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# taz.de -- Berliner Uni rudert zurück: Kein Gekuschel mehr mit Großbank
> Die Humboldt-Uni distanziert sich vom Sponsorenvertrag mit der Deutschen
> Bank. Ihr Präsident will, dass die Unabhängigkeit der Wissenschaft klarer
> artikuliert wird.
Bild: Ikone wissenschaftlicher Unabhängigkeit: Alexander von Humboldt als Stat…
BERLIN taz| Die erste Uni rudert zurück. Nach dem Bekanntwerden eines
umstrittenen Sponsoren- und Kooperationsvertrags, mit dem sich die Deutsche
Bank an zwei Berliner Spitzenuniversitäten weitreichende Mitwirkungsrechte
bei der Gründung eines Instituts hatte zusichern lassen, hat sich der
Präsident der betroffenen Humboldt-Universität (HU), Jan-Hendrik Olbertz,
vom Vertragswerk distanziert: "Ich kann die kritischen Fragen gut
nachvollziehen", sagte Olbertz der taz.
Er betonte, in dem konkreten Fall sei die wissenschaftliche Unabhängigkeit
gewahrt geblieben. "Dennoch muss in künftigen Verträgen dieser Anspruch auf
die Unabhängigkeit der Wissenschaft deutlicher und vor allem
unmissverständlich artikuliert werden." Olbertz ist seit 2010 Präsident der
HU. Das umstrittene Projekt von 2006 läuft Ende Juni aus.
Am 27. Mai hatte die taz berichtet, wie sich die Deutsche Bank in einem
Vertrag mit der Humboldt- sowie der Technischen Universität (TU) Berlin
anlässlich der Gründung eines Instituts für Finanzmathematik weitreichende
universitäre Mitwirkungsrechte hatte zusichern lassen. So durfte die Bank
bei der Auswahl zweier Professuren und der Lehrkonzeption mitbestimmen,
durfte Bankmitarbeiter als universitäre Prüfer entsenden und erhielt ein
Veto-Recht bei der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen. Auch erhielt
sie das Recht, in den Unis zu werben. Mindestens 3 Millionen Euro ließ sich
die Bank dies jährlich kosten.
Ein Sprecher der Deutschen Bank entgegnete der taz, bei dem Institut
handele es sich um ein Projekt "auf der Schnittstelle zwischen Theorie und
Praxis". "Sofern Zustimmungsvorbehalte in Bezug auf Veröffentlichungen
vereinbart wurden, geschah dies, um von der Deutschen Bank eingebrachte
Geschäftsgeheimnisse angemessen zu schützen", sagte der
Deutsche-Bank-Vertreter.
## Ausnahme Sonderprofessuren
"Dagegen war es natürlich nicht beabsichtigt, die Veröffentlichung
wissenschaftlicher Aussagen ohne Bezug zu Geschäftsgeheimnissen zu
verhindern." In der entsprechenden Klausel des Vertrags, der der taz
vorliegt, steht allerdings nichts von Geschäftsgeheimnissen.
Auch die TU Berlin wollte kein Problem erkennen. Dass die Universität die
Professoren im Einvernehmen mit der Deutschen Bank berufen habe, bestreitet
die Uni nicht. Das Vorgehen sei von Berliner Landesgesetzen gedeckt.
Seitens der Senatsverwaltung von Berlin hieß es allerdings: "Bei
Stiftungsprofessuren bestimmt der Stifter den Zweck seiner Stiftung, aber
er nimmt keinen Einfluss auf die Auswahl des Professors oder der
Professorin." Die umstrittenen Professuren werden als "Deutsche
Bank"-Stiftungsprofessuren bezeichnet. Auch die TU Berlin spricht von
Stiftungsprofessuren.
Die Berufung von Professuren ist in Deutschland den Universitäten
vorbehalten. Ausnahmen bei der Berufung können für sogenannte
Sonderprofessuren gelten. Dies sind Professuren, die an externen
Forschungseinrichtungen - wie etwa Max-Planck-Instituten - angedockt sind.
Hier können externe Partner ein Mitbestimmmungsrecht bei der Besetzung
erhalten.
Daraus erwächst Hochschulen aber keineswegs die Verpflichtung, Mitarbeitern
privater Unternehmen akademische Lehr- und Prüfungsrechte einzuräumen,
geschweige denn eine Berichtspflicht über den Erfolg von
Personalmarketingmaßnahmen der Unternehmen innerhalb der Universitäten.
Dies war der Bank vertraglich eingeräumt worden.
27 May 2011
## AUTOREN
Martin Kaul
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