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# taz.de -- Demonstration vor EM-Stadion: Markenrechte und Menschenrechte
> Aktivist*innen testen das Demo-Verbot vor den Stadien aus. Siehe da:
> es ist doch erlaubt, im Uefa-Bannkreis zu demonstrieren.
Bild: Gegen die Laufrichtung: Aktivist*innen demonstrieren für das Recht auf D…
Es geht also doch. Auch im unmittelbaren Umkreis von den EM-Stadien in
Deutschland kann demonstriert werden. Rund zehn Studentinnen und Studenten,
die dem Arbeitskreis kritischer Juristen*innen in Freiburg und
Heidelberg angehören, hatten am Sonntag in Stuttgart die Probe aufs Exempel
gemacht. Sie standen vor der Partie zwischen Schottland und Ungarn direkt
am Eingang des Sicherheitsbereichs, etwa 100 Meter vom Stadion entfernt,
mit Pappschildern und verteilten Flugblätter auf englisch und deutsch.
Grund der Aktion war ein Demonstrationsverbot der Uefa, das der Verband den
Gastgeberstädten vor der EM vermeintlich vertraglich auferlegt hatte.
[1][Recht versteckt im Kapitel über „Verhinderung von Ambush Marketing“],
das die exklusiven Uefa-Sponsoren vor trittbrettfahrender Konkurrenz
schützen soll, wird in den Verträgen von „clean zones“ im
Fünfhundert-Meter-Umkreis der Stadien gesprochen. Und dort sind eben nicht
nur die falschen Limonadenaufkleber unerwünscht, sondern auch ausdrücklich
politische und religiöse Demonstranten. Ist die Uefa mittlerweile der
Überzeugung, dass diese ebenfalls die Reinheit des Events, [2][das allen
Regeln der Kommerzkunst gehorchen soll], beschmutzen?
„Fuck Uefa“, hätte so mancher schottische Anhänger, die am
Demonstrationsort besonders zahlreich vorbeiströmten, ausgerufen, nachdem
sie etwas mehr über das Anliegen dieses auffälligen Grüppchen, das so gar
nicht in die von der Uefa gebrandete Umgebung passte, wussten. „Die
Kernbotschaft haben sie verstanden. Ob alle den genauen Hintergrund
begriffen haben, kann ich nicht sagen“, erzählt Felix Frank, einer der
Initiatoren der Demonstration.
Die Uefa-Auflagen seien in jedem Fall verfassungswidrig. Über einen Artikel
des Spiegel wären sie auf die Problematik aufmerksam geworden. Die meisten
Stadiongänger*innen hätten Verständnis für die Aktion gezeigt,
berichtet Frank. Die Stuttgarter Behörden, welche die Demonstration
letztlich genehmigten, versuchten die Geschichte kleinzuhalten. Die Gefahr
eines Demonstrationsverbots, ließ man wissen, habe nicht bestanden. Von
Anfang an habe man die Uefa wissen lassen, dass Einschränkungen von
Demonstrationen nur im Rahmen der deutschen Gesetze möglich seien.
## Schönere Orte für Grundrechte
Ganz so einfach, war es dann aber nicht, wie Felix Frank und seine
Mitstreiterin Laura Weh berichten. Nach der Anmeldung der Demonstration vor
zwei Wochen hätten die Behörden sich nach ein paar Tagen gemeldet. Es gebe
Schwierigkeiten. Die Partie der Schotten gegen Ungarn sei ein
Hochrisikospiel. Die ungarischen Fans seien ja bekannt. „Dann haben sie uns
erst andere weiter entfernt liegende Orte in Richtung U-Bahn angeboten, die
viel schöner seien, um unsere Grundrechte auszuüben.“ Der eine lag etwa 500
Meter vom Stadion entfernt, der andere befand sich zwar innerhalb der
eigentlich verbotenen Zone, aber abgelegener.
Am Sonntag selbst versuchten dann Uefa-Bedienstete noch einzuschreiten.
Laura Weh erzählt „Ordner kamen auf uns zu und sagten, das sei nicht
erlaubt. Sie forderten uns zum Gehen auf.“ Das Ganze habe sich kurz
hochgeschaukelt. Es habe Gespräche über Funk gegeben und die Polizei wurde
verständigt.
Auf Anfrage der taz erklärte die Medienabteilung der Uefa, der Verband habe
keine Einwände gegen die Demonstration gehabt. „Eine Einschränkung von
Demonstrationen muss vor allem im Kontext der Verhinderung von
Ambush-Marketing und unbefugter Assozierung mit dem Turnier gesehen werden.
Diese Regelungen aus den Tournament Requirements, die selbstverständlich
nur im Einklang mit geltendem Recht umzusetzen sind, wurden im weiteren
Verlauf der Vorbereitung auf die UEFA EURO 2024 seit dem Start des
Bewerbungsprozesses und im Gespräch mit den Städten konkretisiert.“
Bei größeren Demonstrationen direkt vor dem Stadion müssten grundsätzlich
noch sicherheitstechnische Aspekte bedacht werden.
## Widersprüchliche Verlautbarungen
Lezteres ist nachvollziehbar, aber weshalb Demonstrationen in
sicherheitsverträglicher Größe im Zusammenhang mit Ambush-Marketing gesehen
werden müssen, bleibt rätselhaft. Zumal sich die Uefa Monate vor dem
Turnier damit gebrüstet hat, [3][erstmals eine Menschenrechtserklärung mit
dem DFB und der deutschen Bundesregierung unterzeichnet zu haben.]
Darin bekennt sich die Uefa zum Recht auf Meinungsfreiheit. So heißt es:
„Es ist uns wichtig, dass unterschiedliche Meinungen und unabhängiger
Journalismus gehört, respektiert und bewahrt werden. Wir sind überzeugt,
dass wir durch die Wahrung dieser Freiheiten während der UEFA EURO 2024
eine offene, integrative und respektvolle Gemeinschaft fördern. Diese
Menschenrechtserklärung bietet den notwendigen Rahmen.“
Es gibt wahrlich sehr widersprüchliche Verlautbarungen der Uefa. Das
Personal in Stuttgart musste erst in Kenntnis darüber gesetzt werden, dass
sich ihr Arbeitgeber nun weit toleranter geben möchte, als das aus den
Verpflichtungserklärungen mit den Gastgeberstädten herausgelesen werden
kann.
Die kritischen Jurist*innen werteten ihre Aktion schon deshalb als
Erfolg, weil sie Aufmerksamkeit auf die fragwürdigen Vertragswerke der Uefa
lenken konnten. Eine Gruppe aus Frankfurt hat sich bereits bei ihnen
gemeldet, die beim Achtelfinale auch eine Demonstration direkt vor dem
Stadion anmelden möchte.
25 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.uefa.com/multimediafiles/download/officialdocument/uefaorg/regu…
[2] /Uefa-Verpflichtung-bricht-Grundrechte/!5447012
[3] https://de.uefa.com/news-media/news/0287-1974d60ee88e-100d03a8aef7-1000--ue…
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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Amnesty International
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