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# taz.de -- Fake-Anzeigen bei Telegram: Ärzte unter Impfpass-Verdacht
> Werbung für Fake-Impfnachweise führt auf Telegram zu kruden Ergebnissen:
> Mediziner*innen geraten offenbar unverschuldet unter Betrugsverdacht.
Bild: Unter der Lupe: Impfpässe bei der Kriminalpolizei in Dillingen im Januar…
Berlin taz | Telegram hat sich als Plattform für Kleinkriminelle bewährt,
da hier einfach und anonym ein besonders großer Kreis von InteressentInnen
für illegale Produkte angeworben werden kann. So floriert dort auch der
Handel mit gefälschten Impfpässen.
Dabei werben „Dr. Jürgen“, „impftante“ und dergleichen eindeutige
Fakeprofile – teilweise mit eindeutig als solche erkennbaren Stockfotos im
weißen Arztkittel als Profilbild – um Kund*innen. Oft steckt auch einfach
ein Bot hinter den Profilen, erkennbar an Antworten mit fragwürdiger
Grammatik.
Mittendrin: eine Liste mit acht Telegramprofilen, an die man sich wenden
könne, wenn man einen Impfpass erhalten wolle. Die zugehörige Impfung werde
ins Waschbecken gekippt. 450 Euro soll der Impfnachweis samt QR-Code
kosten. So jedenfalls heißt es in dem Beitrag.
[1][Der Handel mit gefälschten Impfpässen scheint in Deutschland zu
boomen]: Erst am Dienstag starteten Polizei und Staatsanwaltschaft eine
Razzia in vier Bundesländern. Eine Woche zuvor hatten 260 Polizisten 70
Wohnungen und eine Firma im Rheinland wegen [2][gefälschter Impfpässe]
durchsucht. Die Polizei in Köln hat sogar eine eigene Ermittlungsgruppe
namens „Stempel“ wegen des Delikts eingerichtet. Bald dürfte sie weniger zu
tun haben. Denn mit den ab kommenden Sonntag bundesweit geltenden
Coronaregeln entfällt vielfach die Notwendigkeit eines Impfpasses.
## „Ärztin für Aufklärung“
Unter den acht Telegram-Profilen fällt sofort ein Name ins Auge, der
komplett ausgeschrieben ist. Ein Klick führt zum Kanal einer aktiven
Impfgegnerin: [3][Carola Javid-Kistel]. Sie hat sich als „Ärztin für
Aufklärung“ einen Namen gemacht, steht mit Rolf Kron und Daniel Langhans
auf Rednerbühnen und bezeichnet in ihrem Kanal Maßnahmen wie die
Kontaktnachverfolgung als „kranke Pläne“ und die Impfung als „genetisches
Experiment“. Ihr folgen knapp 21.000 Menschen.
Auch findet sich in Javid-Kistels Kanal das besagte Angebot einer „privaten
Impfsprechstunde“: Ein Beleg für dessen Echtheit? Führt also die gesamte
Liste zu echten Ärzt*innen, die in der Impfgegner*innen-Szene aktiv sind?
Und wie kommt es, dass gegen die Ärzt*innen, die hier unter Klarnamen
auftreten, bisher nicht ermittelt wird? Per Klick verbergen sich auch
hinter anonymisierten Namen wie “Dr. K“ die vollen Namen von Ärzt*innen
aus der gesamten Bundesrepublik.
Direkt gefragt antwortet Javid-Kistel anders als erwartet. Sie betont zwar
in einer Mail, die sie später ausführlich hinterherschickt, dass sie sich
niemals an Impfkampagnen beteiligen werde, auch wenn man ihr eine Pistole
auf die Brust setze.
Doch gleichzeitig besteht sie darauf, niemals Impfpässe zu fälschen:
„Dieses Angebot ist definitiv nicht von mir und wurde von einem
Fake-Account von mir erstellt, wie sie leider immer wieder im Umlauf
sind!!! Ich hatte das gestern in meinem Kanal richtiggestellt, dass ich
niemals zu solchen Straftaten aufrufen würde und mich absolut davon
distanziere und jeden davor warne, solche dubiosen Angebote zu nutzen!“
## Ärzte nicht auf Telegram aktiv
Mehrfach habe sie solche Profile schon gemeldet, manche seien schon
gelöscht worden, erklärt sie. „Das“ gehe nun schon seit mehr als einem Ja…
so; dennoch gebe es immer neue Fake-Profile, weil man ihr schaden wolle.
Tatsächlich zeigt ein erneuter Blick in ihren Telegram-Kanal, dass man nur
besonders geduldig an dass Ende des von ihr geteilten
Fake-Impfpass-Angebots scrollen muss, um ihre Warnung zu finden.
Ein weiterer Check der ominösen Liste ergibt: Die übrigen Ärzt*innen –
zumindest die vier, die antworten – sind selbst gar nicht auf Telegram
aktiv. Dementsprechend reagieren sie auch auf die Anfrage: „Wir werden
umgehend rechtliche Schritte einleiten“, erklärt die Stuttgarter Ärztin
Bettina Widmaier und ergänzt: „Wir standen auch schon im Kontakt mit der
Polizei, da gefälschte Impfpässe im Umlauf sind, die mit einem gefälschten
Stempel im Namen unserer Praxis gestempelt wurden.“ Susanne Götz möchte
ebenfalls Anzeige erstatten: „Ich bin entsetzt, wütend und fühle mich
ohnmächtig“, schreibt die Frankfurter Hausärztin. Auch Cathrin Klaus aus
Berlin betont: „Ich distanziere mich entschieden gegen diesen Inhalt und
Abbildungen.“ Sie habe bereits mehr als 5.000 Impfungen verabreicht, sagt
sie. Wie ihre Kolleg*innen erklärt sie, über keinen Telegram-Account zu
verfügen. Und dass sie Anzeige erstatten werde.
Nur Geertje und Klaus Sprenger zeigen sich nicht überrascht. Bereits am 27.
Januar hätten sie Anzeige wegen Verleumdung erstattet, sie nennen sogar die
zuständige Dienststelle der Dortmunder Polizei. Sie hätten in ihrer Praxis
bereits mehr als 7.000 Impfungen verabreicht. Erfahren hätten sie von dem
Beitrag auf Telegram durch eine anonyme Anfrage per Mail, ob sie denn einen
gefälschten Impfpass ausstellen würden.
Die Pressestelle der Polizei verweist für den Sachstand weiter zur
Staatsanwaltschaft. Dort die Auskunft: Das Verfahren sei am 14. Februar
eingestellt worden, da kein Täter habe ermittelt werden können. Wenig
Hoffnung also für die drei weiteren Betroffenen, die nach dem Hinweis per
Presseanfrage ebenfalls Anzeige erstattet haben.
## Keine Rückmeldung von der Polizei
Götz etwa hat bis zum 17. März keine Rückmeldung von der Polizei zum
Sachstand ihrer Anzeige erhalten, die Staatsanwaltschaften Berlin und
Frankfurt haben die jeweiligen Anzeigen bislang nicht vorliegen und können
auch generell nicht sagen, wie viele Verfahren wegen Impfpassfälschungen
eingeleitet worden seien. Die Begründung lautet überall einheitlich: „Dies
wird nicht gesondert erfasst.“
Ob hier vorschnell kapituliert wird? [4][Laut der Europäischen Kommission]
muss aus gültigen QR-Codes zumindest die ausstellende Stelle auslesbar
sein, die wiederum zu den Betrüger*innen führen könnte. Daher
verzichten wohl einige Fälscher*innen auch explizit auf das Ausstellen
digitaler Zertifikate; es würde sie zu einfach überführbar machen.
18 Mar 2022
## LINKS
[1] /Gefaelschte-Impfnachweise/!5820337
[2] /Gefaelschte-Impfnachweise/!5816486
[3] /Geschaefte-machen-mit-der-Pandemie/!5754871
[4] https://ec.europa.eu/info/policies/justice-and-fundamental-rights/eu-citize…
## AUTOREN
Lena Reiner
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