| # taz.de -- Die Wahrheit: Bruchlandung im fliegenden Zirkus | |
| > Natürlich werden aus Helden früherer Tage manchmal verbohrte alte Männer. | |
| > Aber um John Cleese ist es besonders schade. | |
| Bild: Ein Auslaufmodell: Marmite im Supermarktregal | |
| Es ist bedauerlich, wenn ein Held früherer Jahre zu einem Klotzkopf | |
| mutiert. Aber ausgerechnet John Cleese? Der geniale britische Komiker, der | |
| Monty Python’s Flying Circus gegründet und als Hotelbesitzer Basil Fawlty | |
| Millionen Menschen Lachtränen in die Augen getrieben hat? | |
| Inzwischen sind es Tränen der Wut. Bisher hatte Cleese wenigstens nur die | |
| Loser von den Liberalen Demokraten mit einem Werbespot unterstützt. Jetzt | |
| tendiert der 76-Jährige zur rechtspopulistischen United Kingdom | |
| Independence Party. Ukip sei eine Herausforderung für die etablierte | |
| politische Ordnung, freute er sich. Er bewundere die „Radikalität ihrer | |
| Politik in Hinblick auf die EU-Mitgliedschaft und die Masseneinwanderung | |
| von Ausländern“. Deshalb habe er für den Brexit gestimmt. | |
| „Brexit war kein Fehler“, sagt er. „Ich bin ziemlich erfreut, dass all | |
| diese Vorhersagen von Verderben und Zerstörung nicht eingetroffen sind.“ | |
| Der Grund dafür sei, so teilte ihm das Satire-Magazin Private Eye mit, dass | |
| der Brexit noch nicht stattgefunden habe. | |
| Dabei hat Cleese durchaus noch lichte Momente. Neulich sagte er, die | |
| Europäische Union könne nur reformiert werden, indem man den | |
| Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker töte. „Die EU sollte den Euro | |
| abschaffen, Rechenschaftspflicht einführen und Juncker aufhängen“, | |
| twitterte er damals. | |
| Am liebsten würde Cleese auch die moderne Technik einmotten, weil man bei | |
| den ständigen Geräuschen keinen Frieden finde. Er selbst entspanne sich | |
| gern bei Laubsägearbeiten. Wahrscheinlich sammelt er auch englische | |
| Briefmarken mit dem Queens-Kopf. Fast hätte Elisabeth ihn 1999 zum Lord | |
| gemacht, aber Cleese lehnte ab. Er müsste dafür im Winter in England | |
| bleiben, und dieser Preis sei ihm zu hoch. Das gilt aber genauso gut für | |
| den Sommer. | |
| Cleese verbringt seine Zeit gern in der Karibik. Das sei ihn gegönnt. So | |
| entkommt er wenigstens den Reichen, „die uns im Würgegriff haben“. | |
| Irgendwie scheint ihm unterwegs auf die Bahamas der Sinn für Realität | |
| abhanden gekommen zu sein. Seiner bisher letzten Ehefrau Alyce Faye | |
| Eichelberger zahlte er bei der Scheidung 20 Millionen Pfund Abfindung. | |
| Er ist zu einem jammernden Langweiler geworden. Wenn er nicht über seine | |
| Exfrauen lamentiert, dann schimpft er über Journalisten. Cleese hatte sich | |
| über den Schotten Fraser Nelson geärgert, den Chefredakteur des Magazins | |
| Spectator, und twitterte: „Warum vertrauen wir unsere Presse halbgebildeten | |
| Mietskasernen-Schotten an?“ Auf den Shitstorm, den er dadurch auslöste, | |
| antwortete er, das sei „kein Rassismus, sondern Kulturalismus“. | |
| Seine Wut auf Fraser rührt daher, dass der Spectator ihn 2009 für eine | |
| regelmäßige Mitarbeit angeworben, ihn aber nach der ersten Kolumne wieder | |
| hinausgeworfen hatte, weil sie langweilig war. Cleese sei eine manische | |
| Marionette, die ähnlich wie das Kasperle nur Wut und Frustration darstellen | |
| könne, hieß es im Spectator. Aber seine Laubsägearbeiten sind allerliebst. | |
| 21 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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