| # taz.de -- Erdogan-Rede in Düsseldorf entfacht Debatte: Erst Türkisch lernen… | |
| > "Niemand wird uns von unseren Traditionen trennen." Die Rede des | |
| > türkischen Ministerpräsidenten Erdogan vor 10.000 Anhängern in Düsseldorf | |
| > stößt auf Kritik. | |
| Bild: Sie winken den Massen in Düsseldorf: Recep Tayyip Erdogan und seine Frau… | |
| DÜSSELDORF taz | Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat | |
| sich erneut in die Migrationsdebatte eingeschaltet. Bei einer | |
| wahlkampfähnlichen Veranstaltung in Düsseldorf rief der Regierungschef | |
| türkischstämmige Migranten auf, sich in die deutsche Gesellschaft zu | |
| integrieren. Gleichzeitig warnte Erdogan aber vor Assimilation. "Ich sage | |
| ja zur Integration", rief der Politiker der konservativ-islamischen Partei | |
| AKP. "Aber niemand wird in der Lage sein, uns von unseren Traditionen zu | |
| trennen." | |
| Dazu gehöre auch, dass heute in der Bundesrepublik geborene Kinder zunächst | |
| die türkische und erst dann die deutsche Sprache erlernten: "Alle sollen | |
| Deutsch lernen, aber zuerst sollen sie sehr gut Türkisch lernen", sagte | |
| Erdogan unter heftigem Jubel von über 10.000 meist türkischstämmigen | |
| Anhängern am Sonntagabend im Düsseldorfer Eisstadion "ISS Dome". Zur | |
| Begründung sagte der Regierungschef, der Minderheitenschutz sei ein | |
| Menschenrecht. Außerdem warnte Erdogan vor wachsender | |
| Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie: Diese sei mit dem Antisemitismus | |
| zu vergleichen. | |
| Erdogan hatte mit einer fast wortgleichen Erklärung zur Integrationsdebatte | |
| bereits vor drei Jahren für Wut und Entsetzen besonders bei Politikern der | |
| Union gesorgt. "Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", | |
| hatte der AKP-Politiker damals gewarnt. Der damalige bayerische | |
| Europaminister Markus Söder von der CSU etwa hatte sich daraufhin strikt | |
| gegen eine Aufnahme der Türkei in die EU gewandt: Die werde die Türkei | |
| nicht europäischer, die Union aber nationalistischer machen. | |
| Aktuell warnten Konservative in Deutschland sogar schon vor Erdogans Rede | |
| vor einem EU-Beitritt: Es könne keine neuen Verhandlungskapitel geben, | |
| "solange die Türkei nicht die volle Religionsfreiheit gewährleistet", sagte | |
| Unionsfraktionschef Volker Kauder der Rheinischen Post. | |
| Außenminister Guido Westerwelle (FDP) entgegnete Erdogan, "Kinder, die in | |
| Deutschland groß werden", müssten "zu allererst Deutsch lernen". SPD und | |
| Grüne kritisierten dagegen, angesichts des immer stärker werdenden | |
| Einflusses der Türkei in Nahen Osten sei es "absolut unklug, einen solchen | |
| Partner jetzt derart vor den Kopf zu stoßen", sagte SPD-Fraktionsvize | |
| Gernot Erler. | |
| ## Tausende türkische, aber auch viele deutsche Fahnen | |
| Mit der wachsenden Stärke der Türkei warb in Düsseldorf auch Erdogan. In | |
| seiner achtjährigen Regierungszeit sei die Wirtschaft massiv gewachsen, die | |
| Türkei sei unter den größten Wirtschaftsmächten von Platz 26 auf Platz 17 | |
| vorgerückt. Im Jahr 2023, dem 100. Jahrestag der Gründung der türkischen | |
| Republik, könne das Land eine der zehn größten Wirtschaftsmächte der Welt | |
| sein, rief Erdogan in die Halle. Die Zuhörer schwenkten dazu tausende | |
| türkische, aber auch viele deutsche Fahnen. Die Veranstaltung hatte mit den | |
| Singen der türkischen Nationalhymne begonnen, danach wurde eine | |
| Instrumentalversion der deutschen Hymne gespielt. | |
| Der islamisch-konservative Politiker betonte, er habe eine technische | |
| Modernisierung der Türkei eingeleitet und erwähnte den Bau von Autobahnen | |
| sowie Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecken. Gleichzeitig sei die Türkei in der | |
| Lage, ihre Staatsbürger weltweit zu schützen, sagte Erdogan und nannte als | |
| Beispiel die Evakuierung türkischer Staatsbürger aus Libyen. Unter seiner | |
| Regierung sei die Türkei ein Land geworden, das "hilft, dem nicht geholfen | |
| werden muss", lobte sich der Regierungschef - und spielte so auf das | |
| türkische Trauma des Niedergang des Osmanischen Reiches im 19. und frühen | |
| 20. Jahrhundert an. | |
| Erdogan bedauerte, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die doppelte | |
| Staatsbürgerschaft ablehnt. Er versprach Verbesserungen bei der blauen | |
| Karte. Diese wird von der Türkei an im Ausland lebende Türkischstämmige | |
| ausgegeben, sie werde in der Türkei bei Ämtern und Banken als vollwertiger | |
| Personalausweisersatz gelten, so Erdogan. | |
| 28 Feb 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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