# taz.de -- Erste Flüge für Erntehelfer aus Rumänien: Regeln gegen Corona ve… | |
> Gedränge beim Einchecken in Rumänien, enge Flugzeuge und Busse. Grüne | |
> fordern, dass Agrarministerin Klöckner die „Spargelstecher-Luftbrücke“ | |
> stoppt. | |
Bild: Kein Social Distancing: 1.800 Erntehelfer warteten dicht gedrängt am Flu… | |
BERLIN taz/afp/dpa | Bei Sonderflügen für Erntehelfer aus Rumänien sind | |
Regeln gegen Infektionen mit [1][dem Coronavirus] verletzt worden. Der | |
Flughafen Cluj-Napoca (deutsch: Klausenburg), wo ein Großteil der | |
ArbeiterInnen abflog, berichtete von dichtem Gedränge am Donnerstag ohne | |
den notwendigen Abstand. Bereits 8 Stunden vor dem Start des ersten | |
Flugzeugs hätten dort bis zu 1.800 Menschen gewartet. Sie seien aus allen | |
Teilen des Landes mit Bussen angekommen. Fotos bestätigten, dass sehr viele | |
Menschen in dem kleinen Flughafengebäude und auf seinem Parkplatz eng | |
beieinander standen. | |
Das führte zu Empörung auf rumänischen Internetseiten. Sogar der | |
Regierungschef Ludovic Orban kritisierte die Zustände als „unzulässig“ und | |
empfahl, den Flughafen zu schließen. Erst danach gaben die Behörden an, | |
dass nun die Sicherheitsabstände zumindest in den Warteschlangen | |
eingehalten würden. | |
In den Flugzeugen saßen die Erntehelfer meist dicht an dicht, wie andere | |
Bilder belegen. 1,5 Meter Sicherheitsabstand ist bei voll belegten | |
Maschinen unmöglich. Genauso wie in den Reisebussen, die viele der | |
Erntehelfer nach der Ankunft etwa am Flughafen Düsseldorf abholten. | |
Das Bundesinnenministerium hatte zunächst [2][ein kategorisches | |
Einreiseverbot] für die normalerweise rund 300.000 Saisonkräfte pro Jahr | |
etwa aus Rumänien und Bulgarien verhängt. Die Behörde hatte die Maßnahme | |
mit der großen Zahl Personen begründet, die kommen würden, obwohl wegen der | |
Pandemie soziale Kontakte reduziert werden sollen. | |
## „Für billigen Spargel“ | |
Dagegen kämpften jedoch die EU-Kommission, Ernährungsministerin Julia | |
Klöckner (CDU) und die Agrarbranche, der viel Geld verlorengehen würde, | |
wenn sie ihre Felder nicht bestellen oder abernten lassen könnte. Die | |
Unternehmen warnten, das Angebot an Obst und Gemüse würde schrumpfen. | |
Daraufhin gestattete das Innenministerium die Einreise von insgesamt 80.000 | |
Saisonkräften im April und Mai – allerdings unter Auflagen zum Schutz vor | |
Infektionen. | |
Doch Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im | |
Bundestag, sagte, nachdem er selbst die Ankunft in Düsseldorf beobachtet | |
hatte: „Die Umsetzung der ersten Sonderflüge für Saisonarbeitskräfte ist | |
skandalös und in jeder Hinsicht unverantwortlich.“ Sowohl die Erntehelfer | |
als auch das Kabinenpersonal seien gefährdet worden. Bei der Zahl Menschen | |
sei es sehr wahrscheinlich, dass manche auch infiziert waren. | |
Der vorgeschriebene Gesundheitscheck bei der Ankunft in Deutschland bestehe | |
nur aus einer Temperaturmessung sowie einem Fragebogen und biete keinerlei | |
Sicherheit: „Es macht den Eindruck, dass für billigen Spargel alle | |
gesundheitlichen Bedenken und ernsthaften Vorsorgemaßnahmen | |
beiseitegeschoben werden.“ Selbst wenn am Flughafen Cluj mittlerweile auf | |
die Sicherheitsabstände geachtet werde, sei „das Risiko von Infektionen ja | |
schon passiert“, sagte der Grüne der taz: „Ich bin ziemlich entsetzt.“ | |
Gewerkschafter und linke Bauern hatten bereits kritisiert, dass viele | |
ArbeiterInnen [3][in Mehrbettzimmern] untergebracht werden sollen. | |
## „Betriebe mit Festangestellten verlieren“ | |
„Klöckners Spargelstecher-Luftbrücke muss angesichts dieser Verhältnisse | |
sofort ausgesetzt werden“, ergänzte Ostendorff. „Wir müssen es schaffen, … | |
Deutschland Arbeitskräfte zu gewinnen“, so der Politiker, der selbst Bauer | |
ist. Es habe keine Zukunft, Aushilfen aus Billiglohnländern zu holen, damit | |
sie unter legaler Umgehung von Sozialabgaben in Deutschland arbeiten. Gegen | |
diese Betriebe müssten andere Gemüsehöfe hierzulande konkurrieren, die ihre | |
Mitarbeiter fest und sozialversicherungspflichtig anstellen: „Diese | |
Betriebe sind die Verlierer am Ende“. | |
Das Bundesagrarministerium antwortete auf die Kritik im Wesentlichen nur, | |
dass die Behörden vor Ort die Regeln zum Infektionsschutz durchsetzen | |
müssten. Der Bauernverband ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis | |
Redaktionsschluss unbeantwortet. | |
13 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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