# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Das Rechtsempfinden von NRW-Innenminister Herbert Reul, Sahras | |
> Wagenknechts Schutzmantel und sonst auch allerhand Alliterationen. | |
Bild: Sieht etwas planlos aus: Herbert Reul | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Bundesfinanzspaßvogel Scholz sagt: „Stabile Renten | |
verhindern einen deutschen Trump.“ | |
Und was wird besser in dieser? | |
Scholz lässt Trump fragen, ob er für 800 Euro im Monat zu Hause geblieben | |
wäre. | |
Gut einen Monat nach der Veröffentlichung seines „Masterplans Migration“ | |
legte Innenminister Horst Seehofer nun ein „Eckpunktepapier zum | |
Einwanderungsgesetz“ vor. Klar, eine Alliteration musste sein, aber bietet | |
das geplante Einwanderungsgesetz auch das, was lange gefordert wurde: einen | |
legalen Weg nach Europa? | |
Da wird das Flüchtlingsthema durch die Fachkräftemangel gedreht, geplantes | |
Ergebnis: null. Denn mit dem Gesetz soll „Zuwanderung am Bedarf der | |
Volkswirtschaft ausgerichtet“ werden. | |
Das Protokoll notiert Heiterkeit beim Begriff „Volkswirtschaft“: Global | |
agierende Unternehmen, die aus einer multikulturellen Bevölkerung „die | |
Guten ins Kröpfchen, die schlechten ins Töpfchen“ sortieren. Hat sich was | |
mit „Volk“. | |
Es geht darum, Menschen anzulocken, die bisher nicht kommen, und keine | |
Antwort zu formulieren für Menschen, die bisher kommen und kommen wollen. | |
Wirtschaftslobbyisten wollen abweichende Ausbildungen simpler anerkennen, | |
über „Engpassberufe“ hinaus den ganzen Arbeitsmarkt öffnen und die | |
„Vorrangregelung“ aussetzen. | |
Das erhöht den Konkurrenzdruck um die Jobs und, da auch „unterhalb der | |
mitgebrachten Qualifikation“ gearbeitet werden soll, am Ende den Lohndruck. | |
Kann man so machen, da 800.000 Stellen frei sind und man zwischen den | |
Zeilen zugibt, die Arbeitslosen aufgegeben zu haben. Eine Chance, mit dem | |
Einwanderungsgesetz auch Flüchtlingen zu helfen, soll der „Spurwechsel“ | |
sein: Schwemmt es einen Asylbewerber an, der ins Beuteschema der Wirtschaft | |
passt, kann er rübermachen. Fazit – ein gutes Gesetz, für ca. 1955. | |
Mit ihrer linken Sammlungsbewegung „Aufstehen“ wollen Sahra Wagenknecht und | |
Oskar Lafontaine das weitere Erstarken der AfD verhindern – indem sie ihr | |
Wähler*innen abgreifen. Kann das gutgehen? | |
2005 bis 2009 und 2013 bis 2017 gab es die „linke Mehrheit“ im Parlament, | |
und ihre Wähler wurden jeweils mit ordentlich Merkel abgestraft. Es fehlte | |
R2G der Mut, es gab zu viel Stolz, und es gab drumherum keine | |
gesellschaftliche Bewegung auf ein solches Bündnis hin. Wie groß die | |
heimliche Sehnsucht danach ist, explodierte im Schulztaumel, als der | |
anfangs nach dem kantigen linken Integrator aussah, der er dann nicht sein | |
durfte. Eine Nichtpartei, die diese Kräfte stetig spürbar macht, wäre also | |
ein Invest in die Demokratie – womöglich auch eine Adresse für Leute, die | |
bisher lieber gleich nicht bis AfD wählen. Macrons „En Marche“, Corbyns | |
„Peoples Momentum“ , das grüne „La France insoumise“ bieten gelungenere | |
Beispiele, Berlusconis „Forza“ und die durchputschte ÖVP bedenklichere. | |
Alles prima also, und man hörte auch den Obergrünen Habeck von „mehr | |
Bewegung als Partei“ schwärmen. Nun allerdings ist es „diese | |
Wagenknecht-Sache“, was je nach Beleuchtung ein schwerer Fehler oder ein | |
taktischer Move ist: Die umstrittene Irrlichtgestalt macht sich in ihrer | |
Partei vorübergehend unangreifbar, weil sie eine schneidige Attacke auf die | |
Konkurrenz reitet – Taktik. An die Öffentlichkeit zu gehen, ohne mindestens | |
so starke Namen von SPD und Grün eingesammelt zu haben – schwerer Fehler. | |
In Genua ist eine Autobahnbrücke eingestürzt, mehr als 40 Menschen starben | |
– und Italiens Innenminister Matteo Salvini weiß sofort, wer Schuld hat: | |
die Europäische Union. Können Sie uns das bitte genauer erklären? | |
Ja. Fortschritt ist, wenn solche Leute statt „jüdisch-bolschewistische | |
Plutokratie“ einfach „EU“ sagen. | |
Sami A. muss nach Deutschland zurückkehren können, hat das | |
Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen entschieden. | |
NRW-Innenminister Herbert Reul von der CDU ist enttäuscht ob dieses Urteils | |
und mahnt, dass Richterinnen und Richter immer im Blick haben sollten, | |
dass „ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung | |
entsprechen“. Wie war das noch mit der Gewaltenteilung? | |
Offenbar am Arsch, und der heißt immer noch Georg Pazderski, Fraktionschef | |
der AfD in Berlin: „Es geht nicht um die reine Statistik, sondern es geht | |
darum, wie das der Bürger empfindet“ – verwies er als Spitzenkandidat die | |
Realität ins Jenseits. Reul reiht sich ein unter die, die sich zu ihrem | |
Rechtsempfinden die passende Bevölkerung aussuchen. | |
Und was machen die Borussen? | |
„Erstaunlich, wie rasant jemand aufgrund seiner Frisur zum | |
Publikumsliebling werden kann“, notiert das Fanzine schwarzgelb.de über die | |
umjubelte Einwechslung von Neuling Alex Witzel. Ja, fragt mich doch. | |
Fragen: lgu | |
19 Aug 2018 | |
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