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# taz.de -- Gedenken an den Anschlag in Magdeburg: Die Sorge vor rassistischen …
> Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt stieg die Zahl rassistischer
> Übergriffe in der Stadt. Für manche prägten die Anfeindungen das Gedenken
> ein Jahr danach.
Bild: Angehörige der Rettungsdienste bei der Gedenkfeier für die Opfer des An…
Vor der Johanniskirche in Magdeburg erinnern Blumenkränze und Kerzen an die
Opfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt. Auf den Tag genau ein Jahr ist
die Tat her, als Saeed Saeed am Samstag gegen 16 Uhr auf der
gegenüberliegenden Straßenseite stehen bleibt. Näher will er gerade nicht
an die Gedenkstätte ran. Er hat mehrere Rechtsextreme entdeckt, die vor den
Blumenkränzen stehen. Die Polizei ist da, sicher fühlt sich Saeed,
Vorsitzender des Syrisch-Deutschen Kulturvereins, aber trotzdem nicht.
In Magdeburg sitzt das Entsetzen über den Anschlag noch tief. Am [1][20.
Dezember 2024 fuhr ein Mann mit einem SUV durch die Menschenmenge] auf dem
Weihnachtsmarkt. Sechs Menschen starben, mehr als 300 wurden schwer
verletzt. Ein Jahr später steht der ganze Tag im Sinne des Gedenkens.
## Zahl rassistischer Übergriffe gestiegen
Der [2][Weihnachtsmarkt in Magdeburg] ist an diesem Tag geschlossen. In
einer Seitenstraße, durch die der Täter fuhr, erinnern Gedenkplatten an die
Todesopfer. Um ihre Namen herum stehen Kerzen, liegen Blumen. Am Abend
werden bei einer gemeinsamen Veranstaltung in der Johanniskirche
Betroffene, Ersthelfer:innen, Religionsvertreter:innen und
Politiker:innen sprechen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) steht auf
dem Plan.
Im Anschluss soll es eine Menschenkette um den Markt geben, als
symbolischen Schutz. „Es ist wichtig, dass man nicht vergisst, was hier für
ein brutales Attentat passiert ist“, sagt Saeed. Das Leid der Opfer und
ihre Angehörigen sei unvorstellbar. Bei der Kette will er auch dabei sein,
sagt Saeed Saeed, „um zu zeigen, dass wir als migrantische Community zu
Magdeburg gehören“.
Wenn es um das Leid geht, das der Anschlag ausgelöst hat, ist es Saeed
wichtig, auch an die Menschen mit Migrationshintergrund zu denken, die
danach Anfeindungen erlebten. Der Täter wurde in Saudi-Arabien geboren. Das
genügte offenbar, um Vorurteile zu fördern. Seit dem Anschlag berichteten
Beratungsstellen von einer [3][steigenden Zahl rassistischer Übergriffen,
Drohungen, Beleidigungen, Schlägen in Magdeburg.]
Etwa eine Stunde nachdem Saeed vor der Johanniskirche gestanden hatte,
trifft schließlich Bundeskanzler Merz mit Sachsen-Anhalts
Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) ein. Vor der Kirche warten
bereits dutzende Menschen. Die Rechtsextremen, die Saeed entdeckt hatte,
sind noch da. Plötzlich ruft ein Mann: „Schämt euch!“ Weitere stimmen mit
ein. Ein anderer Mann entgegnet ihnen: „Das hier ist eine
Gedenkveranstaltung, was soll das?“
Merz blickt sich kurz um, läuft weiter. „Herr Merz, wann stoppen Sie die
illegale Masseneinwanderung?“, fragt einer laut. „Hau ab! Hau ab!“,
skandiert eine Gruppe. Hinter ihnen steht Martin Reichardt,
Landesvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt, und lächelt stumm. Die
meisten beobachten unbeteiligt das Geschehen.
## Opfer nicht allein lassen
Später, bei der Gedenkveranstaltung in der Johanniskirche, tritt
[4][Susanne Staab ans Pult]. Sie erzählt von ihrer Mutter Rita Staab, die
den Enkeln gerne Eis spendierte. Vergangenes Jahr gingen sie gemeinsam als
Familie auf den Weihnachtsmarkt. Es gab Schmalzkuchen für alle. Dann fuhr
ein Mann in einem SUV in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt,
verletzte dabei mehr als 300 schwer, tötete Rita Staab und fünf weitere
Menschen.
Susanne Staab kämpft mit den Tränen. Sie wünsche sich, dass „die Opfer
dieses Anschlags nicht allein gelassen werden von der Stadt, vom Land und
von der Politik.“
Draußen vor der Kirche überträgt ein großer Bildschirm das Gesagte. Unter
den vielen Zuhörer:innen dort ist auch Mamad Mohamad, der
Geschäftsführer des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen
Sachsen-Anhalt (Lamsa). Während er der Gedenkveranstaltung lauscht, zündet
er seine Kerze an.
## Sorge vor Übergriffen
Der Jahrestag belaste ihn, sagt Mohamad der taz. Den Betroffenen und
Angehörigen gelte sein volles Mitgefühl und seine volle Unterstützung.
Schwer sei der Tag auch, weil Mohamad Sorge habe, dass sich wieder Hass
gegen [5][Unbeteiligte zeige und es Übergriffe geben könnte]. „Weil ein
Mann aus Saudi-Arabien einen Anschlag begangen hat, werden alle aus der
migrantischen Community verantwortlich gemacht“, sagt er. Das sei nicht nur
bedrohlich, es erzeuge das schlechte Gefühl, unerwünscht zu sein. Viele
seien deshalb weggezogen.
Am Ende der Gedenkveranstaltung wirkt Mohamad bewegt. Es sei beeindruckend,
dass so viele Menschen da sind, sagt er. Dann zieht er los, um sich in die
Lichterkette einzureihen. Warm leuchtet der Kerzenschein vor der
Johanneskirche, genau ein Jahr nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt.
21 Dec 2025
## LINKS
[1] /Prozessbeginn-zum-Magdeburger-Anschlag/!6128337
[2] /Weihnachtsmarkt-in-Magdeburg-eroeffnet/!6131064
[3] /Nach-dem-Anschlag-von-Magdeburg/!6056886
[4] https://www.ardmediathek.de/video/mdr-aktuell-extra/mdr-aktuell-extra-ein-j…
[5] /Nach-dem-Anschlag-in-Magdeburg/!6056534
## AUTOREN
David Muschenich
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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Gedenken
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