Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rückkehr zum Kickbox-Training: Ein bisschen bosshafter fühlen
> Dieses Gefühl, sich auf die Stärke seines Körpers zu verlassen, ist
> rauschhaft. Der Weg dahin ist hart und mit Stolperfallen versehen.
Bild: Ob man Ribkicks wohl im Geheimen üben kann?
„Ich krieg ein Hasskick, Adrenalin. Sie gaffen miese, wenn man uns zusammen
sieht. Lachkick, aus Prinzip. Hoes over money, du hast beides nicht, du
Piç.“ Wenn ich diese [1][Lines aus „Hasskick“] von Wa22ermann und OG Lu auf
dem Heimweg höre, spannt sich mein ganzer Körper an, ich ziehe meine
Augenbrauen zusammen. Ich laufe, als hätte ich gleich einen wichtigen
Termin. Ich denke: „Okay, jetzt könnte ich jemanden wegkicken, wenn er mir
nur zu nah kommt.“ Rein hypothetisch natürlich. Denn meine Trittfähigkeiten
sind so gut wie nicht vorhanden und ich bin circa 1,5 Meter groß.
Aber für 2:25 Minuten Songlänge fühlt es sich eben so an. Und [2][dieses
Gefühl, sich auf die Stärke seines Körpers verlassen zu können,] sich im
Ernstfall schützen zu können, auch wenn das nur Schein ist, möchte ich
öfter erleben.
Und der Weg dahin ist mir klar: wieder Kampfsport machen. Ich war ja schon
mal beim Kickboxen. Eine Weile sogar echt regelmäßig. Die Situation war
eigentlich die beste, die man sich vorstellen konnte:
[3][FLINTA*-Training], ich konnte sogar mit ein paar Friends zusammen
trainieren. Und trotzdem bin ich irgendwann nicht mehr hingegangen.
Klassiker.
Neben der Zeit, die ich nicht investiert habe, sind eine Stolperfalle auf
jeden Fall die Ripkicks, also das Kicken mit dem Schienbein auf Rippenhöhe
der Gegner:innen. Das gehört beim Kickboxen dazu. Ich habe nie verstanden,
warum mein Bein nicht machen will, was alle anderen Beine im Raum völlig
selbstverständlich tun. Dieses Hochheben fühlt sich bei mir an, als
versuche ich, das Bein aus seinem Gelenk zu reißen. Wenn ich dann doch
trete, lande ich zuverlässig überall, aber nicht auf den Rippen des
Gegners. Peinlich und gar nicht mal so furchteinflößend. Daher habe ich
aufgegeben.
Im Flow mit Haken, Geraden und Uppercuts
Aber well, wahrscheinlich würde ein bisschen Disziplin und Regelmäßigkeit
helfen, sagt man ja so. Deswegen stehe ich jetzt also wieder, nach über
einem Jahr, zum Kickboxen in der Halle. In Socken auf dem Schaumstoffboden,
weil ich mich vor den Käsefüßen der anderen ekele. Vor den schwitzigen
Leihhandschuhen graut es mir auch schon. Kurz vor dem Training habe ich mir
Gel-Nails machen lassen, so könnte ich realistisch gesehen eher jemandem
den Rücken zerkratzen, als einen ordentlichen Haken verpassen.
Na ja, immer bin ich gemeinsam mit einer Freundin dort, das motiviert mich.
Und erstaunlicherweise: Haken, Geraden, Uppercuts gehen klar. Ich bin im
Flow, denke an Wa22ermanns Part „Reißen sie die Fresse, kick die Pisser mit
Plateau.“ Dann kommt die Trainerin zu mir und sagt: „Nicht so viel
rumwackeln, dann kann man sich nicht gut verteidigen.“ Okay. Das hat
gesessen, etwa auf Höhe der Magengrube. Kaum habe ich mich sortiert, soll
ich einen Ribkick vormachen. Und natürlich ist er immer noch exakt so hoch
und lasch wie vor einem Jahr.
Und trotzdem erwische ich mich dabei, wie ich gedanklich schon einen
Boxsack in meinem Zimmer aufhänge. Wie teuer wohl die günstigsten
Handschuhe sind. Ob man Ribkicks wohl im Geheimen üben kann, ohne dass
jemand sieht, wie lächerlich es aussieht. Mit der Freundin mache ich den
Rest der Übung, und wir müssen dabei viel lachen, weil es irgendwie lustig
ist, sich in solch einer Situation zu vermöbeln. Ich hoffe, ich ziehe es
dieses Mal durch. Ob mein Ripkick irgendwann besser wird? Keine Ahnung.
Aber die Chancen sind hoch, dass ich mich zumindest ein bisschen bosshafter
und cooler fühle mit Kickboxen als ohne.
11 Dec 2025
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=nE5S_2xLIpU
[2] /Der-Hausbesuch/!5577271
[3] /Diversitaet-im-Sport/!5916084
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclere
## TAGS
Kolumne Sportsfroindin
Kampfsport
FLINTA*
MMA
Das Leben einer Frau
Selbstverteidigung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Frauen-Kampfsport in der Krise: Zu wenig Action und Strahlkraft
Der „Superfight“ zwischen Zhang Weili und Valentina Shevchenko macht die
strukturellen Probleme des Frauen-MMA sichtbar.
Körperliche Schlagfertigkeit im Sport: Die eigene Stärke fühlen
Kampfsportlerin Julia Schnetzer steigt in den Ring, um sich zu hauen. Der
Sport diszipliniert und macht sie auch stark für die Krisen der Welt.
Der Hausbesuch: Das Ziel ist Deeskalation
Frauen, die Selbstverteidigung lernen, können damit auch schutzlose Momente
verarbeiten. Die Kickboxerin Claudia Fingerhuth macht es vor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.