| # taz.de -- Abschied vom TV-Programm: Es hat sich ausgestrahlt | |
| > Die taz schafft in der neuen wochentaz das Fernsehprogramm ab. Eine | |
| > Kleinigkeit, die auch in der Redaktion große Gefühle hervorruft. Wir | |
| > sagen: Adieu! | |
| Bild: „Was kostet eigentlich so ein Hörzu-Abo?“ | |
| Ein Happy Ende nach 20 Jahren | |
| Anno 2002 hatte die taz das Gefühl, sie müsste sich verdoppeln. Taz zwei | |
| entstand, eine sehr lose Nachahmung von G2, der Gesellschaftsbeilage des | |
| britischen Guardian. Gleichzeitig dümpelte bei der taz eine ganz andere | |
| Schnapsidee herum: Die Medienseite sollte im Zuge dieser Reform gleich ganz | |
| abgeschafft werden. Dazu kam es zum Glück nicht, im Gegenteil. Für ein paar | |
| Wochen verschwand sogar das kleinste TV-Programm der Welt von „Flimmern und | |
| Rauschen“, wie die Seite damals noch hieß. | |
| Endlich war Platz! Doch rund 300 Nutzer*innen protestierten von 80 | |
| Millionen Deutschen. Na gut, aber von Ende 2002 knapp 50.000 | |
| taz-Abonnentinnen. Darunter waren vermutlich etliche Augenärztinnen, die | |
| das Ganze als billigen Teststreifen für ihre Praxen brauchten („Können Se | |
| dat noch lesen? Nee? Dann brauchen Se ne Brille)“. Was auch immer, die | |
| Chefredaktion zeigte sich beeindruckt und das Fernsehprogramm kam zurück. | |
| Wir hätten die Kohle, die dafür draufging, lieber für den Honorartopf | |
| gehabt. Und kaperten aus Rache die langweilige Datumsleiste und sendeten | |
| dort kryptische Botschaften und boshafte Bemerkungen zum Programm. | |
| Schließlich stand das Datum ja schon oben auf der Seite und so | |
| Programmtipp-Klopper wie „Wetten dass…, Sa, 20:15 Uhr, ARD“ konnte das au… | |
| nicht verhindern. Heute hat das lineare Fernsehen ausgedient. Und seine | |
| ausgedruckte Form kommt 20 Jährchen später auch endlich ins Museum. Wie | |
| schön! Steffen Grimberg | |
| Der TV-Tipp als reizvolle Herausforderung | |
| Als ich als Redakteurin bei der taz anfing, war der TV-Tipp das Erste, was | |
| ich schrieb. Ich empfahl „Die etwas anderen Cops“, einen Quatschfilm mit | |
| Mark Wahlberg und Will Ferrell. 22.15 Uhr, Kabel Eins. Etwas gewagt | |
| vielleicht, so aus der heutigen Perspektive einer erfahrenen | |
| TV-Tippgeberin. Aber im Grunde doch solide. | |
| Seither habe ich andere Texte geschrieben, längere, gehaltvollere. Aber der | |
| TV-Tipp blieb mir stets besonders lieb. Wann immer es darum ging, wer ihn | |
| schreiben sollte, meldete ich mich. Zum einen natürlich, weil es eine | |
| besonders reizvolle Herausforderung ist, die Seele eines Films auf zehn, am | |
| Wochenende sogar nur fünf Zeilen zu bannen. | |
| Zum anderen aber auch wegen dieser Liste, die ich mittlerweile führe und | |
| die mir das Leben stark erleichtert: Kennen Sie das? Man sitzt abends auf | |
| dem Sofa, ein guter Film wäre jetzt genau das Richtige, man beginnt sich | |
| durch die Sender und diverse Streaming-Anbieter zu zappen, nur um eine | |
| halbe Stunde später entnervt irgendeinen Blockbuster anzufangen, „Batman | |
| vs. Superman“ vielleicht, der einen ja doch nicht wirklich interessiert. | |
| Und schließlich bricht man das ganze Unterfangen ab und geht stattdessen | |
| unbefriedigt ins Bett. Seit ich TV-Tipps schreibe, habe ich dieses Problem | |
| nicht mehr. | |
| Denn seither habe ich dieses besondere Tool wieder für mich entdeckt, das | |
| einem jeden Tag eine randomisierte Auswahl an unzähligen Spielfilmen, | |
| Dokumentationen und Serien vorschlägt: die Fernsehzeitung. Zugegeben, es | |
| ist auch eine Menge Scheiß dabei. An jedem Tag aber, an dem ich einen | |
| TV-Tipp vorbereite, schreibe ich mir mittlerweile auch immer mindestens | |
| einen Film aus der Hörzu heraus, den ich noch nicht kenne oder den ich | |
| unbedingt mal wieder sehen möchte. Meine persönlichen TV-Tipps sozusagen, | |
| die es nicht unbedingt auch immer in die Zeitung schaffen. | |
| Im linearen Fernsehen, so mein Eindruck, laufen nämlich noch die wirklich | |
| interessanten Filme. Die, die einem kein personalisierter | |
| Netflix-Algorithmus mehr empfehlen würde: opulente 90er-Jahre-Schmonzetten | |
| mit Tom Cruise oder sepiagetönte Polit-Thriller mit Russell Crowe. Die | |
| Liste hole ich dann jedes Mal hervor, wenn ich abends ratlos vorm Fernseher | |
| sitze. Dann suche ich mir einen der notierten Filme bei Amazon Video, | |
| Disney+ und Co heraus und lehne mich zurück – ein bisschen kompliziert, ich | |
| weiß. Für mich aber ist es die perfekte Mischung aus Streaming-Flexibilität | |
| und linear vorgegebener Berieselung. Ich werde den TV-Tipp vermissen. Was | |
| kostet eigentlich so ein Hörzu-Abo? Lale Artun | |
| ## Das Kürzen als Superkraft | |
| Morgens von einer Agentur beliefert, musste die Korrekturabteilung | |
| spektakuläre Fähigkeiten entwickeln, das Programm mit seinen immer hundert | |
| oder so zu viel gelieferten Zeilen in die Layoutvorgabe einzupassen. Dabei | |
| war öde Sender zu streichen – RTL oder rbb – leider verboten. | |
| Mit seinen unzähligen Folgen „Lenßen übernimmt“ hintereinander für das | |
| Komagucken, Wiederholung von 2011, bietet SAT.1 echtes Kürzungspotenzial | |
| (KPZ). Eine am Sonntag laufende Bundesligasportschau redundant mit „am | |
| Sonntag“ versehen: KPZ 5 Zeilen in den dritten Programmen. „Terra X“, zum | |
| x-ten Mal auf Arte alle Folgen zu den Vögeln über die Dinosaurier zu den | |
| Kleinsäugern kann auf „Terra X: Dinos (1–4)“ eingedampft werden. | |
| „Heimatfilm“ in „heimatideologischer Kitsch“ umzuschreiben, hinter die | |
| „Rosenheim Cops“ ein „(gähn)“ zu setzen, hilft dagegen nicht beim Kür… | |
| Als subversive Aktion aber macht es Spaß. Und jetzt: Weg, weg, alles. | |
| Rosemarie Nünning | |
| Technik-Spielwiese in der Nacht | |
| Die Anlieferung des TV-Programms an das Redaktionssystem der taz ist ein | |
| komplexer Vorgang, der weitgehend automatisiert ist. Aus Sicht der taz-IT | |
| immer schon eine Technik-Spielwiese, auf der man kreativ sein darf. | |
| Anfang der 90er kam ich als Softwareentwickler zu taz, unser Team saß in | |
| einem Mini-Kabuff voller PCs, Kabel, eingetrockneter Kaffetassen und | |
| überquellender Aschenbecher. Eine meiner ersten Aufgaben bestand darin, | |
| unsere künftige Layoutsoftware mit den angelieferten Programmdaten zu | |
| versorgen. | |
| Damals Anfang 30, war ich noch einigermaßen belastbar – | |
| Software-Entwicklung fand vor allem nachts nach der Produktion statt, | |
| manchmal haben wir auch mehrere Nächte durchprogrammiert, ausreichend | |
| Haribo und THC-haltige Rauchwaren vorausgesetzt. Der dabei entstandene | |
| Programmcode war aus bekiffter Sicht genial, ansonsten eher unverständlich. | |
| Aber er hat im Wesentlichen bis heute gehalten. Andreas Berg | |
| 11 Nov 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Lale Artun | |
| Steffen Grimberg | |
| Andreas Berg | |
| Rosemarie Nünning | |
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