# taz.de -- Ehemals besetztes Haus in Berlin: Mit Schlagstock und Brecheisen | |
> Am Montag sollen Securities vor der Liebig34 Personen angegriffen haben. | |
> Aktivist:innen veröffentlichten Fotos des Vorfalls. Die Polizei | |
> ermittelt. | |
Bild: Die Kreuzung an der Liebigstraße/Rigaer-Straße in Berlin-Friedrichshain | |
BERLIN taz | Mit Brecheisen und Schlagstöcken stehen Männer auf offener | |
Straße in Berlin-Friedrichshain. Auf Fotos sehen sie aus wie bewaffnete | |
Schläger. Bedrohlich gehen Sie auf die Kamera zu. Auf einem Foto schreit | |
ein Mann in Richtung Kamera und holt mit einer Brechstange aus. Auf einem | |
anderen Foto stehen andere stämmige Männer mit Warnwesten, bewaffnet mit | |
langen weißen Stangen an einer Straßenkreuzung. | |
Es sind Szenen, die sich am Montagabend abgespielt haben sollen auf dem | |
Dorfplatz, der berühmten Kreuzung vor dem geräumten Haus der Liebigstraße | |
34. Die Männer sind offenbar Securities, die mittlerweile im Auftrag des | |
Eigentümers das vergangenen Freitag unter großen Protesten geräumte | |
anarcha-queerfeministische Zentrum Liebig 34 bewachen. | |
Wenn die Bilder authentisch sind, zeigen sie, wie angespannt die Stimmung | |
im Friedrichshainer Nordkiez nach der umstrittenen Räumung weiterhin ist. | |
Zuvor hätten die Securities vor dem Haus abgelegte Kerzen und Blumen | |
entsorgt, wie ein Aktivist berichtet. Daraufhin hätten sie dort stehende | |
Personen angegriffen: „Padovicz-Männer sorgen für Ordnung am Dorfplatz. Wer | |
zulange stehen bleibt, wird angegriffen“, schreibt das benachbarte linke | |
Projekt Rigaer 94, das am Montagabend in mehreren Tweets Bilder | |
veröffentlicht hat. | |
Der Hergang deckt sich mit Zeugenaussagen, von denen die [1][Polizei | |
Berlin] berichtet. Demnach gab es eine entsprechende Auseinandersetzung | |
nach 22 Uhr. Gegen die vier Beschäftigten der Sicherheitsfirma im Alter von | |
20 bis 55 Jahren wurden Strafverfahren eingeleitet wegen des Verdachts der | |
versuchten gefährlichen Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung. | |
Laut Polizei gab es Streit, nachdem eine Frau vor dem geräumten Haus eine | |
Kerze aufgestellt hatte. Ein Sicherheitsmann habe die Kerze ausgetreten, | |
woraufhin es zu Beleidigungen und Bespuckungen gekommen sein soll. Die | |
Sicherheitskräfte hätten daraufhin mit Werkzeugen wie Brecheisen, Schaufeln | |
und einer Eisenstange gedroht, woraufhin die Frau geflüchtet sei. | |
## Kerze ausgetreten, danach Streit und Drohungen | |
Nach Polizeiangaben seien kurz danach etwa 30 Personen vor der Liebig 34 | |
erschienen und hätten die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma mit Flaschen | |
beworfen. Noch bevor die Polizei eingetroffen sei, seien diese jedoch | |
wieder „in Richtung Rigaer Straße geflüchtet“. Verletzt wurde laut Polizei | |
niemand. Gegen die Gruppe wurde eine Anzeige wegen schweren | |
Landfriedensbruch und versuchter gefährlicher Körperverletzung gefertigt. | |
In beiden Fällen ermittele der Staatsschutz. | |
Mittlerweile ist auch ein [2][Video des Vorfalls] öffentlich. Es zeigt, wie | |
mehrere Männer aggressiv und lautstark auf dem Bildmaterial verpixelten | |
Personen drohen und sie beschimpfen. Auch sieht es am Anfang des Videos so | |
aus, als wenn einer der Sicherheitsmänner einer Person ein Schlag auf | |
Kopfhöhe verpasst. Daraufhin folgen weitere angetäuschte Schläge mit | |
Metallstangen und Brecheisen, Drohungen und Beschimpfungen. | |
Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken, kritisierte den | |
Eigentümer Padovicz: „Es geht überhaupt nicht, wenn Securities da wie eine | |
Kiez-Miliz auftreten und so tun, als wenn ihnen die Straße gehört.“ Der | |
Eigentümer habe mit der Räumung sein Recht bekommen. Das heiße aber nicht, | |
dass er dort machen könne, was er wolle. | |
Der Eigentümer Padovicz sollte sich deeskalativ verhalten und „nicht | |
zündeln“, sagte Schrader. Klar seien auch Flaschenwürfe unangebracht, aber | |
der Konflikt sei offenkundig von den Securities ausgegangen. Dass es nach | |
der Räumung keine Konflikte mehr im Nordkiez geben werde, sei jedenfalls | |
eine unberechtigte Hoffnung, sagt Schrader. | |
Auch laut einem Eintrag unter dem Titel „Angriff durch Securities gegen | |
Leute am Dorfplatz“ auf dem [3][Portal Indymedia] heißt es, drei | |
Padovicz-Securities seien auf mehrere Leute losgegangen. Opfer seien dabei | |
auch sehr junge Leute gewesen, die „offenbar mindestens einen Schock | |
erlitten“. Nachdem die Polizei eingetroffen sei, hätte diese mit | |
Scheinwerfern die Tür der Rigaer Straße „belagert“, wie es dort heißt. | |
Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Zusammenstöße scheint es derzeit | |
vollkommen unklar, wie es mit dem geräumten Haus weitergehen soll. Bei der | |
Liebig 14, dem ehemals besetzten und 2011 geräumten Haus gegenüber, gab es | |
längere Zeit nach der Räumung immer wieder Konflikte rund ums Haus. | |
Aufgehört haben die erst, als dort im Erdgeschoss ein Kindergarten einzog. | |
Update: Dieser Text wurde am 14.10. um 11.30 Uhr aktualisiert, weil | |
mittlerweile Video-Material öffentlich ist. | |
13 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/pressemitteilung.1003384.php | |
[2] https://twitter.com/rigaer94/status/1316042619999395842 | |
[3] https://de.indymedia.org/node/109440 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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