# taz.de -- Drei Jahre nach dem schweren Erdbeben: Verspäteter Neustart in Nep… | |
> Der Wiederaufbau nach dem schweren Beben ist nur langsam angelaufen. | |
> Große Hoffnungen werden in Nepals neue Regierung gesetzt. | |
Bild: Nepalesische Bauarbeiterinnen machen Pause auf einer Baustelle am Patan D… | |
KATHMANDU taz | Als am 25. April 2015 um 11.56 Uhr die Erde zu beben | |
beginnt, haben viele Nepalesen Glück im Unglück: Es ist Samstagmittag, die | |
meisten Betten, Büros und Klassenzimmer sind daher leer. Dennoch kommen bei | |
dem Erdstoß der Stärke 7,8 knapp 9.000 Menschen ums Leben, über 20.000 | |
werden verletzt. | |
Nepals Hauptstadt Kathmandu verschiebt sich innerhalb von 30 Sekunden um | |
drei Meter nach Süden. Straßen, Brücken und 600.000 Wohnhäuser werden | |
vollständig zerstört. Der Schaden beläuft sich auf über 6 Milliarden Euro �… | |
mehr als ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes. | |
Heute gleicht Nepal einer riesigen Baustelle. Doch geht der Aufbau nur | |
langsam voran: Laut der staatlichen Wiederaufbaubehörde NRA sind landesweit | |
erst 15 Prozent aller Häuser wieder aufgebaut. | |
Die Ursachen sind vielfältig: Arbeitskräfte und Materialien sind schwer zu | |
bekommen und doppelt so teuer als vor dem Beben. Auch verzögern Korruption, | |
Streiks und politische Konflikte den Wiederaufbau. So wurde etwa die NRA | |
erst acht Monate nach dem Beben gegründet. Die Regierungsparteien hatten | |
sich nicht einigen können, wer sie leiten sollte. | |
## Provisorien aus Wellblech | |
Ein großer Teil der Bevölkerung lebt daher noch heute in provisorischen | |
Wellblechbehausungen. So lebt auch die heute 40-jährige Shusma Baniya seit | |
drei Jahren mit ihrer Tochter (16) und ihrem Sohn (14) in einer acht | |
Quadratmeter großen Blechhütte. | |
„Im Winter ist es hier sehr kalt, in der Monsunzeit extrem nass – das kann | |
nicht gut sein für die Gesundheit“, sagt sie. Tatsächlich haben | |
insbesondere Atemwegserkrankungen seit dem Erdbeben zugenommen. Am | |
stärksten betroffen sind Säuglinge und ältere Menschen. | |
Gerade für die Angehörigen der untersten Kaste, den sogenannten | |
Unberührbaren (Dalit), ist der eigenständige Wiederaufbau fast unmöglich, | |
da sie meist in Armut leben. Zwar hat jeder betroffene Haushalt Anspruch | |
auf staatliche Unterstützung. Doch oft reicht das Geld wie bei Baniya, | |
einer Dalit, nicht. | |
„Das Geld, das ich bekommen habe, musste ich ausgeben für die Hütte und die | |
Trümmerbeseitigung“, sagt sie. „In einen Neubau konnte ich nichts davon | |
stecken.“ Nur durch zusätzliche Mittel von internationalen | |
Hilfsorganisationen könne sie sich ein neues Haus bauen. | |
## Hilfsorganiationen sollen Versprechen der Regierung erfüllen | |
Die Regierung hatte zwar weitere Mittel für besonders Bedürftige | |
versprochen. Doch wurde diese Zusage laut Amnesty International inzwischen | |
ohne großes Aufsehen inoffiziell zurückgenommen. | |
Der Extrabedarf soll nun von Hilfsorganisationen gedeckt werden, wie | |
mehrere Lokalpolitiker bestätigen. Die Organisationen wollen nicht | |
öffentlich darüber sprechen, um die Regierung nicht zu verärgern. | |
Schließlich müsse man mit ihr zusammenarbeiten, heißt es. | |
Einer, der offen sprechen kann, ist Shambhu Kumar Thapa, Bürgermeister in | |
der Provinz Dhading. Dort wurden 90 Prozent der Häuser zerstört: „Die | |
Unterstützung der Regierung sieht nur auf dem Papier gut aus“, sagt er. | |
„Wir sind angewiesen auf die Unterstützung durch ausländische | |
Nichtregierungsorganisationen. 20 Prozent der Betroffenen haben noch nicht | |
einmal mit dem Wiederaufbau begonnen, weil sie kein Geld dafür haben.“ | |
Trotzdem herrscht Aufbruchstimmung. Viele vertrauen darauf, dass der | |
Wiederaufbau unter der neuen Regierungskoalition aus Kommunisten und | |
Maoisten, die im Februar vereidigt wurde, besser organisiert wird. | |
## Sehnsucht nach politischer Stabilität | |
Das liege vor allem am Versprechen einer stabilen Regierung, sagt Subindra | |
Bogati. Er leitet den Thinktank Nepal Peacebuilding Initiative. „Politische | |
Stabilität ist momentan das Wichtigste, denn viele Wiederaufbauprojekte | |
konnten in der Vergangenheit nicht umgesetzt werden, weil die politischen | |
Akteure so häufig gewechselt haben. Genau das ist der Grund, warum die | |
beiden Parteien gewählt wurden. Es ist aber noch zu früh, um beurteilen zu | |
können, ob die Regierung jetzt wirklich besser zusammenarbeitet.“ | |
Tatsächlich gab es seit dem Beben bereits vier Regierungswechsel. Auch der | |
aktuelle Premier, Khadga Prasad Oli, von der Kommunistischen Partei war von | |
Oktober 2015 bis August 2016 schon einmal Regierungschef. | |
Um Zusammenhalt zu demonstrieren, wollen Maoisten und Kommunisten sogar | |
offiziell fusionieren. Das wurde allerdings schon zwei Mal verschoben | |
wurde. Der Grund: Streit über das gemeinsame Parteisymbol und die | |
Zusammensetzung des Zentralkomitees. | |
Die Recherchen für diesen Beitrag wurden von der Aktion Deutschland Hilft | |
unterstützt. | |
25 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Adrian Breda | |
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