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# taz.de -- Der Fall Till Lindemann: Jenseits des Juristischen
> Ob die Ermittlungen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann zu einer
> Verurteilung führen oder nicht: Gesellschaftlich muss es Konsequenzen
> geben.
Bild: Verurteilungen sind selten. Das liegt unter anderem an schlechter Beweisl…
Nun also doch. Wochen nach den ersten Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegen
Rammstein-Sänger Till Lindemann ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft.
Bei den Vorwürfen geht es um Abgabe von Betäubungsmitteln und
Sexualdelikte; im Falle einer Verurteilung könnte Lindemann eine
Freiheitsstrafe erhalten.
Dass es erste Ermittlungen gibt, ist für die Betroffenen eine
Erleichterung. Viele sehen darin einen ersten Schritt in Richtung
Gerechtigkeit. Doch es wäre falsch, sich als Gesellschaft auf dem
juristischen Vorgehen auszuruhen und sich so aus der Verantwortung zu
ziehen.
Verurteilungen nach #MeToo-Vorwürfen sind selten: [1][Harvey Weinstein
bildet die Ausnahme,] nicht die Regel. Das liegt meist nicht daran, dass
die Unschuld der Angeklagten zweifelsfrei festgestellt werden kann, sondern
an einer schlechten Beweislage, fehlenden Zeug_innen oder Kläger_innen, die
versterben oder ihre Aussage zurückziehen.
Auch im Fall Lindemann ist eine Verurteilung unwahrscheinlich. Für die
mutmaßlich Betroffenen wie für den mutmaßlichen Täter gilt die
Unschuldsvermutung. Lindemann bestreitet jede Art von strafrechtlichem
Vorwurf. Es steht also Aussage gegen Aussage, die Beweislage ist vermutlich
dünn, [2][der Einsatz von K.-o.-Tropfen ist nur für wenige Stunden im Blut
nachweisbar.]
## Als Gesellschaft einen Umgang finden
Konsequenzen muss es trotz allem geben. Das soll weder die Ermittlungen
kleinreden noch die Unschuldsvermutung außer Kraft setzen. Doch selbst bei
fehlender Verurteilung müssen wir als Gesellschaft ja einen Umgang mit
mutmaßlichen Täter_innen und Opfern finden. Ein Zurück in den vorigen Stand
ist nicht möglich.
Seit Bekanntwerden der schwerwiegenden Vorwürfe ist immer wieder von einem
„offenen Geheimnis“ die Rede. Ganz schön viele Menschen scheinen eine ganze
Menge gewusst zu haben. Doch es hat sie nicht interessiert, sie haben es
mitgetragen oder zumindest bewusst nicht hingeguckt. Eine ganze Kultur des
Wegschauens auf Kosten der Frauen.
Mittlerweile hat der KiWi-Verlag die Zusammenarbeit mit Lindemann beendet,
Rossmann hat den Verkauf des Lindemann-Parfüms eingestellt, das
Veranstaltungsunternehmen Riggingwerk möchte künftig nicht mehr mit
Rammstein arbeiten, und ihr Label Universal setzt bis auf Weiteres die
Marketing- und Promoaktionen aus. Erste Konsequenzen gibt es also auch ohne
Verurteilung bereits. Richtig so!
Denn uns sollte es nicht nur darum gehen, was juristisch erlaubt ist,
sondern auch, was moralisch vertretbar ist. Um das zu entscheiden, braucht
es einen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess. Dem täte es gut, wenn
alle, die lange weggeguckt haben, [3][endlich Verantwortung übernähmen].
17 Jun 2023
## LINKS
[1] /Harvey-Weinstein-erneut-verurteilt/!5903365
[2] /Sexualisierte-Gewalt-in-Deutschland/!5727344
[3] /Vorwuerfe-gegen-Rammstein-Saenger/!5937200
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Unschuldsvermutung
Schwerpunkt #metoo
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Ermittlungen
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