| # taz.de -- Bremen in der Bundesliga-Relegation: Werder kann noch Wunder | |
| > Aus fast aussichtsloser Lage hat sich Werder Bremen in die Relegation | |
| > gerettet – dank eines furiosen Siegs gegen Köln und der Hilfe von Union | |
| > Berlin. | |
| Bild: Endlich mal wieder ein Grund zum Feiern: Werder in der Relegation | |
| Bremen taz | Sieben Minuten reichten, um die Endzeitstimmung, die sich rund | |
| um Werder Bremen über Monate aufgebaut hatte, zu vertreiben. [1][Die | |
| Vorberichte] zum 1900. Bundesliga-Spiel lasen sich wie Nachrufe. Nach der | |
| 1:3-Niederlage bei Mainz 05 schien auch die letzte Chance auf den | |
| Klassenerhalt verspielt. | |
| Nun benötigte die Mannschaft neben einem eigenen, möglichst hohen Sieg | |
| gegen den 1. FC Köln auch noch die Schützenhilfe von Union Berlin, das | |
| zeitgleich gegen Fortuna Düsseldorf antrat, den einzig verbliebenen | |
| Konkurrenten um den Relegationsplatz. „Immer weiter mit Eisern Union“ – a… | |
| Nina Hagens Version der Union-Hymne vor dem Anpfiff durchs fast leere | |
| Weser-Stadion röhrte, wirkte das wie der verzweifelte Versuch, mittels | |
| Fernbeschwörung doch noch irgendwie Einfluss auf das zu nehmen, was sich | |
| 400 Kilometer weiter östlich abspielte. | |
| Doch dann erzielten die Bremer nach nervösem Beginn zwischen der 22. und | |
| 29. Minute drei Tore – in allen vorherigen sechzehn Heimspielen zusammen | |
| waren es nur neun gewesen. Die Abwehr der Kölner wirkte dabei so löchrig, | |
| dass ein Sieg mit vier Toren Abstand in den Bereich des Möglichen rückte. | |
| Der hätte selbst bei einem Punktgewinn der Düsseldorfer für den 16. Platz | |
| gereicht. | |
| Aufgedreht wirbelten die zuvor lange Zeit gehemmt wirkenden Torschützen | |
| Milot Rashica und Yuya Osako und der lange verletzte Niclas Füllkrug durch | |
| die Kölner Reihen. Als Stadionsprecher Arnd Zeigler mit dem 3:0 durch | |
| Füllkrug auch das 1:0 für Union Berlin meldete, steckte im Jubel des | |
| ohnehin durchgängig lauten Bremer Mini-Anhangs aus Betreuern und | |
| Ersatzspielern erstmals nicht nur Hoffnung, sondern auch Glaube. | |
| ## Das Ziel: vier Tore vor | |
| Trainer [2][Florian Kohfeldt] drehte sich nach der Stadiondurchsage | |
| Richtung Sprecherkabine um und legte den Finger auf die Lippen – als | |
| Signal, weitere Spielstände aus Berlin nicht mehr durchzusagen. Wenn man | |
| sich auf eines in dieser missratenen Saison bei der Werder-Mannschaft | |
| verlassen konnte: Immer dann, wenn es die Chance gab, sich aus dem Sumpf zu | |
| ziehen, wurde sie hektisch und rückte vom vorgegeben Plan ab. Umgekehrt | |
| entfaltete sie immer dann ihre größten Kräfte, wenn sie fast schon | |
| abgeschrieben war. | |
| „Wir brauchen die vier Tore Unterschied“, rief Kohfeldt noch aufs | |
| Spielfeld, als seine Mannschaft nach weiteren Toren von Osako, Davy | |
| Claassen und Josh Sargent schon mit 6:1 führte und Düsseldorf in Berlin mit | |
| 0:2 hinten lag. Wie schnell die Rheinländer das aufholen können, hatten sie | |
| erst in der vorigen Woche gegen RB Leipzig bewiesen. | |
| Nach sehr viel Pech mit einer beispiellosen Verletzungsserie, umstrittenen | |
| Schiedsrichterentscheidungen und rigideren Trainingsbeschränkungen als bei | |
| der Konkurrenz hat Werder zum Schluss doch noch einmal in den richtigen | |
| Lostopf gegriffen. Und das Glück gehabt, dass der Gegner schon in | |
| Urlaubsstimmung war, während Fortuna Düsseldorf es mit einem zu tun bekam, | |
| der nochmal alles gab. | |
| Ein glückliches Händchen hatte Kohfeldt auch damit, Füllkrug nach seinem | |
| Kreuzbandriss im September das erste Mal wieder in der Startelf | |
| aufzustellen, obwohl seine Fitness erst für eine Stunde reicht. Füllkrug | |
| ist der einzige Werderaner, der die Mentalität und Energie ausstrahlt, mit | |
| der in der vergangenen Saison Max Kruse seine Mitspieler in schwierigen | |
| Situationen angesteckt hat. An Füllkrugs Seite wirkten auch Rashica und | |
| Osako sofort inspirierter und entschlossener. | |
| Schon während des Spiels drangen von den Wiesen am Osterdeich Jubelgesänge | |
| ins Stadion. In der VIP-Etage sollen die Honoratioren nach Spielschluss | |
| „Schenk ein, schenk ein, es zahlt der Verein“, angestimmt haben. Vor dem | |
| Stadion und später am Sielwall versammelten sich hunderte Anhänger*innen | |
| und begossen das „Wunder“, wie die Rettung auf den Relegationsplatz immer | |
| wieder genannt wurde. | |
| In den Relegationsspielen gegen den 1. FC Heidenheim am Donnerstag und | |
| Montag braucht Werder kein Wunder, sondern eine ganz normale | |
| Arbeitsleistung. Aber das ist für diese Mannschaft fast die größere | |
| Herausforderung. | |
| 28 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Lorenzen | |
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