# taz.de -- Berichte über Angriffe und Aufrüstungen: Jemen vor neuer Kriegsru… | |
> Sowohl die von Saudi-Arabien gestützte Regierung als auch die von Iran | |
> unterstützten Huthi-Rebellen bereiten sich auf das Ende des | |
> Waffenstillstands vor. | |
Bild: Ein Jemenite in einem von Saudi-Arabien bombardierten Haus in Sanaa im Ja… | |
SANAA taz | Seit dem 2. April besteht in Jemen zwischen der von Iran | |
unterstützten Huthi-Rebellengruppe und der von Saudi-Arabien unterstützten | |
Übergangsregierung ein Waffenstillstand. Vorgesehen sind darin die | |
Freilassung aller Gefangenen aller Konfliktparteien, die Öffnung des | |
internationalen Flughafens der Hauptstadt Sanaa für zivile und kommerzielle | |
Flüge – die Stadt ist von den Huthis kontrolliert, die Regierung | |
verhinderte daher den Flugverkehr – und die Wiederöffnung der Straßen | |
zwischen Rebellen- und Regierungsgebiet. | |
Letzteres betrifft insbesondere [1][Taiz] – seit 2015 steht die Stadt unter | |
der Blockade der Huthis – und den für die Versorgung des Huthi-Gebiets | |
wichtigen Hafen Hodeidah am Roten Meer, den immer wieder vor allem | |
saudische Kriegsschiffe blockieren. | |
Doch inzwischen sieht die Bilanz düster aus. Die international anerkannte | |
Regierung gibt zwar an, alle Bedingungen der Waffenruhe erfüllt zu haben; | |
so wurde der internationale Flughafen von Sanaa für zivile und kommerzielle | |
Flüge geöffnet. Bisher verkehren aber nur wenige Flüge, die häufigste Route | |
ist die nach Amman in Jordanien, wo ab Mai die Verhandlungen zwischen | |
Huthis und Regierung stattgefunden hatten. | |
Die Hauptstraßen zwischen Rebellen- und Regierungsgebiet sind immer noch | |
geschlossen, [2][Taiz von der Außenwelt abgeschnitten]. Dabei war die | |
Öffnung der Straßen ein Hauptthema bei den Verhandlungen in Amman gewesen. | |
## Streit um Öffnung von Straßen | |
In der ersten Verhandlungsrunde schlug die Huthi-Delegation vor, statt der | |
Hauptstraßen – deren Öffnung sie kategorisch ablehnte – nur die | |
Nebenstraßen nach Taiz zu öffnen. Die Regierungsdelegation lehnte das ab. | |
Abdal-Karim Shaiban, Leiter der Regierungsdelegation in den Verhandlungen, | |
warnt nun vor einer Rückkehr zum Krieg. Er sagt: „Die Straße, die die | |
Huthis angeboten haben zu öffnen, ist ungeeignet. Autos können sie nicht | |
passieren. Das bedeutet die Fortsetzung der Belagerung. Dafür machen wir | |
auch den UN-Gesandten Hans Grundberg verantwortlich.“ | |
Wie Satellitenbilder zeigen, haben die Huthis seit Anfang des Jahres die | |
Anzahl der Erdbarrieren, die die Hauptstraße zwischen der Stadt Taiz und | |
dem Hawban-Bezirk unterbrechen, verdoppelt. Nadir Abdullah, der im | |
Hawban-Gebiet lebt, sagt: „Ein paar Tage nach der Ankündigung des | |
Waffenstillstands haben Leute, die mit den Huthis verbunden sind, Minen auf | |
der Hauptstraße platziert, die nach dem Waffenstillstandsabkommen geöffnet | |
hätte werden sollen.“ | |
Am 26. Juni verkündeten die Huthis das Scheitern der Verhandlungen in | |
Jordanien. Danach bemühte sie sich um die Mobilisierung und die Versorgung | |
ihrer Fronten mit Kämpfern und Waffen. | |
## Gegenseitige Drohungen | |
Am 4. Juli drohte Hussein al-Ezzi, stellvertretender Außenminister der | |
Huthi-Regierung, auf Twitter mit der militärischen Erstürmung des | |
Gouvernements Marib östlich von Sanaa, das von der Regierung gehalten wird. | |
Viele Jemeniten werten das als Zeichen für die Rückkehr des Krieges und das | |
Ende des Waffenstillstandes. Bei einem Treffen mit den Armeeführern im | |
Gouvernement Taiz rief Brigadegeneral Tariq Saleh, Stellvertreter im | |
Präsidentenrat der international anerkannten Regierung, dazu auf, die | |
Kampfbereitschaft der Streitkräfte zu erhöhen und sich auf jede Verletzung | |
des Waffenstillstands durch die Huthis vorzubereiten. | |
Mosleh Mohammed, pensionierter Generalmajor der jemenitischen Armee, | |
sieht den Waffenstillstand skeptisch. Er sei nur die Gelegenheit für die | |
Kriegsparteien, ihre Reihen zu ordnen und ihre Pläne für die Wiederaufnahme | |
der militärischen Operationen zu prüfen. | |
„Der Waffenstillstand kann nicht zu einer endgültigen Lösung führen, denn | |
Saudi-Arabien wird die Präsenz pro-iranischer Milizen an seinen südlichen | |
Grenzen nicht zulassen“, sagt er. | |
## Gegenseitige Beschuldigungen | |
Auch die Huthis würden versuchen, die Kämpfe wieder aufzunehmen. Der | |
Waffenstillstand, meint er, sei nur deshalb zustande gekommen, weil die | |
internationalen Akteure mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt seien. | |
Shawqi al-Qadi, Mitglied des jemenitischen Parlaments, sagt: „Die | |
Fortsetzung des Waffenstillstands bedeutet, dass die Huthi-Gruppe eine | |
De-facto-Behörde bleibt, welche die von ihr kontrollierten Gebiete | |
kontrolliert.“ Das bedeute, dass der Krieg fortbestehe. | |
Die Huthis geben die Anschuldigungen zurück. Am 6. Juli beschuldigte der | |
Oberste Politische Rat, die höchste Instanz der Huthi-Regierung, die | |
Koalitions- und Regierungstruppen, die Bedingungen des Waffenstillstands | |
nicht einzuhalten. Die Regierungsseite behindere die Öffnung von Straßen | |
nach Taiz. Er kündigte eine einseitige Initiative zur Öffnung einer | |
Nebenstraße an, die sogenannte Sixty Street Road. | |
Dazu sagt Abdullah al-Mamari, Journalist und Menschenrechtsaktivist in | |
Taiz: „Die Motive der Huthis sind militärisch, nicht humanitär. Diese | |
Straße hat keine direkte Verbindung zur Stadt. Die Straße führt an einem | |
Luftverteidigungslager vorbei, ich denke, dass die Huthis das kontrollieren | |
wollen.“ Dass sie ausgerechnet jetzt ankündigten, diese Straße zu öffnen, | |
sei außerdem ein Versuch, sich der Verantwortung zu entziehen, indem man | |
auf die Forderung ein wenig eingehe. | |
## Angriffe, neue Befestigungen und Truppenverstärkungen | |
Vor dem UN-Sicherheitsrat erläuterte Grundberg am vergangenen Montag, man | |
erhalte Berichte von beiden Seiten über Beschuss, Drohnenangriffe, | |
Aufklärungsüberflüge, Truppenverstärkungen und die Errichtung neuer | |
Befestigungen. | |
„In den letzten Wochen haben wir eine besorgniserregende, eskalierende | |
Rhetorik der Parteien erlebt, die den Nutzen der Waffenruhe infrage | |
stellt“, sagte er und warnte, die Alternative zum Waffenstillstand sei eine | |
Rückkehr zum Krieg „mit allen vorhersehbaren Folgen für die jemenitische | |
Zivilbevölkerung und die regionale Sicherheit“. | |
18 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Verhandlungen-nach-Feuerpause/!5857471 | |
[2] /Belagerung-im-Jemen-Krieg/!5855991 | |
## AUTOREN | |
Najm Aldain Qasem | |
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