# taz.de -- Aga Khan: Der Weltverbesserer | |
> Philanthrop, Lebemann und Unternehmer. Seit 50 Jahren steht Karim Aga | |
> Khan an der Spitze der Ismailiten, einer schiitischen Abspaltung des | |
> Islams. | |
Bild: Da ist er: zwischen Pferd und Frau | |
Schöner könnten sich auch die Vereinten Nationen den idealen Muslim nicht | |
ausmalen: Karim Aga Khan, 70, ist seit fünfzig Jahren das geistige | |
Oberhaupt der Ismailiten – und zugleich erfolgreicher Unternehmer, Lebemann | |
und Herr über das größte private Entwicklungshilfenetzwerk. | |
„Angesichts der großen Veränderungen in der Welt bin ich überzeugt, dass es | |
das Beste für die ismailische Gemeinschaft ist, wenn mir ein junger Mensch | |
folgt, der mitten in diesem neuen Zeitalter aufgewachsen ist.“ Mit diesen | |
Worten aus seinem Testament ernannte sein Großvater den damals 20-jährigen | |
Karim Al Husseini am 11. Juli 1957 zu seinem Nachfolger und damit zum | |
Führer der Ismailiten. Bei ihnen handelt es sich um eine Abspaltung der | |
Schiiten, etwa 20 Millionen Gläubige gehören ihnen an. Obgleich auf 25 | |
Länder verstreut, haben sie sich zu einer bestens strukturierten und | |
wohlhabenden Glaubensgemeinschaft entwickelt. Sie berufen sich auf einen | |
liberalen und rationalistischen Glaubensansatz. | |
Den Ismailiten gilt der Aga Khan als direkter Nachfahre Mohammeds. Geboren | |
wurde Karim Al Husseini am 3. Dezember 1936 in Genf. Seine frühe Jugend | |
verbrachte der spätere Aga Khan in Nairobi, er ging in der Schweiz zu | |
Schule, studierte in Harvard Islamwissenschaften. Wie sein Vater und | |
Großvater fühlt er sich auf dem internationalen Parkett zu Hause: Nicht nur | |
machte er sich einen Namen als liberaler Vordenker des Islam, den er als | |
„Glauben der Vernunft“ ansieht. Über das Aga Khan Entwicklungshilfe-Netz | |
versucht er auch, sein Verständnis eines offenen, toleranten Islam in die | |
Praxis umzusetzen: Mehr als 400 Millionen Dollar hat das Netzwerk allein in | |
Afghanistan investiert, in Bildungsprogramme, das Gesundheitssystem, den | |
Schutz von Kulturdenkmälern. Der „Global Player“ Aga Khan beruft sich bei | |
der Entwicklungsarbeit auf religiöse Motive – bei der Umsetzung setzt er | |
auf die Kooperation mit der Privatwirtschaft. | |
Was den Umgang mit großen Summen angeht, ist er schließlich alles andere | |
als unerfahren: Sein Vermögen, das auf 8 Milliarden Dollar geschätzt wird, | |
betrachtet er zwar als Eigentum aller Ismailiten, für eine gehörige Portion | |
Luxus reicht es aber allemal: Karim Aga Khan besitzt ein Schloss bei Paris, | |
züchtet Rennpferde und jettet in seiner Freizeit mit der Luxusjacht übers | |
Mittelmeer. Aga Khan macht es allen recht: der Regenbogenpresse, die sich | |
an seinen Ehen und Affären weidet; seinen Anhängern, die ihn als | |
einflussreichen Weltverbesserer feiern; und der Weltgemeinschaft, für die | |
er die Verbindung von Islam und westlicher Kultur verkörpert. Wie sein | |
Großvater es sich erhofft hat. | |
14 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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