| # taz.de -- Die Wahrheit: Wohnmobile zu Kasernen | |
| > Marsch, marsch: Die Bundeswehr will Truppenteile ohne Obdach bei Campern | |
| > einquartieren. | |
| Bild: Beistand von oben kann beim militärischen Wohnmobil nicht schaden | |
| Explosionsartig wie ein Propangasbrand verbreitet sich in den einschlägigen | |
| Campingplatzforen, was der Rechercheverbund von Wahrheit und dem | |
| Fachmagazin WoMo-Fieber ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hat: ein | |
| internes Papier aus dem Verteidigungsministerium, wonach die Bundeswehr zur | |
| temporären Unterbringung ihrer Soldaten und Soldatinnen den Einsatz von | |
| Wohnmobilen plant. | |
| Als „Stube auf Rädern“ bezeichnet das Strategiepapier diese wohl kühnste | |
| Neuerung in der Truppenbetreuung seit der Gulaschkanone. Und benennt ohne | |
| Umschweife, wie man den Bedarf „von zunächst 83.000 rollenden Einheiten“ zu | |
| decken gedenkt: durch die Rekrutierung ziviler Wohnmobile. Per Losverfahren | |
| soll entschieden werden, welche Eigner ihre Camper zum nächsten | |
| Bundeswehrstandort lenken müssen, wo die Fahrzeuge gemustert und bei | |
| entsprechender Eignung „bedürfnisgerecht“ umgestaltet werden. Um dann je | |
| zwei bis drei Kameraden als rollende Unterkunft zu dienen. | |
| Hintergrund dieser wohl dramatischsten Zeitenwende im deutschen | |
| Campingwesen ist die personelle Aufstockung der Bundeswehr und der damit | |
| notwendig gewordene Bau von neuen Kasernen, deren Fertigstellung sich | |
| allerdings über Jahre erstrecken wird. „Diese Baulücke“, so heißt es in … | |
| Papier knapp, „muss mittels mobiler Quartiere kompensiert werden – bevor | |
| Putin angreift“. | |
| Ab Januar bereits sollen über eine Abfrage beim Kraftfahrtbundesamt | |
| sämtliche in Deutschland gemeldeten Wohnmobile erfasst werden. In einem | |
| weiteren Schritt wird dann über die kommunalen Verkehrsbehörden ermittelt, | |
| welche von den rund eine Million Fahrzeugen auf privatem Grund abgestellt | |
| und welche öffentlich geparkt sind. Vor allem letztere sollen – so hat es | |
| das in die Planung einbezogene Verkehrsministerium vorgeschlagen – | |
| bevorzugt rekrutiert werden. Weil auf diese Weise gleich noch die „teils | |
| extrem angespannte Lage an der heimischen Parkfront“ entschärft werde. | |
| Immer mehr Wohnmobile blockieren bekanntlich außerhalb der Reisesaison die | |
| immer rareren Parkplätze, sorgen bei Anwohnern und Autofahrern für Frust | |
| und Stress. | |
| Eigentümer müssen weiter blechen | |
| Eigentümer von wehrtauglich gemusterten Fahrzeugen müssen dann für | |
| mindestens neun Monate auf ihr Wohnmobil verzichten. Nicht aber auf die | |
| Zahlung von Kfz-Steuer und -Versicherung, die sie zeit des Militäreinsatzes | |
| weiter tragen. Die „einsatzrelevanten Umbauten“ übernimmt der Bund – also | |
| die Tarnlackierung der Camper sowie deren Bewaffnung mit dem leichtesten | |
| Bundeswehr-MG, der sogenannten Scharping-Säge, die problemlos auf jedes | |
| WoMo-Dach montiert und durch die eh vorhandenen Lichtluken bequem bedient | |
| werden kann. | |
| Allein das ist für viele Camper schwer erträglich. „Mein Dreamer ist doch | |
| kein Gefechtsstand“, schreibt etwa deutschtümel1312 in den Kommentaren. Die | |
| meisten Camper beurteilen die militärische Umwidmung ihrer Wohnmobile aber | |
| ambivalenter. Ein Jörg007 etwa spricht von einem „verblüffend flexiblen | |
| Gefechtsansatz“. Die wohnmobilgestützen Bundeswehreinheiten könnten | |
| dezentral operieren, seien vom Feind schwerer aufzuklären und im Ernstfall | |
| binnen Minuten aus der Schusslinie zu manövrieren – „sofern sie den | |
| Rückzugsgang schnell genug reinkriegen,“ wie Userin Uschi süffisant | |
| anmerkt. „Immerhin die Verwundbarkeit wäre im Vergleich zu festen | |
| Kasernenbauten gering. Wenn, träfe es immer nur eine WoMo-Besatzung.“ | |
| Erfahrenere Camper warnen indes vor gewissen „logistischen Grotesken“. | |
| Insbesondere alle Fragen rund um die bordeigenen Fäkaltanks treibt viele | |
| um. „Theoretisch ließen sich deren Leerungen auch militärisch nutzen“, | |
| meint etwa RapidoSchorsch, „was sich allerdings nach meiner Erfahrung | |
| schnell in Richtung Kriegsverbrechen entwickeln kann.“ Auch die Frage der | |
| Geschlechtertrennung beschäftigt die User. Zumal in dem Strategiepapier der | |
| Bundeswehr dazu einzig dieser lapidare Satz zu finden ist: „Eine | |
| mehrgeschlechtliche Belegung ist nur nach Einbau getrennter | |
| Sanitäreinrichtungen gestattet.“ | |
| Traditionelles Stellplatzbild in Gefahr | |
| Ein ganz eigener Problemkreis tut sich indes für die deutschen | |
| Campingplatzbetreiber auf. Die Vorstellung, dass künftig militärisch | |
| genutzte Fahrzeuge zwischen den Urlaubern parken könnten, sorgt in den | |
| hiesigen Rezeptionen für Unruhe. „Das könnte das traditionelle | |
| Stellplatzbild nachhaltig verändern.“ | |
| Als politisch heikel gelten die WoMo-Pläne auch, weil Verteidigungsminister | |
| Boris Pistorius (SPD) selbst Wohnmobilbesitzer ist. Aber als Privatparker – | |
| sein Weinsberg überwintert schon seit Jahren in einer Scheune im Raum | |
| Osnabrück – käme er nicht in die Verlosung, was, wie in SPD-Kreisen | |
| befürchtet wird, der bislang fast ungebrochenen Popularität Pistorius’ | |
| schaden könnte. Ein Parteifreund fasst die Lage nüchtern zusammen: „Wenn | |
| der Boris seinen Luxusschlitten freiwillig in den Armeedienst überstellte, | |
| wäre das das Ehrlichste.“ | |
| Unterdessen macht das Gerücht die Netzrunde, wonach auch Russland längst | |
| Wohnmobile als mobile Kasernen nutze. Bei einer der letzten großen | |
| Militärparaden seien angeblich mehr als 1.000 camouflagelackierte | |
| Wohnmobile an Putin vorbei über den Roten Platz gerollt. | |
| 9 Dec 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Fritz Tietz | |
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