# taz.de -- Foltersiedlung Colonia Dignidad: „Dutzende Diktaturgegner verschw… | |
> Petra Schlagenhauf vertritt die Opfer der chilenischen Colonia Dignidad | |
> in Deutschland. Sie ist optimistisch, dass Sektenarzt Harmtut Hopp im | |
> Gefängnis landet. | |
Bild: Hartmut Hopp im Hospital der Siedlung, Mai 1997. | |
taz: Frau Schlagenhauf, Sie vertreten mehrere Personen, die 2011 gegen | |
Hartmut Hopp in Deutschland Anzeige erstattet haben. Worum geht es dabei? | |
Petra Schlagenhauf: Ein Ehepaar, das in der Sektensiedlung Colonia Dignidad | |
wohnte, bezichtigt Hartmut Hopp der gefährlichen Körperverletzung. Er soll | |
dafür verantwortlich gewesen sein, dass die beiden zwangsweise mit | |
Psychopharmaka kaltgestellt wurden, obwohl es für die Verabreichung der | |
Medikamente keine medizinischen Gründe gab. Hopp war der Arzt der Sekte, er | |
leitete das Krankenhaus der Kolonie, und Zeugen haben ausgesagt, dass er | |
angeordnet hat, wer welche Medikamente in welcher Dosierung bekam. | |
Worum geht es im zweiten Fall? | |
Um Elizabeth Rekas, eine politische Gefangene, die zu Zeiten der | |
chilenischen Militärdiktatur gemeinsam mit ihrem Mann und einer dritten | |
Person auf das Gelände der Kolonie verschleppt und dort ermordet worden | |
sein soll. Darauf gibt es etliche Hinweise. Ich vertrete den Bruder von | |
Elisabeth Rekas, sie selbst gilt bis heute als verschwunden. | |
Welche Rolle soll Hopp im Fall Rekas gespielt haben? Er bestreitet ja | |
jedwede Beteiligung an Verbrechen. | |
Wir argumentieren nicht, dass Hopp selbst gemordet hat. Aber es besteht der | |
Verdacht, dass er aufgrund seiner Stellung in der Kolonie an diesem | |
Verbrechen beteiligt war. | |
Inwiefern? | |
Es geht um die Frage, welche Rolle Hopp in den 1970er Jahren – 1973 war der | |
chilenische Militärputsch – im Herrschaftssystem der Kolonie gespielt hat. | |
Hopp war die rechte Hand von Sektengründer Paul Schäfer, auch wenn er das | |
bis heute bestreitet. Und die Kolonieführung hat auf das Engste mit dem | |
chilenischen Geheimdienst DINA zusammengearbeitet, der Diktaturgegner | |
folterte und ermordete. Ich habe mit Zeugen gesprochen, die behaupten, dass | |
Hopp im DINA-Hauptquartier in Santiago de Chile ein und aus ging und | |
persönlichen Kontakt zum Geheimdienstchef und seinem Vize hatte. Auf dem | |
Gelände der Kolonie wurden Diktaturgegner gefoltert, mehrere Dutzend | |
verschwanden dort. | |
Ob Hopp in Deutschland angeklagt wird, ist noch unklar. Was tun Sie, wenn | |
es nicht passiert? | |
Hopp ist im Januar wegen Beihilfe zu mehrfachem Missbrauch in Chile in | |
letzter Instanz zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Weil er vorher nach | |
Deutschland fliehen konnte und einen deutschen Pass besitzt, wird er nicht | |
ausgeliefert. Aber Chile kann beantragen, das Urteil in Deutschland zu | |
vollstrecken. Ich denke, das wird auch passieren, und bin vorsichtig | |
optimistisch, dass Hopp dann zumindest wegen Beihilfe zum Missbrauch ins | |
Gefängnis kommt. | |
24 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
## TAGS | |
Colonia Dignidad | |
Chile | |
Hartmut Hopp | |
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