Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Coronalage in den Kliniken: Freiwillig auf der Intensiv
> Ein Medizinstudent hilft in Dresden bei der Versorgung von
> Corona-Kranken. Er will die Pflegekräfte entlasten, die noch immer viel
> zu tun haben.
Bild: Intensivpflege am Bett einer Coronapatientin in Dresden
Leipzig taz | Eigentlich studiert Robin Raßmann Medizin in Dresden. Seit
Anfang Dezember aber kümmert er sich nebenbei noch als Pflegerhelfer um
Corona-Intesivpatient*innen in der Dresdner Uniklinik.
Über eine Mail seiner Fakultät hatte Raßmann Mitte November erfahren, dass
die Uniklinik nach Helfer*innen zur Versorgung von
Covid-19-Patient*innen sucht. Zu diesem Zeitpunkt war Sachsen das
Bundesland mit der höchsten Sieben-Tage-Inzidenz, die Lage in den Kliniken
spitzte sich langsam zu.
„Erst war ich mir unsicher, ob ich es machen soll“, erzählt Raßmann, 32,
schwarze Mütze und Dreitagebart, per Skype. „Ich wusste nicht, ob ich den
vielen ungeimpften Patient*innen unvoreingenommen begegnen kann – also
jenen Menschen, die dafür verantwortlich sind, dass die Kliniken überlastet
sind, Operationen verschoben werden müssen, ich meinen Nebenjob im Dresdner
Club ‚Objekt klein a‘ verloren und seit Wochen keine Präsenz-Uni mehr
habe.“
Zwei Wochen lang hat Raßmann überlegt, ob er sich als Helfer melden soll
oder nicht. Dann hat er es getan. Letztlich habe der Wunsch überwogen, das
erschöpfte Pflegepersonal zu unterstützen, sagt Raßmann, der auch schon im
ersten Jahr der Pandemie als Freiwilliger im Einsatz war, einmal in der
Lungenfachklinik in Coswig und einmal in der Uniklinik Dresden. „Die
Pfleger*innen auf den Coronastationen arbeiten am Limit, und das seit
Pandemiebeginn fast ohne Verschnaufpause – während ich als Student trotz
Uni immer noch Zeit übrig habe.“
Der Medizinstudent ist einer von vielen Freiwilligen, die derzeit in
sächsischen Kliniken mithelfen. Anfang Dezember hat die sächsische
Landesregierung ein Onlineportal zur personellen Unterstützung der
Krankenhäuser geschaltet. Etwa 2.300 Menschen haben sich darüber gemeldet:
Ärzt*innen, Notfallsanitäter*innen, Hebammen oder Pfleger*innen, aber auch
viele Menschen ohne medizinischen Hintergrund.
## Einer von 50 in Dresden
Manche der Freiwilligen sind in Rente, andere arbeitslos, wieder andere
studieren oder möchten zusätzlich zu ihrem eigentlichen Job stundenweise im
Krankenhaus helfen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums konnten
bereits „zahlreiche medizinische Fachkräfte vermittelt werden, das nicht
medizinische Personal nur in geringerem Umfang“.
In der Uniklinik Dresden arbeiten derzeit mehr als 50 Helfer*innen,
darunter Robin Raßmann. „Die meisten davon haben sich nach einem eigenen
Aufruf direkt an uns gewandt, über das Onlineportal der Landesregierung
konnten wir noch zwei weitere Personen rekrutieren“, sagt eine Sprecherin
der Uniklinik Dresden. Die externen Helfer*innen seien eine große
Unterstützung und ein „wichtiger Baustein“ der Personalplanung.
Obwohl der [1][Freistaat inzwischen die zweitniedrigste
Sieben-Tage-Inzidenz] Deutschlands verzeichnet (am Sonntag lag sie in
Sachsen bei 386 und im Bundesschnitt bei 807) und die Zahl der
Coronapatient*innen merklich zurückgeht (seit knapp drei Wochen gilt
in Sachsens Kliniken nicht mehr die Überlastungsstufe), ist die Lage in den
Krankenhäusern immer noch angespannt.
Zur Erinnerung: Sachsen hatte wochenlang die höchste Sieben-Tage-Inzidenz,
Anfang Dezember lag der Wert bei über 1.200. Ende 2021 [2][waren die
sächsischen Kliniken so überlastet], dass sie 34 Coronapatient*innen
über das Kleeblatt-Verfahren in andere Bundesländer verlegen mussten.
## Immer noch viel zu tun
„Auch wenn die Patient*innenzahlen gegenüber Weihnachten deutlich
gesunken sind, ist die Arbeitsbelastung der Ärzt*innen und
Pfleger*innen auf der Corona-Intensivstation weiterhin hoch“, teilt ein
Pressesprecher der Uniklinik Leipzig auf Anfrage mit. Schließlich sei „die
Schwere der Erkrankung bei den jetzigen Patient*innen nicht niedriger“.
Immerhin: Weil die Zahl der Coronapatient*innen kontinuierlich
sinkt, können die Unikliniken Dresden und Leipzig sowie das Krankenhaus
Chemnitz ihre OP-Kapazitäten wieder langsam hochfahren. Allerdings, und
darauf verweisen alle drei Krankenhäuser, könne sich die Lage aufgrund der
sich schnell ausbreitenden Omikron-Variante jederzeit wieder ändern.
„Der Anteil der Omikron-Variante an den Neuinfektionen liegt in Sachsen
aktuell bei etwa 30 bis 40 Prozent“, sagt Thomas Grünewald, Leiter der
Klinik für Infektions- und Tropenmedizin am Klinikum Chemnitz. Die ersten
Infizierten mit dieser Variante seien bereits stationär aufgenommen worden.
Grünewald rechnet damit, dass die Zahl der Neuinfektionen in Sachsen in den
nächsten Tagen wieder ansteigen werde.
Medizinstudent Raßmann empfindet das Stresslevel auf der
Corona-Intensivstation als „enorm“. Die Versorgung von
Coronapatient*innen sei sehr zeitintensiv und anstrengend. Hinzu
kämen der Personalmangel sowie die Erschöpfung der vergangenen Wochen, in
denen die Station immer voll belegt war.
## Viermal im Monat
Der Student ist froh, das ausgelaugte Personal wenigstens ein bisschen
unterstützen zu können. Viermal im Monat ist er auf der Intensivstation im
Einsatz, je acht Stunden. Er hilft beim regelmäßigen Umlagern der
Patient*innen oder beim Waschen, nimmt Blut ab oder kontrolliert
Sauerstoffwerte.
„Klar, ich kann den Pfleger*innen nicht alles abnehmen. Ich bin kein
ausgebildeter Intensivpfleger, und selbst dann, wenn ich in anderthalb
Jahren mit meinem Medizinstudium fertig bin, verfüge ich nicht über so viel
Erfahrung wie sie“, sagt Raßmann. Drei Helfer*innen ersetzten nicht mal
ansatzweise ein*e Intensivpfleger*in. Aber er helfe, wo er kann. Manchmal
bringe er auch einfach nur den Müll raus. „So erspare ich meinen
Kolleg*innen immerhin 15 Meter Fußweg.“
Psychisch belaste den Studenten die Arbeit auf der Intensivstation nicht –
im Gegenteil, ihm gehe es sogar gut damit. „Auch wenn es jedes Mal schlimm
ist, Menschen sterben zu sehen, ist es für mich einfacher, zu helfen, statt
zu Hause zu sitzen und nichts zu tun.“ Außerdem sei er froh um jede
Erfahrung. Wegen der Pandemie sei sein Praxisunterricht häufig ausgefallen.
Seine anfängliche Sorge, ungeimpften Patient*innen nicht
unvoreingenommen begegnen zu können, habe sich übrigens nicht bewahrheitet,
sagt Raßmann. „Es ist mir total egal, ob ein*e Patient*in ungeimpft ist
oder nicht. Wenn ich am Bett eines kranken Menschen stehe, geht es nur
darum, ihm zu helfen.“
24 Jan 2022
## LINKS
[1] /Corona-Entwicklung-in-Deutschland/!5828103
[2] /Intensivarzt-zur-Coronalage-in-Sachsen/!5815690
## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Sachsen
Krankenhäuser
Freiwillige
Dresden
IG
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Omikron
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nachrichten in der Coronakrise: Wieder mehr Todesfälle
Auch die Zahl Intensivpatient:innen nimmt leicht zu. Vor der
Bund-Länder-Schalte sprechen sich die Länderchefs Söder und Weil gegen
Verschärfungen aus.
Nachrichten zur Coronakrise: Klinik-Lage entspannt sich weiter
Der Chef der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, gibt sich verhalten
optimistisch. Gesundheitsminister Lauterbach will beim Zugang zu PCR-Tests
„priorisieren“.
Fragen und Antworten zu Omikron: Wie hoch wird die Wand?
In Spanien, Italien oder Frankreich bestimmt Omikron das
Infektionsgeschehen. Nun geht es auch hierzulande richtig los.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.