# taz.de -- Kommunistische Regierung in Nepal: Neustart mit Hammer und Sichel | |
> Seit Februar regiert in Nepal eine demokratisch gewählte Allianz aus zwei | |
> kommunistischen Parteien. Sie muss sich großen Herausforderungen stellen. | |
Bild: Wird die neue kommunistische Allianz Nepal Aufwind bringen? Tibetische Ge… | |
KATHMANDU taz | „Die Regierungen hier kommen und gehen“, sagt Sunil, der | |
einen Souvenirladen am Affentempel betreibt, einem Wahrzeichen von Nepals | |
Hauptstadt Kathmandu. Rund um die Stupa sind kleinere Türme der | |
weltältesten buddhistischen Tempelanlagen in grüne Bauplanen gehüllt. Die | |
Erdbeben, die am 25. April 2015 und in den Wochen danach Nepal | |
erschütterten, hinterließen auch hier große Zerstörungen. [1][Wie lange die | |
Reparaturen dauern], weiß der 24-Jährige so wenig, wie wie lang die | |
Regierung dieses Mal halten wird. | |
Seit Mitte Februar (Premierminister) beziehungsweise Mitte März (Kabinett) | |
regiert eine Allianz aus Nepals beiden stärksten kommunistischen Parteien. | |
Eine Verbesserung der Situation unter ihrer Herrschaft sieht Sunil bisher | |
noch nicht. Dabei ist seit der Abschaffung der Monarchie im Jahr 2008 | |
Premierminister Khadga Prasad Oli bereits der elfte Regierungschef des | |
Landes. 2015 war er schon einmal für zehn Monate an der Macht. | |
„Es gibt eine Reihe von Politikern, die entweder selbst Bauunternehmer sind | |
oder enge Verbindungen zu ihnen haben“, sagt der Journalist Sanjeev Giri. | |
Nicht zufällig gibt es vonseiten der Regierung ein großes Interesse an | |
Infrastrukturprojekten, insbesondere an Eisenbahnverbindungen. „Das hat | |
sich auch durch Indiens Wirtschaftsblockade ergeben. Sie öffnete allen die | |
Augen, dass die Verbindung mit China verbessert werden muss“, sagt Giri. | |
Das Binnenland Nepal, das 29 Millionen Einwohner hat, bezieht 60 Prozent | |
seiner Importe aus Indien, darunter Benzin und Lebensmittel. | |
Der prochinesische Premierminister Oli versucht seine Macht auszubauen und | |
hat die Behörden gegen Korruption und Geldwäsche seiner direkten Aufsicht | |
unterstellt. „Es ist die stärkste Regierung in Nepal seit 1990, die darauf | |
wartet, auch die volle Amtszeit zu regieren“, sagt Giri. | |
Große Herausforderungen | |
Zuvor hatten sich die Vereinten Marxisten-Leninisten (CPN-UML) und das | |
Maoistische Zentrum (CPN-MC) zu Südasiens größter kommunistischer Partei | |
zusammengeschlossen. Ihr Slogan: „Wohlstand durch Stabilität“. Beide | |
Parteien sind jung und haben eine rote Flagge mit Hammer und Sichel als | |
Symbol. | |
Dabei unterscheiden sich die beiden Parteien. Die linken Sozialdemokraten | |
der CPN-UML stellen Premierminister Oli, die Maoisten (CPN-MC) sind bekannt | |
für ihren Vorsitzenden Prachanda, einem Ex-Kommandanten maoistischer | |
Rebellen. Die begannen 1996 einen zehnjährigen Bürgerkrieg gegen die | |
Monarchie. | |
Die neue Nepal Communist Party (NCP) ist jetzt mit 174 Sitzen im | |
275-köpfigen Parlament die stärkste politische Partei, die Nepal je hatte. | |
Sie könnte das Land die nächsten fünf Jahre komfortabel mit einer | |
Zweidrittelmehrheit regieren. | |
Doch die Herausforderungen sind groß: Die Erdbebenschäden sind noch längst | |
nicht beseitigt. Die historischen Stätten, die Touristen anziehen und | |
Devisen einbringen, sind teilweise noch in Gerüste gehüllt. In den | |
Bergregionen ziehen die Menschen erst allmählich aus den Wellblechhütten | |
wieder in Ziegelbauten. Und in Kathmandu, in dessen Großraum rund 2,5 | |
Millionen Menschen leben, sind Atemschutzmasken alltäglich geworden. Die | |
Unzufriedenheit mit der zunehmenden Verschmutzung ist zu spüren. Immer | |
wieder kommt es zu Protesten. | |
Es geht schleppend voran | |
In Kathmandu ist die Luft inzwischen ähnlich schadstoffbelastet wie in | |
Delhi oder Peking. Auch gibt es hier Zweifel, ob die ehrgeizigen | |
Infrastrukturpläne der Regierung überhaupt die Stabilität sichern. | |
Seit Jahren gibt es Pläne für eine U-Bahn in Kathmandu. Doch die Metropole | |
ist mit alteingesessenen Siedlungen und kleinen Tempeln dicht gespickt. | |
Auch wurde inzwischen eine neue Zugverbindung nach Indien angekündigt. | |
Viele Nepalesen sehnen sich nach einem Aufbruch. Doch es geht nur | |
schleppend voran. „Dollar Money“, wie die Zuwendungen ausländischer | |
Nichtregierungsorganisationen genannt werden, sollen nun auch durch den | |
Premierminister und nicht mehr vom Sozialministerium kontrolliert werden. | |
Die Nepal Communist Party (NCP) will künftig mit Großprojekten punkten. | |
Der Wahlsieg der Kommunisten Ende 2017 war vor allem eine Absage an die | |
Politik von Nepals damals regierender Kongress-Partei. „Jetzt gibt es | |
wenigstens keine ständigen Kämpfe im Parlament mehr“, sagt der Taxifahrer | |
Sonam Lama, 55, über die neue Regierung. | |
Doch andere sehen eine wachsende Politikverdrossenheit. Nepal war mit | |
Unterbrechung bis 2008 ein hinduistisches Königreich. Manche wie Sunil | |
wünschen sich wieder den König zurück. Sunil verbindet damit noch eine Zeit | |
vor dem 1996 begonnenen und 2006 beendeten Bürgerkrieg mit der maoistischen | |
Guerilla, in der vieles einfacher schien als heute. | |
7 Aug 2018 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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