# taz.de -- Debatte Koalitionen mit der AfD: Keine gemeinsame Sache machen | |
> Ist die AfD für die CDU als Partner besser geeignet als „Die Linke“? | |
> Nein. Die Krise der Volksparteien rechtfertigt keine Koalition mit | |
> Rassisten. | |
Bild: Eine Koalition mit Gauland, Höcke und Kalbitz? Auf gar keinen Fall | |
Die Kollegen im Springer-Verlag hat jüngst ein Beitrag in der taz | |
elektrisiert. „Interessant“, twitterte Welt-Redakteur Robin Alexander: | |
„Erste deutsche Zeitung pro Koalitionen von @CDU und @AfD ist | |
@tazgezwitscher.“ | |
In der Tat hat der geschätzte Kollege Stefan Reinecke vor wenigen Tagen | |
[1][in der taz] gegen ein Bündnis von CDU und Linkspartei argumentiert – | |
und den Christdemokraten in Ostdeutschland stattdessen nahegelegt, mit der | |
AfD zu koalieren. Was für eine fatale Idee. Mit den Feinden der offenen, | |
liberalen Demokratie darf die CDU keine gemeinsame Sache machen. | |
Hintergrund von Reineckes Kommentar ist ein Gedankenspiel des | |
schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther: Nach den | |
Landtagswahlen im Osten könnte es – angesichts der drohenden Erfolge für | |
die AfD – auch eine Möglichkeit für die CDU sein, Bündnisse mit der | |
Linkspartei einzugehen. Günther sagte das nicht ohne Not. Im kommenden Jahr | |
kann es insbesondere in Sachsen, aber auch in Brandenburg und Thüringen zu | |
Wahlergebnissen kommen, bei denen es für Bündnisse, wie wir sie bislang | |
kennen, keine Mehrheit mehr gibt. | |
Knapp zusammengefasst beklagt Reinecke nun den Niedergang der Volksparteien | |
und die damit verbundene Schwierigkeit, Mehrheiten zu bilden. Die | |
Notwendigkeit, Bündnisse jenseits des eigenen Lagers einzugehen – sei es | |
nun Schwarz-Grün oder die Große Koalition, Kenia oder die Ampel – verwische | |
die Unterschiede zwischen den Parteien. Ein Bündnis zwischen CDU und | |
Linkspartei treibe dies auf die Spitze. | |
Wenn jeder mit jedem kann, dann schaffe das einen Einheitsbrei, in dem sich | |
die Profile der Parteien vollends aufzulösen drohen. Das schade der | |
Demokratie und sei eine größere Gefahr als ein AfD-Minister auf | |
Landesebene. Damit ein CDU-AfD-Bündnis nicht allzu sehr nach rechts | |
abdrifte, so Reinecke, brauche es harte Kriterien und verbindliche | |
Bekenntnisse gegen Rassismus und Hate Speech. | |
Er übersieht, dass Rassismus und Hate Speech nichts sind, was man mal eben | |
aus der AfD wegverhandeln kann. Sie gehören heute zum Wesenskern der | |
Partei. Die AfD wird nicht trotz, sondern wegen ihrer rassistischen | |
Ausfälle gewählt. Es ist die Mobilisierung rassistischer Ressentiments, die | |
den Rechtspopulisten zweistellige Wahlergebnisse beschert. | |
Die AfD-Anhänger, das zeigen immer mehr Untersuchungen, wollen eine | |
geschlossene, homogene Gesellschaft, die mit Ausgrenzung alles Fremden | |
einhergeht – auch wenn man eine syrische Putzfrau hat oder ab und an gern | |
einen Döner isst. Natürlich kann man von der AfD-Politikern Bekenntnisse | |
gegen Rassismus und Hate Speech bekommen: Lippenbekenntnisse. Umfassend und | |
verbindlich können sie nicht sein. | |
Auch wer harte demokratische Kriterien anlegt, kann sich mit der AfD – | |
insbesondere in den drei Landesverbänden, die im kommenden Jahr zur Wahl | |
stehen – nicht zusammentun. Da wird der Holocaust relativiert, der | |
Rechtsstaat infrage gestellt, die Religionsfreiheit über Bord geworfen, die | |
Pressefreiheit unterminiert. Die AfD hier will eine andere Republik: Die | |
soll völkisch sein und autoritär. | |
Wer glaubt, dass sich die Partei schon noch mäßigen werde, hat ihre Dynamik | |
nicht verstanden. Jede Häutung hat die AfD bislang weiter radikalisiert. | |
Und weil jeder Ruf nach Zügelung als Verrat am Gründungsmythos der Partei | |
(„Mut zur Wahrheit“: Hier darf ausgesprochen werden, was woanders | |
unterdrückt wird) gedeutet wird, wird es so auch weitergehen. | |
## Höcke, der Held aller AfD-Rechtsaußen | |
Die drei ostdeutschen Landesverbände und ihre Führungsfiguren, mit denen | |
dann zu verhandeln wäre, sind dabei ganz vorneweg. In Thüringen wird die | |
AfD mit Björn Höcke als Spitzenkandidat in die Landtagswahl ziehen, dem | |
Helden aller AfD-Rechtsaußen. Selbst der eigene Bundesvorstand hat dem | |
Thüringer, der aus Hessen stammt, eine Nähe zum Nationalsozialismus | |
attestiert und vermutet, dass dieser [2][unter Pseudonym auch in | |
NPD-Zeitschriften publiziert hat]. Seinen Landesverband hat Höcke längst | |
auf Linie gebracht, Andersdenkende spielen in der thüringischen AfD keine | |
Rolle mehr. Selbst wenn man Höcke aus den Verhandlungen raushalten könnte, | |
säße garantiert eine Höcke-Kopie mit am Verhandlungstisch. | |
Ganz ähnlich ist es in Brandenburg. Seit Alexander Gauland auf die | |
Bundesebene gewechselt ist, steht Andreas Kalbitz an der Spitze. Kalbitz, | |
ebenfalls ein Westimport, ist im radikal rechten Flügel der AfD neben Höcke | |
der neue starke Mann. Früher war er Vorsitzender eines rechtsextremen | |
Vereins und [3][hat auch an einem Lager der neonazistischen, inzwischen | |
verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) teilgenommen]. Deren Ziel: | |
eine neue nationalsozialistische Elite heranzuziehen. In Sachsen ist noch | |
unklar, wer die AfD in den Wahlkampf führen wird. Der Landesverband war | |
intern viele Jahre umkämpft, doch seit Frauke Petry im vergangenen Oktober | |
mit ihren Anhängern die Partei verließ, hat sich der Höcke-Flügel auch in | |
Sachsen durchgesetzt. | |
Wo die AfD steht, hat sie dieser Tage auch in Chemnitz gezeigt. Als eine | |
Melange aus Rassisten und Neonazis durch die Stadt marschierte, den Arm zum | |
Hitlergruß hob und Menschen jagte, riefen AfD-Politiker nicht etwa zur | |
Mäßigung auf. Gewählte Abgeordnete aus Bundes- und Landtagen relativierten, | |
legitimierten, heizten an. Sie riefen zur Selbstjustiz auf, ganz so, als | |
sei ihnen etwas Schlimmes passiert. Die Selbstinszenierung als Opfer – für | |
die AfD noch immer die Königsdisziplin. Ihre Partei sei „die letzte | |
evolutionäre Chance für dieses Land“, sagen Höcke, Kalbitz und Co gern. | |
„Danach kommt nur noch ‚Helm auf‘.“ (Kalbitz) | |
Es stimmt, was Reinecke schreibt: Es ist nicht gut für die Demokratie, wenn | |
die Unterschiede zwischen den Parteien verschwimmen. Und es trifft auch zu, | |
dass eine Koalition aus CDU und Linkspartei diesen Prozess befördern wird. | |
Viel gefährlicher aber ist es, die Demokratie einer Partei anzuvertrauen, | |
die Antidemokraten eine Heimat ist. Nicht einem oder zwei, sondern vielen. | |
Dieser Beitrag ist eine Replik auf [4][Stefan Reineckes Kommentar] „Es | |
braucht die klare Unterscheidung“ über die CDU und die Linkspartei. | |
Kommentiert hatte das Thema zuvor außerdem [5][Ulrich Schulte.] | |
1 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-CDU-und-Linkspartei/!5530160 | |
[2] /Thueringer-AfD-Funktionaer-und-die-NPD/!5204587 | |
[3] /Vorwuerfe-gegen-AfD-Politiker-Kalbitz/!5490224 | |
[4] /Kommentar-CDU-und-Linkspartei/!5530160 | |
[5] /Kommentar-CDU-und-Linkspartei/!5529670 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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machen. |