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# taz.de -- Autor und DJ über seine Gesprächsreihe: „Zwei Leute hören Plat…
> Zusammen Musik auflegen und darüber sprechen ist ein großer Spaß. Das
> sagt der Autor und DJ Thomas Meinecke zu seiner Reihe „Plattenspieler“ im
> HAU Theater.
Bild: Bis heute ist Thomas Meineckes (Foto) Reihe „Plattenspieler“ oft ausv…
taz: Herr Meinecke, Sie feiern bald das zehnte Jubiläum [1][ihrer Reihe
„Plattenspieler“] im Theater HAU. Sie sitzen dabei mit wechselnden Gästen
auf der Bühne und reden vor Publikum über Schallplatten. Hätten Sie damals
gedacht, dass dieses Format ein derartiger Dauerbrenner werden könnte?
Thomas Meinecke: Damals hätte ich das natürlich nie gedacht. Zumal es ja
eigentlich vor zehneinhalb Jahren schon los ging mit so einer Art Prototyp
des „Plattenspielers“, noch bevor es als Reihe angedacht war. Damals gab es
so eine Lecture-Performance-Veranstaltung im HAU. Und ich hatte mir mit dem
damaligen Style-Redakteur der Zeitschrift De:Bug, Jan Joswig, überlegt, zu
untersuchen, ob man auf den Hüllen von Schallplatten auch das sieht, was
man hört. Die Koteletten, der Schnitt des Hemdkragens oder der
Gesichtsausdruck der Person auf dem Cover: Bekommen wir das auch in der
Musik gespiegelt? Das war so unterhaltsam, dass es den damaligen
HAU-Intendanten Matthias Lilienthal auf die Idee brachte, das als Reihe zu
machen.
Und diese Idee hat Ihnen gleich gut gefallen?
Darauf hatte ich sofort Lust. Ich finde ja auch, das HAU ist ein Ort, mit
dem ich mich gut identifizieren kann. Inzwischen, glaube ich, habe ich die
längste Reihe, die im HAU je gebucht wurde. Dabei ist das Format ja das
einfachste der Welt: Zwei Leute hören Platten.
Bei diesem Prototypen des „Plattenspieler“, von dem Sie sprachen, war also
noch das Plattencover wichtiger als die Musik?
Es wedelte bei diesem ersten Mal vielleicht noch der Schwanz mit dem Hund,
jetzt ist es andersherum. Aber es geht immer noch um die Relation zwischen
Musik, Ästhetik, Mode und die darin sich zeigenden Lebensentwürfe. Mal ist
das politischer, mal theorielastiger, mal ästhetischer angelegt oder
vielleicht auch mal auf einer Trash-Ebene. Aber natürlich geht es schon die
ganze Zeit um die Verweishölle, durch die man sich als Popist bewegt.
Gab es mal Überlegungen, Ihren „Plattenspieler“ auch in einer anderen Stadt
aufzuführen?
Ich werde ganz oft von anderen Häusern in anderen Städten gefragt, ob ich
das auch bei ihnen machen möchte. Nachfragemäßig könnte ich die ganze Zeit
mit dem Format herumtingeln. Ich will aber auch nicht der Heini sein, der
überall diese „Plattenspieler“-Veranstaltung macht. Ich finde Musik nach
wie vor die schönste aller Künste, spiele auch in einer Band, bin DJ und
Radio-DJ, aber eigentlich bin ich Schriftsteller und muss sehen, dass ich
Zeit dafür finde, den jeweils nächsten Roman zu schreiben. Ich finde es
auch einfach schön, dass der „Plattenspieler“ exklusiv mit dem HAU
verbunden ist.
Welche Vorabsprachen treffen Sie eigentlich mit Ihren Gästen?
Es gibt nach wie vor nie keine Vorabsprache. Ich packe rein spekulativ
Platten in meinen Koffer, von denen ich denke, sie könnten interessant
sein.
Und das funktioniert dann immer?
Eigentlich schon. Ich hatte erst letzten Monat die Künstlerin und Musikerin
Michaela Meise bei mir sitzen und mich irrtümlicherweise darauf
eingestellt, fast nur liturgische Musik zu spielen, weil sie ein [2][Album
mit Kirchenliedern] (Anm. d. Red.: „Preis dem Todesüberwinder“) aufgenommen
hatte. Aber sie brachte dann sehr viel deutsche Schlager mit. Das ging dann
auch irgendwie.
Suchen Sie sich immer die Gäste selber aus oder lassen Sie auch Wünsche des
HAU gelten?
Mal so, mal so. In der Regel sind das aber schon Leute, die ich kenne und
verehre, die ich nicht unbedingt persönlich kenne, aber von denen ich
vielleicht auch Fan bin.
Hat es mal mit einem Gast so gar nicht funktioniert?
Eigentlich nur einmal. Mit einem maßgeblichen Label-Macher aus Teheran. Den
beispielsweise kannte ich vorher gar nicht, den habe ich mir einreden
lassen. Er meinte dann während der Veranstaltung, der Jazz solle mal wieder
von den Afroamerikanern weggeholt werden, weil er sei doch eigentlich eine
europäische Kunstform. Bei Platten, die ich aufgelegt hatte, sagte er
ständig, die Musiker könnten doch gar nicht richtig spielen. Und als ich
fragte, wie er das eigentlich finde, dass Frauen in Iran gar nicht in der
Öffentlichkeit singen dürfen und was er mit seinem Label in solch einer
Situation machen würde, da sagte er nur, das stimme zwar, aber er würde auf
seinem Label auch überhaupt keine Musik von Frauen veröffentlichen.
Sie sind ein erklärter Fan von Schallplatten, also Vinyl. Wie wichtig
finden Sie es, dass auch wirklich mit „echten“ Platten auf der Bühne
gearbeitet wird?
Ich kann gut damit leben, wenn es mal kein Vinyl gibt. Das Ganze soll ja
auch keine Nostalgieveranstaltung sein. Die Autorin und Filmemacherin
Helene Hegemann hatte als mein Gast zum Beispiel ihr Taschentelefon mit der
zerbrochenen Glasplatte unter den Projektor gehalten. Das ging auch.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
16 Apr 2018
## LINKS
[1] http://www.hebbel-am-ufer.de/programm/programm/alphabetisch/plattenspieler-…
[2] https://www.youtube.com/watch?v=HydBFcJIBJk
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Pop
Diskurs
Berlin Kultur
Achtziger Jahre
Pop
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