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# taz.de -- Korruptionsskandal in der Ukraine: Jermaks schwarzer Freitag
> Der Chef des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, ist
> zurückgetreten. Zuvor wurde die Wohnung des engen Vertrauten Wolodymyr
> Selenskyjs durchsucht.
Bild: Andrij Jermak, Leiter des Präsidialamts der Ukraine, steht unter Korrupt…
Andrij Jermak, Chef der ukrainischen Präsidialadministration, und enger
Vertrauter von Präsident Selenskyj, ist zurückgetreten. Dies gab der
ukrainische Staatschef am Freitag bekannt. Selenskyj sprach Jermak bei
einer öffentlichen Ansprache seinen Dank aus, mahnte an, Spekulationen und
Gerüchte zu vermeiden und kündigte Gespräche über eine Neubesetzung für
Samstag an.
Zuvor hatte die Nationale Antikorruptionsbehörde der Ukraine (NABU) und die
Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) Freitagmorgen Büro und Wohnung des
Politikers durchsucht. Die Hausdurchsuchungen fänden „im Rahmen eines
laufenden Ermittlungsverfahrens“ statt, so NABU und SAP.
Jermak selbst bestätigte die Durchsuchungen. Die Ermittler hätten vollen
Zugang zu seiner Wohnung erhalten, er sei kooperativ, ließ er über seinen
Telegram-Kanal wissen. Die Durchsuchungen stehen offensichtlich [1][im
Zusammenhang mit der Operation „Midas“] – einem der umfangreichsten
Antikorruptionsverfahren der vergangenen Jahre.
NABU hatte am Mitte November [2][die Existenz einer mutmaßlich über Jahre
aktiven kriminellen Organisation öffentlich gemacht], die systematisch
Bestechungsgelder im Umfeld des staatlichen Atomkonzerns Energoatom
vereinnahmt haben soll. Üblicherweise seien 10–15 Prozent des
Auftragsvolumens wieder in die Taschen der verantwortlichen Angestellten
und Manager geflossen.
## „Ali Baba“ am Telefon abgehört
Wenig später veröffentlichte Audiomitschnitte machten [3][den Geschäftsmann
Timur Minditsch, ehemaligen Showbusiness-Partner von Wolodymyr Selenskyj],
als zentrale Figur des Skandals aus. Brisanterweise findet sich in den
abgehörten Gesprächen auch ein Mann, der sich mit dem Spitznamen „Ali Baba�…
anreden lässt. Und dabei, so spekulieren ukrainische Medien, soll es sich
um Andri Jermak handeln.
Was die Antikorruptionsbehörden bei der morgendlichen Hausdurchsuchung
gefunden haben, ist noch nicht bekannt. Doch schon am Mittwoch zeigte sich
der NABU-Direktor Semen Krywonos, optimistisch hinsichtlich des bisher
beschlagnahmten Beweismaterial, unter anderem Computer, Mobiltelefone und
Datenträger.
Derzeit würden „Tausende Aufzeichnungen“ mit dem neu erlangten Material
abgeglichen, so Krywonos. Das Antikorruptionsbüro zeigt sich entschlossen,
die Ermittlungen bis zum Ende durchzuführen.
„Wir müssen der ukrainischen Gesellschaft zeigen, wie viel Geld tatsächlich
gestohlen wurde – wie viel davon in luxuriöse Villen in der Schweiz, in
Wohnungen, Immobilien und Bankkonten verwandelt wurde“, zitiert die
Ukrajinska Prawda NABU-Chef Kriwonos.
## Opposition fordert sofortige Entlassung Jermaks
Mit einer Mischung aus Schadenfreude und Gehässigkeit kommentieren
[4][Gegner von Präsident Selenskyj] die Hausdurchsuchung an „Jermaks
Schwarzem Freitag“. „Ich möchte mich zunächst für meine gute Laune
entschuldigen“ beginnt der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak von der
Oppositionspartei Holos sein morgendliches Video.
Seinen Informationen zufolge hätten die NABU-Beamten die Hausdurchsuchung
bei „Ali Baba“ alias Jermak mit den Worten „Sesam öffne dich“ begonnen…
dem Messenger Telegram wendet sich Schelesnjak an Selenskyj. „Herr
Präsident, Sie müssen unverzüglich den Chef der Präsidialadministration,
Jermak entlassen. … Nehmen Sie den nächstbesten Kugelschreiber und
entlassen Sie mit Ihrer Unterschrift den Mann, der die volle Verantwortung
dafür trägt, dass die Bande von Minditsch all die Jahre das Land ausrauben
konnte.“
Und der Abgeordnete Olexi Hontscharenko von der Oppositionspartei
Europäische Solidarität meint auf seinem Telegram-Kanal: „Das
Minditsch-Gate war nur der Trailer. Jetzt hat der eigentliche Film
begonnen.“ Ihn würde, so Hontscharenko, auf dem beschlagnahmten Telefon von
Jermak vor allem die Kommunikation zwischen Jermak und dem Präsidenten
interessieren.
Sollte gegen Jermak ein Verfahren eingeleitet werden, er möglicherweise in
Haft kommen oder mit einer elektronischen Fußfessel versehen werden, werde
er kaum noch eine führende Rolle im Verhandlungsprozess zur Beendigung des
Krieges spielen können, mutmaßt das Portal strana.news. Es sei jedenfalls
nicht vorstellbar, dass der US-amerikanische Unterhändler Dan Driscoll
Jermak in Untersuchungshaft aufsuchen werde.
Die EU sieht die Durchsuchungen beim ukrainischen Präsidialamtschef Andrij
Jermak wegen Korruptionsverdachts als Zeichen für eine funktionierende
Korruptionsbekämpfung in der Ukraine. „Wir haben großen Respekt vor den
Untersuchungen, die zeigen, dass die Antikorruptionsbehörden in der Ukraine
ihre Arbeit tun“, sagte EU-Kommissionssprecherin Paula Pinho am Freitag in
Brüssel. Jermak gilt als engster Vertrauter und Berater des ukrainischen
Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
28 Nov 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Bernhard Clasen
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