# taz.de -- Fahrradpolitik in Berlin: Coronafrei durch Kreuzberg | |
> Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat neue Radspuren markiert, | |
> um das Corona-Risiko zu minimieren – eine Idee des Straßenbaudirektors. | |
Bild: Bessere Chancen, gesund durch die Corona-Zeit zu kommen: Fahrradfahrer in… | |
BERLIN taz | Quasi aus dem Nichts erschienen sie am Mittwoch auf den | |
Straßen von Berlin-Kreuzberg: mehrere nagelneue Radstreifen. Mit Streifen | |
gelber Folie schön breit auf dem Asphalt markiert, dazu ein paar | |
aufgesprühte Fahrrad-Piktogramme, rotweiße Warnbaken als Schutz gegen den | |
Autoverkehr, fertig. Es handelte sich aber nicht um die Guerilla-Aktion von | |
FahrradaktivistInnen, sondern um einen formvollendeten Verwaltungsakt – | |
bloß unendlich schneller, als wir Verwaltungshandeln kennen. | |
Die Krise macht's möglich: Die von der grünen Senatorin Regine Günther | |
geleitete Berliner Senatsverwaltung für Verkehr und das Bezirksamt | |
Friedrichshain-Kreuzberg haben angesichts der Coronakrise in | |
Lichtgeschwindigkeit Pandemie-geeignete Fahrradinfrastruktur geschaffen. | |
Ist Radfahren nicht sowieso ansteckungssicher? | |
Nicht ganz, erklärt Felix Weisbrich, Leiter des Straßen- und | |
Grünflächenamts von Friedrichshain-Kreuzberg: „Mit den bestehenden | |
Radverkehrsanlagen lässt sich die Eindämmungsverordnung gegen das | |
Coronavirus momentan nicht gefahrlos einhalten.“ Die RadlerInnen müssten | |
sich an vielen Kreuzungen auf schmalen Radstreifen oder holprigen | |
Hochbordwegen drängeln und kämen dabei FußgängerInnen zu nahe. Und das | |
frisch mit einem Radstreifen ausgestattete Hallesche Ufer, eine wichtige | |
Kreuzberger Verkehrsader, sei für viele Fahrradfahrende so unsicher, dass | |
sie unerlaubterweise auf den breiten Gehweg auswichen – wo sie auch wieder | |
den Fußgängern auf die Pelle rückten, erläutert Weisbrich. Andererseits | |
sind die Straßen gerade viel leerer als sonst. | |
## Viel Lob | |
Es war Weisbrichs Idee, in außergewöhnlichen Zeiten zu außergewöhnlichen | |
Mitteln zu greifen. Die für alle Hauptverkehrsstraßen zuständige | |
Senatsverkehrsverwaltung, aber auch die grüne Bezirksbürgermeisterin von | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, hatte er schnell mit im Boot. | |
[1][Der rot-rot-grüne Berliner Senat arbeitet sich ohnehin seit Jahren an | |
der Umsetzung des 2018 verabschiedeten Mobilitätsgesetz] ab, für viele | |
nicht schnell genug. Auch die jetzigen Provisorien, denen weitere folgen | |
sollen, würden Radinitiativen sonst wohl scharf kritisieren: billig | |
ausgeführt, viel zu unsicher. | |
Jetzt kommt allerdings von dieser Seite nur Lob: Es brauche jetzt | |
stadtweite Taskforces, die ähnliche Projekte anordneten und gleich | |
umsetzten, sagt etwa Denis Petri vom Vorstand des Mobilitäts-Vereins | |
Changing Cities. „Dann können sich deutlich mehr Berlinerinnen und Berliner | |
schon morgen viel sicherer durch ihre Stadt bewegen.“ Natürlich hoffen sie, | |
dass die im Schnellverfahren beschlossenen Radwege zu dauernden Einrichtung | |
werden könnten. | |
Felix Weisbrich lässt das offen: Es müsse dann noch einmal alles geprüft | |
werden, sagt er. Man kann sich aber vorstellen, dass das ein Coup ganz in | |
seinem Sinne wäre. Der 47-Jährige engagierte sich schon als Student in | |
Göttingen in Sachen Verkehr und Ökologie, und war später | |
Forstpolitikreferent im Schweriner Landwirtschaftsministerium. Dass so | |
jemand ein Autofan ist, braucht man nicht zu befürchten. | |
27 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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