| # taz.de -- Die Wahrheit: Die Pommes-Sucht | |
| > Ein ganzes Leben in Abhängigkeit von den kleinen glänzenden frittierten | |
| > Kartoffelstäbchen. Aber nur mit Ketchup! Bis zu diesem einen fatalen Tag. | |
| Zack! So schnell war es passiert! Unfassbar. Nur einmal, eine Kleinigkeit, | |
| ein einziger Pommes, und alles war wieder da. Die Sucht. Die Sehnsucht. Das | |
| Genussversprechen. Die Abhängigkeit. | |
| Jahrelang hatte ich auf meine geliebten Pommes verzichtet, hatte, nur weil | |
| die Meine „in die Berge“ wollte, auch dadurch zehn Kilo abgenommen. Dieser | |
| heroische Akt gelang mir nur unter strengster Selbstkasteiung, vor allem | |
| durch komplette Haribo- und Pommes-Abstinenz. Wenn es Pommes flüssig gäbe, | |
| ich hinge an der Nadel. Wie unsere ganze Familie. | |
| Normalerweise nehme ich Pommes nur mit Ketchup zu mir. Aber neulich gab es | |
| stattdessen Trüffelmayo! Der Hammer! Mayo hat mich in meinem gesamten Leben | |
| nie interessiert – außer an Kartoffel- und Nudelsalat. Und dafür nahm | |
| „unser Mudder“ im Ostwestfälischen nur Miracle Whip – die „Wunderpeits… | |
| aus dem Hause Kraft. 1933 auf der Weltausstellung in Chicago vorgestellt. | |
| Doch das Größte war Ketchup, schon als Kind, im „Potthoff Grillimbiss“ am | |
| Scharn in Minden eine Portion Pommes mit Ketchup zu essen. Später nach | |
| Feierabend in meinem ersten Job, als Vierzehnjähriger, als | |
| „Kegelaufsteller“, ging ich nachts noch dorthin und setzte Lohn um in | |
| Belohnung, kam spät erst nach Hause, sagte aber: „Die haben länger | |
| gekegelt.“ Damit war alles sanktioniert. | |
| Niemand bei uns sagte „Schranke“ zu Rot-Weiß. Niemand in meiner Familie | |
| nahm „Weiß“. Wir ertränkten die Fritten in „Kraft Ketchup“! Im Grunde… | |
| wir eine Ketchup-Suppe mit Pommes-Stückchen. | |
| Ein Dokument aus dem Jahr 1781 soll bezeugen, dass Pommes frites aus | |
| Belgien stammen. Auf jeden Fall gibt es sie in den Niederlanden | |
| mittlerweile genauso oft. Ich war gerade dort auf Ameland. Im Restaurant | |
| werden sie zu jedem Essen kredenzt, ungefragt. In der „Eeterij Tante A’n“ | |
| ist es dann passiert. „Wollen wir uns Pommes teilen?“, fragte sie. Wir | |
| waren weit Rad gefahren. Warum also nicht? | |
| Und dann standen sie auf dem Tisch. Pommes, aber was für welche! „Friet met | |
| truffelmayo en Parmezaanse kaas“ – ein kulinarisches Feuerwerk für nur fü… | |
| Euro! Eine Fernfahrerportion. Davon musste ich gleich zwei essen. Und | |
| seither ist es geschehen. Kaum noch ein Tag ohne Pommes. | |
| Miese Pommes sind aus Kartoffelpüree oder sogar Kartoffelgranulat, aber ein | |
| Haus, das sich auf sich hält, schnitzt selber. Wie das wunderbare | |
| Restaurant „Zum seriösen Fußgänger“ in Minden, wo die Aufläufe seit der | |
| Eröffnung „Wühlbeck“, „Zatopek“ und „Nurmi“ heißen. Nach den Lan… | |
| Dort gibt es die besten Pommes der Welt. Von einem Bauernhof in Bad | |
| Oeynhausen geliefert, schält Mitinhaber Eckhard täglich die Kartoffeln von | |
| Hand und schnitzt kunstvoll die Stäbe zurecht, die wir dann genussvoll in | |
| Ketchup tauchen. Ich möchte diese Pommes jetzt endlich auch auf | |
| Zehner-Karte! | |
| 5 Jun 2024 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Gieseking | |
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