| # taz.de -- Frauen-Kampfsport in der Krise: Zu wenig Action und Strahlkraft | |
| > Der „Superfight“ zwischen Zhang Weili und Valentina Shevchenko macht die | |
| > strukturellen Probleme des Frauen-MMA sichtbar. | |
| Bild: Titelverteidigerin Valentina Shevchenko (l.) dominierte den Kampf gegen Z… | |
| Es war einer der größten Frauen-Kämpfe des letzten Jahrzehnts, nicht nur im | |
| MMA, sondern im gesamten Kampfsport: Die Chinesin Zhang Weili ging eine | |
| Gewichtsklasse nach oben, um gegen die [1][Titelträgerin Valentina | |
| Shevchenko] anzutreten. Die weltweit größte MMA-Organisation UFC verkaufte | |
| den Kampf in New York als „Superfight“. Doch was als | |
| „Non-stop-Action-Kampf“ vermarktet wurde, hielt dem Versprechen nicht | |
| stand. | |
| Das Fliegengewicht reicht bis knapp 57 Kilogramm und wurde in der UFC | |
| bisher von der Kirgisin Shevchenko dominiert. Die 37-Jährige ist für ihr | |
| technisch eindrucksvolles Thaiboxen und in den letzten Kämpfen zunehmend | |
| starken Bodenkampf bekannt. Eine Gewichtsklasse unter ihr, im Strohgewicht, | |
| zeigt Weili als Titelinhaberin eine ähnliche Dominanz. | |
| Um einen zweiten Titel zu erkämpfen, sprang die dynamische Chinesin eine | |
| Klasse nach oben und legte sich dafür deutlich mehr Muskelmasse zu. Doch | |
| Shevchenko dominierte den Kampf über die volle Distanz, bearbeitete Weili | |
| über 25 Minuten mit harten Kicks und Knien zum Körper und blieb den starken | |
| Schlagkombinationen ihrer Gegnerin stets fern. Trotz der Einseitigkeit war | |
| es ein taktischer, oft langsamer Kampf. Das Publikum im Madison Square | |
| Garden empfand das als langweilig. | |
| Oft ist das die Kritik, die an Kämpfen von Frauen geübt wird: zu wenig | |
| Action, nicht genügend Knock-outs, kein großer Schlagabtausch. Während | |
| Knock-outs in den Kämpfen der Männer keine Seltenheit sind, bleiben sie bei | |
| den Frauen die Ausnahme. Noch dazu ist die Zahl der Kämpferinnen deutlich | |
| geringer als die der Männer. Darin gleichen sich nicht nur der MMA- und | |
| Boxsport, sondern auch das Ringen, Judo und Kickboxen. | |
| ## Star gesucht | |
| Die UFC, insbesondere aber deren Präsident und Trump-Vertrauter Dana White, | |
| wollten Frauen für lange Zeit überhaupt nicht in das Oktagon lassen. Auf | |
| die Frage, wann man Frauen in der Organisation kämpfen lässt, sagte White | |
| 2011 noch demonstrativ: „Niemals.“ Zwei Jahre später stand die Judoka | |
| [2][Ronda Rousey im ersten weiblichen UFC-Kampf] und löste einen Hype aus, | |
| der sie in den Folgejahren und ungeachtet aller Geschlechtergrenzen zu | |
| einem der bekanntesten Gesichter im internationalen Sport machte. | |
| Ein solcher überlebensgroßer Star fehlt der UFC heute. Zwar sind | |
| Shevchenko, Weili und Mackenzie Dern große Namen in der UFC, reichen jedoch | |
| nicht an die Strahlkraft Rouseys heran. Dazu gibt es im Vergleich zu den | |
| acht Gewichtsklassen der Männer nur drei für die Frauen. Auch das ist ein | |
| Grund, warum Frauen unterrepräsentiert sind. So traten im UFC-Event 322 am | |
| vergangenen Wochenende in vierzehn Kämpfen nur dreimal Frauen gegeneinander | |
| an. | |
| Dabei gäbe es durchaus Potenzial, weitere Gewichtsklassen einzuführen. Die | |
| aktuelle Titelträgerin im Bantamgewicht – die US-Amerikanerin Kayla | |
| Harrison – kann aufgrund ihrer Statur kaum die Grenze von 61,3 Kilogramm | |
| erreichen und muss sich im Vorfeld stark dehydrieren. Jeder Versuch, das | |
| Gewicht zu erreichen, ist mit erheblichen gesundheitlichen Risiken | |
| verbunden. Zusätzliche Gewichtsklassen können das Problem lösen und die | |
| Gesundheit der Athletinnen als auch deren Performance selbst verbessern. | |
| Doch im Kampfsport ist der weibliche Talentpool deutlich kleiner als in | |
| anderen Sportarten. Zwar unterstützt die UFC die Invicta Fighting | |
| Championships, eine Organisation ausschließlich für Frauen-MMA, doch selbst | |
| diese kann gerade einmal fünf Gewichtsklassen mit Kämpferinnen füllen. Dem | |
| könnte die UFC mit einem deutlich stärkeren, auf Frauen ausgerichteten | |
| Marketing entgegenwirken und Nachwuchskämpferinnen fördern. | |
| Doch dass Dana White so etwas umsetzt, ist unwahrscheinlich. Auf | |
| Pressekonferenzen weiß er oft nicht einmal die Namen der Kämpferinnen. Und | |
| wie viel Interesse kann er schon an Feminismus und Emanzipation haben, wenn | |
| er [3][mit Trump] befreundet ist? Seine Frau ohrfeigte White einmal in der | |
| Öffentlichkeit. | |
| Als einziger nächster großer MMA-Kampf der Frauen gilt Kayla Harrison, die | |
| gegen die Brasilianerin Amanda Nunes antreten will. Zwar gibt es noch keine | |
| offizielle Ankündigung, doch wird der Kampf bereits als einer von vielen | |
| für das kommende Spektakel im Weißen Haus gehandelt. Am kommenden | |
| Unabhängigkeitstag wollen Trump und White das größte UFC-Event auf dem | |
| Rasen des Regierungssitzes veranstalten. Sicher ist, dass die Frauen wieder | |
| nur in der zweiten Reihe stehen werden – wenn überhaupt. | |
| 17 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Seng | |
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