# taz.de -- Flüchtlingsboot vor Italien gerettet: Verirrung im Mittelmeer | |
> Nach einer längeren Irrfahrt vor Griechenlands Inseln rettet die | |
> italienische Küstenwache einen Frachter. Der Kapitän hatte sich offenbar | |
> abgesetzt. | |
Bild: Der Frachter „Blue Sky M“, nachdem er von der Küstenwache in den sü… | |
ROM taz | Nur knapp entging in der Nacht zum Mittwoch ein Frachter mit 768 | |
Flüchtlingen an Bord in der südlichen Adria einer Katastrophe. Mit | |
blockierter Ruderanlage steuerte die unter der Flagge Moldaus fahrende | |
„Blue Sky M“ direkt auf die italienische Küste bei dem – ganz unten am | |
Stiefelabsatz liegenden – Städtchen Santa Maria di Leuca zu. | |
Sie war nur noch drei Seemeilen vom Festland entfernt, als schließlich per | |
Hubschrauber sechs Beamte der italienischen Küstenwache an Bord gingen, das | |
führerlose Schiff übernahmen und in den Hafen Gallipoli steuerten. Etwa 130 | |
der meist syrischen Passagiere – unter ihnen viele Frauen und Kinder – | |
wurden wegen Unterkühlung vorsorglich in Krankenhäuser gebracht. Noch nicht | |
geklärt ist, ob die Schlepper das Schiff verlassen oder sich unter die | |
Passagiere gemischt hatten. | |
Italiens Polizei nahm bisher einen verdächtigen Moldauer fest. Vorerst im | |
Nebel liegen jedoch auch diverse weitere Aspekte der mysteriösen Fahrt der | |
„Blue Sky M“. So setzten Personen von Bord aus am Dienstagmorgen einen | |
Notruf ab, mehr als zwölf Stunden bevor sich die italienische Küstenwache | |
einschaltete. | |
Zum Zeitpunkt des Notrufs war der Frachter noch in Gewässern nahe der | |
griechischen Insel Korfu, doch die griechischen Behörden unternahmen | |
nichts. Sie gaben an, sie hätten den Kapitän kontaktiert – und der habe | |
erklärt, an Bord sei alles in Ordnung. | |
In dem Notruf war auch von bewaffneten Männern an Bord die Rede, zudem | |
seien die Passagiere ohne Wasser und Nahrung. Doch die italienischen | |
Beamten fanden bei der Durchsuchung keinerlei Waffen. | |
## Reiseziel Kroatien | |
Kaum aber hatte Griechenland den Fall zu den Akten gelegt, da drehte das | |
Schiff bei und nahm direkten Kollisionskurs auf die italienische Küste. Die | |
Geretteten gaben an, ihr eigentliches Reiseziel sei der kroatische Hafen | |
Rijeka gewesen. Nach Berichten italienischer Medien hatte das Schiff | |
allerdings eine lange Irrfahrt hinter sich. Es soll am 10. Dezember von | |
Istanbul aus in See gestochen und dann tagelang in griechischen Gewässern | |
unterwegs gewesen sein. | |
Das Drama ereignete sich nur einige Dutzend Kilometer von dem Ort entfernt, | |
an dem am Sonntag die italienische Fähre Norman Atlantic in Brand geraten | |
war. Neben den elf Passagieren, die bei dem Unglück starben, verloren auch | |
zwei Matrosen eines albanischen Schleppers ihr Leben, als ein zu dem | |
havarierten Schiff gespanntes Tau riss. | |
Völlig unklar ist aber weiterhin die genaue Zahl der Opfer. Das Schicksal | |
von etwa 100 Menschen ist weiterhin ungeklärt, da verschiedene | |
Passagierlisten vorliegen und da mindestens 18 Personen an Bord waren, die | |
auf den Listen der offenkundig überbuchten Fähre gar nicht auftauchten. | |
Zudem sind unter den Geretteten drei irreguläre Einwanderer; einer von | |
ihnen gab gegenüber italienischen Beamten an, zu ihrer Gruppe, die sich in | |
Lkws auf dem Fahrzeugdeck versteckt hatte, hätten zehn weitere Personen | |
gehört. | |
1 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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