# taz.de -- Auf der „Ocean Viking“: Geflüchtete erzählen | |
> Wie geht es den Menschen auf der „Ocean Viking“? Der Journalist Shahzad | |
> Abdul hat die Geschichten der Geflüchteten festgehalten. | |
Bild: Hilfskräfte im Beiboo des privaten Rettungsschiffs „Ocean Viking“, d… | |
BERLIN taz/afp | Rettungsboot in Seenot: Am Freitag hatte die Besatzung der | |
[1][„Ocean Viking“] den Notstand ausgerufen. Die Umstände auf dem Schiff | |
wurden untragbar; mehrere der an Bord befindlichen Geflüchteten hatten | |
Suizidversuche unternommen. Jetzt dürfen die Geretteten endlich auf ein | |
italienisches Quarantäneschiff. Die Presseagentur AFP hat vier von ihnen in | |
kleinen Porträts vorgestellt, die wir hier präsentieren. | |
Hafiz, 30, aus Eritrea: Er ist seit vier Jahren unterwegs, über Sudan nach | |
Libyen, und hat alles erlebt: Folter, die Erschießung eines Freundes vor | |
seinen Augen im Streit um ein Handy, und drei Jahre Haft in Libyen „für | |
nichts“. „Nach drei Jahren fragte mich ein Wächter, was ich denn da mache. | |
Ich sagte ihm: Das müsst ihr mir sagen. Da niemand eine Antwort hatte, | |
wurde ich freigelassen und konnte meiner Familie sagen, dass ich lebe.“ | |
Jetzt sagt er: „Ich will bloß meine Haut retten. Wäre ich in Libyen | |
geblieben, hätte man mich getötet. Im Meer hätte ich auch sterben können, | |
aber da hatte ich eine Chance.“ In Europa hofft er auf „einen Ort, wo ich | |
nicht getötet werde“. | |
Mohammad, 40, aus Pakistan: Er hat sieben Jahre lang in Libyen in einem | |
Lebensmittelgeschäft gearbeitet, „überlebt“, wie er sagt. Im neuen Krieg | |
verlor er seinen Job und nahm einen Kredit auf, um nach Europa zu gelangen. | |
Kurz vor der Abreise wurde er angegriffen und erhielt einen Messerstich ins | |
Bein. „Mir geht es nicht darum, das Leben zu genießen. Meine Mission ist, | |
zu arbeiten und Geld zu verdienen, um meine Familie zu ernähren.“ Seine | |
Frau und sechs Kinder leben in Lahore in Pakistan. | |
Aymane, 24, aus Marokko: Er hat schon in Frankreich gelebt, zwischen 2016 | |
und 2019, in Argenteuil in der Pariser Banlieue. Wie er dort hinkam, sagt | |
er nicht. In Frankreich verkaufte er Kleider auf dem Markt von Clignancourt | |
in Paris. Als sein Vater in der Heimat starb, kehrte er nach Marokko | |
zurück. Dort merkte er, dass es „für die Jugend nichts gibt: Man arbeitet | |
hart und verdient so gut wie nichts“. Also machte er sich auf die | |
Rückreise. Quer durch die Wüste nach Libyen, wo er nur wenig Zeit | |
verbrachte, dann auf das Meer. | |
Mervis, 24, aus Kamerun: Sie ist die einzige Frau unter den Geflüchteten | |
auf der Ocean Viking, sie reist zusammen mit ihrem Ehemann aus Ghana. Sie | |
tut das nicht für sich, sagt sie, sondern für ihr ungeborenes Kind: sie ist | |
im 5. Monat schwanger. In Libyen hat sie ein Jahr verbracht und Entführung, | |
Haft und Vergewaltigung erlebt. Sie hat davon einen Knochenbruch im | |
Unterschenkel davongetragen. Sie hofft, dass ihr Kind in Deutschland zur | |
Welt kommt, ein neutraler Ort für einen Neuanfang. „Wir wollen doch bloß in | |
Frieden leben.“ | |
5 Jul 2020 | |
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