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# taz.de -- Fahrraddiebstähle: Berliner Polizei ist radlos
> Berlin ist die Hauptstadt des Fahrradklaus - und die Polizei schaut weg.
> In anderen Städten gibt es eigene Sonderkommissionen, hier überlässt man
> die Ermittlungen allein dem Kommissar Zufall.
Bild: Und weg ist es ...
Berliner, halt dein Fahrrad fest! Denn ist es erst mal weg, dann musst du
selber suchen: Die Fahrradhauptstadt Berlin boomt nicht nur hinsichtlich
der stets steigenden Zahl neuer RadlerInnen, sondern auch, wenn es um den
Fahrradklau geht. Doch während andere Städte auf neue Strategien setzen,
reagiert die Berliner Polizei - gar nicht.
Dabei dürften die Zahlen auch den hiesigen Polizeibeamten mehr
Bewegungsfreude nahelegen: Wurden in Berlin 2006 noch 18.775
Fahrraddiebstähle zur Anzeige gebracht, waren es 2007 bereits 20.246 - und
damit 7,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den Aufklärungsquoten der
Berliner Polizei sieht es dagegen mau aus: Lediglich knapp fünf Prozent der
angezeigten Fahrraddiebstähle können von der Berliner Polizei aufgeklärt
werden. Im Vergleich zu anderen Fahrradstädten steht Berlin damit äußerst
schlecht da.
In Münster etwa, wo der Drahtesel zum Standardgefährt gehört, liegt die
Aufklärungsquote geklaut gemeldeter Räder ähnlich wie in Stuttgart bei
knapp 10 Prozent, in Göttingen bei 13 Prozent, in München bei über 20
Prozent. In Magdeburg gelang es den ErmittlerInnen zuletzt, 35 Prozent
aller Fahrraddiebstähle aufzuklären.
Grund für diese signifikanten Unterschiede könnte die Ermittlungspraxis der
Berliner Behörden sein: Denn während andere Städte dem steigenden
Fahrradklau mit eigenen Ermittlungsgruppen begegnen, gibt es in Berlin
keine effizienten Ermittlungsstrukturen.
In Magdeburg befasst sich seit 2007 eine eigene Ermittlungsgruppe mit
Fahrraddiebstählen: "Weil die Ermittler die Szene kennen, können sie
natürlich sehr effektiv agieren", sagt Frank Küssner, Pressesprecher der
Polizei Magdeburg. Seit Einsatz der Ermittlungsgruppe sei die
Aufklärungsquote signifikant gestiegen. Auch in Göttingen sind eigene
Ermittler gegen den Fahrradklau abgestellt. Sie führen Observationen an
Diebstahl-Brennpunkten und klau-spezifische Verkehrskontrollen durch.
Unter den Berliner Polizisten ist der beste Ermittler dagegen Kommissar
Zufall: "Wir haben in Berlin keine eigene Einheit, die für Fahrraddiebstahl
zuständig wäre", sagt ein Polizeisprecher der taz. "Das machen die Kollegen
in den einzelnen Direktionen mit." In der Regel würden geklaute Fahrräder
dann auffallen, wenn sie im Rahmen von Verkehrskontrollen oder
einzelfallspezifischen Prüfungen - etwa, weil ein betrunkener Radler das
Licht nicht an hat - angehalten werden. Oder: wenn die Geschädigten ihr Rad
selbst wiederfinden. Kurz: Wer den Schlag gegen die Schwarzmarktmafia
erwartet, muss auf die Beamten im Kiez hoffen.
Neben diesen eher zufälligen Fundstückerfolgen bietet die Berliner Polizei
den BürgerInnen an, ihr Rad polizeilich registrieren zu lassen. Das nützt
zwar, um ein geklautes Rad zu identifizieren - aber nur, wenn es überhaupt
wiedergefunden wurde.
Björn Jotzow, innenpolitischer Sprecher der FDP, fordert angesichts der
niedrigen Aufklärungsquoten: "Die Polizei sollte sich dringend dem Problem
widmen". Eine Soko hält er aber nicht für das richtige Mittel. "Sinnvoller
als punktueller Aktionismus wäre die Einrichtung eines
Schwerpunktdezernats, das dauerhaft aktiv sein könnte." Auch Susanne
Grittner, stellvertretende Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen
Fahrrad-Clubs Berlin, sagt: "Die Polizei muss sich aktiver mit diesem
Problem befassen. Wenn es die Aufklärungsquote verbessert, dann muss man
natürlich über eine bessere Ermittlungsstruktur nachdenken."
13 Aug 2008
## AUTOREN
Martin Kaul
Nina Apin
## TAGS
Polizei Berlin
Fahrrad
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