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# taz.de -- Bedingungen auf Südafrikas Weinbergen: Das Leid der billigen Flasc…
> In südafrikanischen Weinanbaugebieten herrschen laut einer neuen Studie
> „katastrophale Bedingungen“. Auch deutsche Discounter müssen reagieren.
Bild: Nicht einmal jede Fünfte bekommt den Mindestlohn von umgerechnet 178,10 …
Berlin taz | Ein aktuelles Angebot beim Discounter: Die Flasche Weißwein
„Chenin/Semillon“ aus der Western-Cape-Provinz für 3,29 Euro. Prost! Die
Deutschen greifen da gerne zu. Das Geschäft mit südafrikanischen Weinen
läuft. Auch mit den Tafeltrauben. Allerdings nicht für jeden. Denn auf den
Weinanbaugebieten herrschen „unhaltbare Zustände“, heißt es in der Studie
„Billig verkauft – teuer bezahlt“, die die Entwicklungsorganisation Oxfam
an diesem Dienstag veröffentlicht.
Dahinter stehen die Aussagen von knapp 350 Arbeiterinnen von Wein- und
Traubenanbaugebieten. Oxfam hat sie zusammen mit der südafrikanischen
Vereinigung „Women on Farms Project“ befragt. Nicht einmal jede Fünfte von
ihnen bekommt demnach den Mindestlohn von umgerechnet 178,10 Euro im Monat.
Jede Zweite gibt an, schon eine Stunde, nachdem die Felder mit giftigen
Spritzmitteln besprüht wurden, wieder in die Reben geschickt zu werden; und
dass die Trauben oft noch mit einer weißen Schicht von Chemiekalien
überzogen seien, wenn sie sie mit bloßen Händen anfassen müssen.
Handschuhe oder andere Schutzkleidung erhielten sie nicht. Wehren können
sie sich auch nur schwer: Viele Farmer verbieten ihnen, an Treffen von
Gewerkschaften teilzunehmen – und Gewerkschaftern, die Weinanbaugebiete zu
betreten. Die Zustände auf den Weinbergen am Kap stehen nicht zum ersten
Mal in der Kritik. Vor einem Jahr nahmen zum Beispiel in Dänemark und
Schweden viele Supermärkte südafrikanische Wein aus den Regalen, nachdem
der Dokumentarfilm „Bittere Trauben – Sklaverei in den Weinbergen“ gelauf…
war. Anders die deutschen Supermärkte.
Sie drücken laut Oxfam die Preise und tragen so eine „Mitverantwortung“ f�…
die Schufterei der Farmleute. Franziska Humbert von Oxfam sagt: „Seit dem
Jahr 2000 sind die Exportpreise von südafrikanischem Wein nach Deutschland
um mehr als 80 Prozent gefallen, die Produktionskosten im Weinanbau dagegen
in den vergangenen Jahren um fast 50 Prozent gestiegen.“ So kämen bei
südafrikanischen Winzern pro Flasche oft nur 25 Cent an – und damit nur
rund zehn Prozent des durchschnittlichen Einzelhandelspreises von 2,49
Euro.
## Supermärkte distanzieren sich
In Deutschland teilen sich, so rechnet das Deutsche Weininstitut vor, die
Discounter Aldi, Lidl, Penny und Netto rund 40 Prozent des Umsatzes mit
Wein, Supermärkte wie Edeka und Rewe 21 Prozent. Bei frischem Obst sieht es
ähnlich aus. Humbert: „Die deutschen Discounter und Supermarktketten haben
eine enorme Verhandlungsmacht.“ Sie dürften die Verletzung von
Menschenrechten in ihren Lieferketten nicht einfach billigend in Kauf
nehmen.
Machen wir auch nicht – heißt es bei den Discountern. Ihre Lieferanten
könnten die von Oxfam „aufgeführten Missstände in dieser Form nicht
bestätigen und versichern uns, dass sie Missstände dieser Art in keiner
Weise tolerieren würden“, erklärte Aldi-Süd. Ähnlich drückte es Aldi Nord
aus. Und Lidl „distanziert sich grundsätzlich von jeglichen
Arbeitsrechtsverletzungen.“ Edeka und Rewe äußerten sich bis zum
Redaktionsschluss nicht. Aldi Nord und Süd erklärten beide aber auch,
„Schritt für Schritt“ sollten die Arbeitsbedingungen „dauerhaft“ verbe…
werden. Der weitere Handlungsbedarf ist jedoch unstrittig.
Im Auswärtigen Amt haben die Zuständigen schon monatelang über einem
„Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte“ gebrütet. Er w…
gedacht als eine Art Regelkatalog für die Handelsbeziehungen deutscher
Unternehmen mit dem Ausland – basierend auf Leitprinzipien der Uno. Bis er
dann im Dezember 2016 von der Bundesregierung verabschiedet werden konnte,
wurde er allerdings in der Abstimmung mit anderen Ressorts aufgeweicht. Die
nächste Bundesregierung, so fordert Oxfam, müsse nun endlich verpflichtende
Standards etablieren.
Dass es anders geht, zeigt zum Beispiel Peter Riegel Weinimport, der größte
Importeur von Bioweinen in Deutschland. Er bezieht seine Flaschen etwa vom
Weingut Stellar Organics, 300 Kilometer nördlich von Kapstadt.
Marketingleiterin Claudia Stehle sagt: „Die Bio-Kellerei hat ihre Arbeiter
seit Jahren mit 26 Prozent Anteilen beteiligt, mit den neuen Weinbergen
sollen es künftig 51 Prozent sein.“ Stellar Organics wäre dann das erste
große Weingut im Besitz der überwiegend schwarzen Beschäftigten.
10 Oct 2017
## AUTOREN
Hanna Gersmann
## TAGS
Arbeitsbedingungen
Wein
Südafrika
Eierlikör
Südafrika
Bio
Schwerpunkt Glyphosat
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