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# taz.de -- Abschiebung in letzter Minute verhindert: Todesflug abgeblasen
> Die Abschiebung des iranischen Studenten Ehsan Abri ist abgewendet worden
> - nicht zuletzt dank Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner
> (SPD).
Bild: Auch in der EU ist die Praxis des Asylrechts nicht überall gleich: Prote…
HAMBURG taz | Die Abschiebung des iranischen Studenten Ehsan Abri ist in
der Nacht zum Montag von Bundesinnenminister Hans Peter Friedrich (CSU)
gestoppt worden. Abri sollte am Morgen aus dem Abschiebeknast in Rendsburg
nach Hamburg gebracht und dort vom Fuhlsbütteler Airport mit dem Flug „Lot
400“ begleitet von Bundespolizisten ins ungarische Budapest „zurückgeführ…
werden, wo ihm die Ausweisung in den Iran gedroht hätte. Dort hätte dem
25-jährigen Kommunisten und Homosexuellen die Hinrichtung gedroht.
Dem Veto des Innenministers war eine beispielhafte konzertierte Aktion
vorausgegangen, in die sich am Sonntag auch Schleswig-Holsteins
Innenminister Andreas Breitner (SPD) einschaltete. In einem Brief forderte
er Friedrich auf, sich für „eine humanitäre Lösung“ einzusetzen.
Zunächst hatte sich der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein für Abri stark
gemacht, als bekannt geworden war, dass die iranische Polizei und der
Geheimdienst nach ihm fahnden. Abri war im Mai aus dem Iran nach Ungarn
geflohen. Offiziellen Angaben zufolge hat er dort einen Asylantrag
gestellt, was er selbst bestreitet. Abri ist dann bei dem Versuch, mit der
Bahn von Hamburg nach Kopenhagen zu reisen, von der Bundespolizei
aufgegriffen worden.
Wie er selbst sagte, war er auf den Weg zu seiner Lebensgefährtin in
Schweden. Seine Festnahme im Zug fällt in den Wirkungsbereich der
Bundespolizei, für die das Bundesinnenministerium verantwortlich ist. Er
kam nach Rendsburg in Abschiebehaft.
Der in Deutschland gestellte Asylantrag ist vom Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) als unzulässig abgelehnt worden, weil nach dem
europäischen Dublin II-Abkommen Ungarn als Einreiseland für Abri zuständig
ist. Das BAMF stellte daraufhin bei den ungarischen Behörden einen Antrag
auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens, dem Ungarn formal auch zustimmte.
„In Ungarn finden regelmäßig Abschiebungen in den Iran statt“, sagt Martin
Link, Geschäftsführer Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein. Die Asylanträge
würden weder geprüft noch gebe es Schutz vor einer Ausweisung in
Drittländer. Das sei nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof
eine rechtswidrige Praxis.
Am Wochenende schaltete sich die Politik ein. Der grüne
Bundestagsabgeordnete Arfst Wagner sowie die Landtagsabgeordneten der
Piratenpartei, Angelika Beer und Wolfgang Dudda, kündigten an, sie würden
sich der Abschiebung in Rendsburg in den Weg stellen. Das rief
Innenminister Breitner auf den Plan: Er bat Friedrich, eine
Rücküberstellung nach Ungarn abzuwenden und vom Selbsteintrittsrecht der
Bundesrepublik Deutschlands nach dem Dubliner Übereinkommen Gebrauch zu
machen. „Die Sorgen des Betroffenen, breiter Unterstützerkreise und des
Landes Schleswig-Holstein sind, dass Ehsan Abris Asylgründe, die für ihn
als mit einer hohen Schutzquote versehenen Iraner in Deutschland zu einem
Aufenthaltsrecht führen würden, in Ungarn nicht anerkannt werden“, schrieb
er seinem Berliner Kollegen.
In der Nacht zum Montag wurde die Abschiebung gestoppt, Abri zunächst nach
Lübeck gebracht, aus der Abschiebehaft entlassen und dem Landesamt für
Ausländerangelegenheiten in Neumünster überstellt. Bis die Bundesbehörden
entscheiden, wie das Asylverfahren weitergeht, bekommt er eine Duldung.
Dennoch mobilisierte der Flüchtlingsrat Hamburg am Montagmorgen 100 Leute,
um auf dem Hamburger Airport die Crew des Lot-Fluges notfalls dazu zu
bewegen, die Abschiebung zu verhindern – was in Einzelfällen auch schon
gelungen ist.
„Jetzt wird er zum ersten Mal gefragt, warum er aus dem Iran weg ist“, sagt
Martin Link vom Flüchtlingsrat. Die Entscheidung des
Bundesinnenministeriums wertet der Flüchtlingsrat als wichtigen Schritt –
auch für zukünftige Fälle.
24 Jun 2013
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Flüchtlinge
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