# taz.de -- Beatlesmode-Bildband "Fab Fashion": Cäsarfrisuren und Hippiefetzen | |
> Die Beatles hörten rechtzeitig auf, bevor hässliche Fotos und öde Alben | |
> ihrem Ruf schadeten. Der üppige Bildband "Fab Fashion" zeigt ihre Rolle | |
> als modische Trendsetter. | |
Bild: Zwei Stilikonen und ein Schlagzeuger (links). | |
Mehr als 41 Jahre sind vergangen seit der Trennung der Beatles, und noch | |
immer produzieren sie fast täglich Schlagzeilen. In Liverpool werden | |
demnächst "Beatles Bins" aufgestellt. Singende Mülltonnen. Damit sollen | |
Passanten dazu erzogen werden, ihren Müll in die Tonne zu schmeißen und | |
nicht auf die Straße. Wenn sie das ordentlich machen, werden sie belohnt | |
mit einem thematisch angepassten Beatles-Song: I feel clean? Baby I can | |
take your trash? Komm, gib mir deinen Müll? | |
Weniger trashig kommt "Fab Fashion" daher, ein üppiger Bildband über die | |
Rolle der Beatles als modische Trendsetter. Sein Autor Paulo Hewitt singt | |
seit 30 Jahren das Loblied auf die britische Mod-Kultur und den Britpop. | |
Hewitt ist einer von diesen leicht zwanghaft stilbewussten Fünfzigern, die | |
sich bei Mod-Revival-Partys in die schmal geschnittenen Anzüge ihrer | |
Quadrophenia-Jugend quetschen und ein Leben lang hadern mit der Strafe der | |
späten Geburt. Für diese Retromaniacs war der Februar 1967 die beste Zeit, | |
die man auf diesem Planeten verbringen konnte. Von da an ging's bergab. | |
Hewitt teilt diese Weltsicht mit Britpop-Nostalgikern wie Paul Weller und | |
Noel Gallagher, beider Lebensgeschichten hat er aufgeschrieben. | |
Heute kann man Hewitt in seinem Blog beim Bügeln zugucken. | |
Merino-Pullunder, Limited Edition, 50 Stück. Routiniert klappert er die | |
Modestationen der Fab Four ab, von Tolle und Lederjacke zu Cäsar-Frisuren | |
und kragenlosen Anzügen, von Beatle-Boots und Sonnenbrillen zu Hippiefetzen | |
und Vollbärten. Die Folklore des Swinging London kennt Hewitt, zuverlässig | |
liefert er Gossip und Schnurren, darf man ja erwarten von einem | |
Coffee-Table-Buch. | |
1965 fragt ein Journalist John Lennon: "Wie könnt ihr mit so langen Haaren | |
nachts schlafen?" Lennon: "Na ja, wenn du schläfst, merkst du das nicht." | |
Das liest sich weg wie ein Beatles-Song. Manchmal meint Hewitt es zu gut | |
und tappt in die große Falle der Beatles-Rezeption. | |
Die waren geniale Katalysatoren, hatten ein tolles Gespür für Trends, aber | |
sie waren nicht immer die großen Neuerer. Eine Sitar wurde im Pop schon vor | |
"Norwegian Wood" eingesetzt, aber nie so massenwirksam; auch vor | |
"Revolution Number 9" gab es Soundcollagen, aber keine fand so viel | |
Verbreitung. Und grellbunte Fantasieuniformen haben die Beatles auch nicht | |
erfunden, aber kein Uniform-Foto hat man öfter gesehen als das vom "Sgt. | |
Pepper"-Cover. | |
Überhaupt die Fotos, der Hit. John und Paul in Schwarz-Weiß im Casbah | |
Coffee Club zu Liverpool, 1959, fast noch Teddyboys. Ein Mädchen im | |
Blumenkleid himmelt Paul an, später wird sie Cynthia Lennon. Die Hamburger | |
Fotos von Astrid Kirchherr, mattschwarzes Leder, als habe sie gewusst, für | |
welche Ewigkeit sie diese Ikonen ins Bild setzt. Zwei Frauenbeine in | |
Beatles-Strümpfen, Nylons mit Pilzköpfen und Gitarren, fab. Alberne | |
Farbfotos mit Spielzeuginstrumenten, coole Farbfotos mit getönten Brillen, | |
die ganze Palette einer beschleunigten Epoche. | |
Wenn man hinten angekommen ist, der letzte Auftritt auf dem windigen Dach | |
in der Londoner Savile Row, Paul mit Vollbart, dann ist es, als seien diese | |
vier Typen vor unseren Augen um Jahrzehnte gealtert. Und dann kriegen sie | |
die Kurve und hören rechtzeitig auf, bevor hässliche Fotos die Runde machen | |
und öde Alben. Nur weil die Beatles sich vor mehr als 41 Jahren getrennt | |
haben, produzieren sie weiter Schlagzeilen. | |
Paolo Hewitt: "Fab Fashion. Die Mode der Beatles". Prestel Verlag München | |
2011, 240 S., 53,90 Euro | |
5 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus Walter | |
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