# taz.de -- 13. Beatles-Album auf deutsch eingesungen: "Glück ist ein warmes G… | |
> Deutschlands skurrilster Popstar, Klaus Beyer, stellte seine komplett | |
> deutsch eingesungene Version des Beatles-Spätwerks "White Album" vor. | |
> Damit ist er alle durch. | |
Bild: Das original Doppelalbum hat er natürlich auch: Klaus Beyer mit den Beat… | |
Das Leben geht seine Wege, und rückblickend geht es doch ganz schön | |
schnell. Mehr als 40 Jahre ist es her, dass Klaus Beyer zum ersten Mal | |
Songs der Beatles in der Radiosendung "Schlager der Woche" hörte. Dem | |
Kreuzberger, der damals noch als Kerzenzieher arbeitete, gefiel die Musik | |
auf Anhieb gut, und er wurde ihr größter Fan. | |
Weil seine Mutter kein Englisch verstand, begann er damit, einzelne Songs | |
der "Fab Four" mithilfe eines Englisch-Deutsch-Vokabellexikons zu | |
übersetzen, und nahm sie auch auf. Mittels zweier Tonbandgeräte überspielte | |
er die Instrumentalpassagen von jedem Stück und sang dazu seine deutschen | |
Versionen, die, der Produktionsweise geschuldet, immer etwas psychedelisch | |
klangen. | |
Später begann er damit, die gesamten 13 Alben der Beatles neu einzuspielen, | |
teilweise auch auf Super-8 zu verfilmen und öffentlich aufzutreten. | |
## König der Wohnzimmer-Musik | |
Sein erster öffentlicher Auftritt fand im Dezember 1987 statt, an John | |
Lennons 7. Todestag, auf einem vom ehemaligen Gitarrist der Band Mutter | |
organisierten Festival im Berliner Sputnik-Kino. Dem Publikum gefiel es so | |
gut, dass Beyer von nun an regelmäßig auftrat und es als "König der | |
Wohnzimmermusik" zu gewisser Berühmtheit brachte. | |
In den ausgehenden 90er Jahre endete sein Berufsleben, seither arbeitet er | |
als Vollzeitkünstler und vervollkommnete seine Fähigkeiten. Zehn Jahre lang | |
war er außerdem Teil der "Schlingensief-Familie". Der Regisseur hatte Beyer | |
1999 kennen gelernt, als er im Vorprogramm eines anderen großen | |
Beatles-Verehrers – Daniel Johnston – aufgetreten war. | |
Sie freundeten sich an, und der "fünfte Beatle" (Der Spiegel) trat nun oft | |
auch auf großen Bühnen nicht nur mit Beatles-Liedern auf, bereiste mit | |
Schlingensief und den anderen die Welt, lernte ferne Kontinente wie zum | |
Beispiel Südamerika und Afrika und interessante Menschen wie etwa Patti | |
Smith kennen. | |
Im Herbst letzten Jahres hatte Klaus Beyer zwei sehr berührende Lieder zum | |
Gedenken an seinen Freund beim Abschiedsabend für Schlingensief in der | |
Berliner Volksbühne gesungen; im Dezember hatte er seine Version des | |
Beatles-Albums "Please Please Me" ("Gefall mir") vor kleinem Publikum | |
vorgestellt. | |
## Und nun das letzte Album | |
Im Frühjahr 2011 hatte er sich dann an das letzte von ihm noch nicht | |
vertonte Beatles-Album gewagt; das "Weiße Album", das trotz vieler | |
eingängig melodiöser Songs etwas Verstörendes hat. Nicht nur wegen des | |
experimentell-collagenhaften "Revolution No 9", das Beyer etwa mit Berliner | |
Alltagstönen unterlegt interpretiert hat. | |
Seine Version der Beatles-Songs lebt auch von der Detailgenauigkeit, selbst | |
das liebevolle Albumcoverdesign hat er dem Original nach empfunden. | |
Statt, wie in der Originalcoverbeigabe, Stationen auf dem Lebensweg der | |
Beatles sieht man bei Beyer Fotos aus seinem Leben als Künstler: Beyer mit | |
Patti Smith, Beyer mit der Band Mutter, Beyer zusammen mit dem Autor und | |
Trashfilmer Jörg Buttgereit, Beyer in der "Sergeant Pepper"-Uniform, als | |
"Elton John" in einem Schlingensief-Stück, zusammen mit Daniel Johnston, in | |
Hamburg mit Andreas Dorau, mit seinem Manager und Freund Frank Behnke und – | |
wie John Lennon – in der Badewanne. | |
Am Samstagabend stellte Klaus Beyer seine Version des "White Album" im | |
Kreuzberger Monarch vor. Der Club war fast ausverkauft; es war schwülwarm, | |
und der fünfte Beatle startete mit schnellen Mitsingnummern: "Zurück in die | |
UdSSR", "Obladi, Oblada" und "Bungalow Bill", dem "Muttersöhnchen aus dem | |
Sachsenland", um dann zu dem sozusagen anspruchsvolleren Evergreen "Weil | |
die Gitarre sanft weint" und dem Drogensong "Glück ist ein warmes Gewehr" | |
zu kommen. | |
## Verblüfftes Publikum | |
Viele im Publikum, die Beyer noch nicht kannten, schienen unentschlossen, | |
ob sie nun mitsingen oder sich wundern sollten. Am besten sang Beyer die | |
eher Rock-n-Roll- oder Blues-orientierten Stücke des Albums wie | |
"Geburtstag", "Jeder hat etwas versteckt außer mir und mein Affe" und "Yer | |
Blues". Das ausgesprochen psychedelische "Savoy Truffle" gelang ihm auch | |
sehr gut, und "Revolution" sang er zweimal. | |
Bei den zwei Zugaben – "So müd" und "Why Dont We Do it in the Road" – wurde | |
er von Doc Schoko beziehungsweise von seinem Manager Frank Behnke | |
begleitet. | |
Im September wird Klaus Beyer unter anderem bei einem eigens für ihn | |
organisierten Festival im holländischen Tilburg auftreten. Kommende Woche | |
gastiert er in der Berliner Volksbühne. | |
Ich fragte ihn, wie er sich fühlt und was nun wird, nachdem er mit den | |
Beatles-Alben fertig ist. "Anfangs war ich traurig, aber dann hab ich mir | |
gedacht: Als Nächstes mach ich die Soloplatten der einzelnen Beatles." | |
8 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Detlef Kuhlbrodt | |
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Beatles | |
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sie super. |