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# taz.de -- Frauenrechte in Pakistan: Keine Jungfräulichkeitstests mehr
> Das Hohe Gericht in Lahore verbietet die umstrittene Untersuchung als
> illegal und verfassungswidrig. Besonders Vergewaltigungsopfer waren
> betroffen.
Bild: Proteste nach der Vergewaltigung einer Frau im September 2020 in Lahore
Mumbai taz | „Es ist ein kleiner Erfolg im langen Kampf gegen
Vergewaltigungen, aber ein wichtiger“, twitterte die pakistanische
Journalistin Manal Faheem Khan. Sie reagierte damit auf eine Entscheidung
des Obersten Gerichts der Stadt Lahore, das Überprüfungen der
Jungfräulichkeit bei Frauen und Mädchen verboten hatte.
Diese umstrittene Praxis kam im Falle von Vergewaltigungen zum Einsatz. Bei
der Untersuchung führte eine medizinische Fachkraft zwei Finger in die
Vagina der Betroffenen ein, um zu prüfen, wie locker die Vaginalmuskulatur
ist und ob das Hymen sich dehnen lässt.
Das Hohe Gericht von Lahore erklärte den sogenannten „Zwei-Finger-Test“ nun
für illegal und verfassungswidrig. Zudem hieß es im Urteil von Richterin
Ayesha A. Malik, dass der Test „keinen forensischen Wert im Fall von
sexueller Gewalt hat“ und „die persönliche Würde von weiblichen Opfern
verletzt“. Zwei Petitionen waren im vergangenen März beim Gericht
eingegangen. Eine von der Politikerin Shaista Malik (PML-N), die andere von
einer Gruppe von Menschenrechtlern, Anwält:innen und Journalist:innen.
Das Urteil aus Lahore, das alle Formen von Jungfräulichkeitstests
verbietet, gilt für die pakistanische Provinz Punjab und könnte als
Präzedenzfall dienen. Ein ähnlicher Fall wird derzeit in der Provinz Sindh
vor Gericht verhandelt. Forderungen zur Abschaffung gab es schon in der
Vergangenheit, da sie die Verfolgung von Straftaten an Frauen erschwert.
## Einvernehmlicher Sex
„Von der Registrierung der Anzeige durch die Polizei bis zur Verurteilung
des Täters hat die Frage, ob der Charakter des Opfers als züchtig oder rein
gilt, einen weitaus größeren Einfluss auf den Ausgang des Falles als die
Art der erlittenen Verletzung“, erklärt die Anwältin Zainab Z. Malik. Die
medizinische Praxis wurde zum Teil der Rechtsprechung. Bei Frauen mit
sexueller Vorgeschichte wurde quasi angenommen, der Verkehr würde mit ihrem
Einverständnis stattfinden und es handele sich daher nicht um eine
Vergewaltigung.
Das Urteil aus Lahore macht aber deutlich, dass „das Sexualverhalten des
Opfers völlig irrelevant ist“. Erst im Dezember hatte der pakistanische
Präsident Arif Alvi [1][ein neues Anti-Vergewaltigungs-Gesetz]
unterzeichnet, wonach Sexualstraftätern künftig härtere Strafen drohen. Die
Dunkelziffer an Straftaten wird als hoch eingeschätzt. Gründe dafür sind
lasche Strafverfolgung sowie gesellschaftliche Hürden, Vergewaltigungen
anzuzeigen.
Auch andere ehemalige britische Kolonien, darunter Indien, Malaysia und
Bangladesch, haben begonnen, „Zwei-Finger-Test“ rechtlich zu unterbinden.
Im Nachbarland Indien hatte das Oberste Gericht in Gujarat die Tests im
vergangenen Jahr als „veraltet und archaisch“ bezeichnet und angewiesen,
sie sofort einzustellen. Verboten wurden sie allerdings bereits 2013. In
Bangladesch folgte ein Verbot im April 2018.
5 Jan 2021
## LINKS
[1] /Schaerferes-Sexualstrafrecht-in-Pakistan/!5739592
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Pakistan
Frauenrechte
Vergewaltigung
Pakistan
TTP
Pakistan
Indien
Pakistan
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