan-fuer-Ukraine-nach-dem-Krieg/!5865344 | |
| [2] /Putin-vor-auslaendischen-Journalisten/!6012038 | |
| ## AUTOREN | |
| Tanja Tricarico | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schweiz | |
| Ukraine | |
| Russland | |
| Krieg | |
| GNS | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| D-Day | |
| Schwerpunkt Europawahl | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wolodymyr Selenskyj in Berlin: „Ein Kontinent ohne Krieg“ | |
| In Berlin beraten mehr als 60 Länder über den Wiederaufbau der Ukraine. | |
| Präsident Selenskyj sendet einen klaren Appell. | |
| Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine: Her mit der Partnerschaft | |
| Die Zukunft der Ukraine hängt von ihrer wirtschaftlichen Regeneration ab. | |
| Auch für Europa ist der Wiederaufbau des EU-Beitrittskandidaten wichtig. | |
| 80 Jahre D-Day: Weltkriegs-Sightseeing ohne Putin | |
| Die Schauplätze des D-Days sind zu Tourispots geworden. Am Gedenktag zeigt | |
| sich, dass die Alliierten von gestern nicht die Verbündeten von heute sind. | |
| Friedensdebatte in der EU: Der Ukraine-Krieg als Existenzfrage | |
| Verteidigungspolitik dominiert den EU-Wahlkampf. Frankreichs Präsident | |
| Macron sieht sich als Friedensbringer, Zögern à la Scholz ist unter Druck. |