# taz.de -- Korruption bei der Fifa: Für eine Handvoll Millionen | |
> Funktionäre des Weltverbands kassierten über Jahre hohe Millionensummen | |
> von einer Vermarktungsgesellschaft. Einige Namen wurden jetzt bekannt. | |
Bild: Unter Verdacht: Ricardo Teixeira. | |
Wenn Fifa-Präsident Joseph Blatter nachts von Andrew Jennings träumt, ist | |
es mit Sicherheit ein Albtraum. Jennings prangert seit rund zehn Jahren | |
hartnäckig die Korruption im Weltfußballverband an. In der Fifa-Zentrale in | |
Zürich hat er längst Hausverbot. | |
Am Montagabend legte Jennings in einer BBC-Sondersendung neue Beweise für | |
Korruption im Fußballverband vor: "Die schmutzigen Geheimnisse der Fifa". | |
Jennings hat sich vor einem Monat ein vertrauliches Dokument der Firma | |
International Sports and Leisure (ISL) aus Zug besorgt, die für die | |
Vermarktung der Weltmeisterschaften zuständig war, bis sie 2001 pleiteging. | |
ISL hatte sich die milliardenschweren Fifa-Rechte mit Schmiergeldern | |
gesichert - im Prozess gegen ISL-Manager hat sich das 2008 bestätigt. | |
Die Liste enthält 175 geheime Transaktionen zwischen 1989 und 1999. Rund | |
100 Millionen Dollar gingen an eine Handvoll Spitzenfunktionäre. Ricardo | |
Teixeira, Präsident des brasilianischen Fußballverbands, ist einer davon. | |
Er hat 9,5 Millionen Dollar kassiert. Das Geld wurde über die Tarnfirma | |
Sanud in Liechtenstein geleitet. Dass Sanud Teixeira gehört, kam bei einer | |
Untersuchung über Unregelmäßigkeiten im brasilianischen Fußball heraus. | |
Auch eine weitere Firma, Renford Investment, ist Teixeira zuzurechnen. | |
Diese erhielt 3,5 Millionen ISL-Dollar. | |
Auch Fifa-Exekutivmitglied Nicolás Leoz aus Paraguay, Präsident des | |
südamerikanischen Fußballverbands Conmebol, taucht auf der Liste auf, | |
ebenso wie der Kameruner Issa Hayatou, Fifa-Vizepräsident sowie Präsident | |
der afrikanischen Fußballkonföderation. Leoz Name tauchte bereits im Rahmen | |
des ISL-Prozesses auf. | |
Seinerzeit ging es nicht um Bestechung, sondern um Insolvenzvergehen. | |
Nichtsdestotrotz wurde dokumentiert, dass Leoz 130.000 Dollar an | |
Schmiergeld erhalten hatte. Die Summe erhöht sich nach den letzten | |
Erkenntnissen um über eine Million Dollar. Die Schweizer Bundesrichter | |
konnten damals zwar nicht verhindern, dass die Höhe der Bestechungssumme | |
(138 Millionen Schweizer Franken) an die Öffentlichkeit gelangte, Namen | |
wurden aber nicht bekannt. | |
Das ist jetzt anders. Neben Leoz, Hayatou und Teixeira stehen auch Blatters | |
Amtsvorgänger João Havelange und Lamine Diack, Präsident des | |
internationalen Leichtathletikverbandes IAAF, wegen Bereicherung am | |
Pranger. Natürlich dementieren die betroffenen Herren, in unlautere | |
Machenschaften verwickelt gewesen zu sein. | |
Was Jennings öffentlich gemacht hat, ist vermutlich nur die Spitze des | |
Eisbergs: Erhebliche Summen gingen laut ISL-Liste an Sicuretta Invest, eine | |
weitere Tarnfirma in Liechtenstein, deren Eigentümer ihre Spuren besser | |
verwischt haben. | |
So mancher Fifa-Funktionär hat sich auf andere Weise Geld zur Seite | |
geschafft: Jack Warner aus Trinidad und Tobago, Fifa-Vizepräsident und Chef | |
vom nord- und mittelamerikanischen Fußballverband, hat eine Million Dollar | |
kassiert, indem er Eintrittskarten für die WM 2006 auf dem Schwarzmarkt | |
verkaufte. Als das herauskam, wies ihn die Fifa an, eine Million an eine | |
Wohltätigkeitsorganisation zu spenden. Doch bei der WM in Südafrika | |
versuchte Warner erneut, Karten auf dem Schwarzmarkt zu verhökern. | |
Ob die vier korrupten Funktionäre am Donnerstag in Zürich mitbestimmen, wo | |
die WM-Turniere 2018 und 2022 stattfinden werden, ist noch unklar; England | |
buhlt um den Zuschlag für 2018. Der englische Fußballverband hofiert Warner | |
bereits seit 2008. Damals reiste Englands Nationalmannschaft nach Port of | |
Spain zum Freundschaftsspiel gegen Trinidad und Tobago anlässlich des 100. | |
Jahrestags der Verbandsgründung. Der damalige Premierminister Gordon Brown | |
besuchte Warner, Browns Nachfolger David Cameron wird mit Warner am | |
Donnerstag in Zürich den Lunch einnehmen. | |
England ist besorgt | |
So war der Premierminister über die Panorama-Sendung überhaupt nicht | |
erfreut. Er wollte, dass die BBC die Ausstrahlung um eine Woche verschiebt. | |
Es sei frustrierend, dass man nicht auf ihn gehört habe, sagte Cameron. Der | |
Koordinator für Englands Bewerbung, Andy Anson, warf der BBC mangelnden | |
Patriotismus vor. | |
Sportminister Jeremy Hunt glaubt dagegen nicht, dass Englands Chancen bei | |
der WM-Vergabe gesunken sind. Man habe als Geheimwaffe ja noch Prinz | |
William, der nach Zürich reist. Und der sei doch der beste Beweis für die | |
Fußballbegeisterung in England: Der Prinz besuchte kurz nach seiner | |
Verlobung mit Kate Middleton das Spiel seiner geliebten Blackburn Rovers. | |
30 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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