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# taz.de -- Ein Besuch in der Therme: Entspannung im Nilpferdbecken
> Unsere Kolumnistin verbringt ihre Feierabende manchmal in einem
> Wellnesstempel in Wien. Der fünfte Aufguss ist ihr liebster.
Bild: Aussen kalt, innen heiß: die Therme Wien
Wellness hat viele Gesichter. Thermalquellen, ein riesiger Kurpark, sogar
eine eigene Kurkonditorei. Als mir A. von der [1][Therme Wien] vorschwärmt,
hatte ich ein etwas anderes Bild im Kopf. Steigt man dann aber am südlichen
Stadtrand, an der Endstation Oberlaa, aus, steht man plötzlich vor einem
Haufen Beton. Von außen sieht die Therme wie ein gigantisches
Lego-Raumschiff aus. Links ragt ein mehrstöckiges Gesundheitszentrum über
die graue Fläche, das Vordach zum Bade- und Saunabereich erinnert an ein
Tetris-Spiel.
„Zweimal After Work“, sagt A., und die Angestellte in
Thermen-Merch-Vollmontur reicht uns zwei Beutel, darin kratzige Handtücher
und viel zu heiß gewaschene Bademäntel. Mit ambivalenten Gefühlen steige
ich die Treppe zu den Umkleiden hinab, jeder Schritt führt mich näher
Richtung Sauna, zu der ich ein ähnliches Verhältnis habe wie zur
Zahnreinigung. Vorher: null Bock! Mittendrin: eigentlich ganz okay damit.
Und im Nachhinein: froh, dass ich da war.
Spätestens ab Mitte 30 gehen gute Teile der Freizeit für die Sanierung des
eigenen Körpers drauf. Nicht, weil man plötzlich zur Anhänger*in eines
[2][absurden Longevity-Kults] geworden wäre und seine gesamte Lebensenergie
darauf verwendet, niemals sterben zu wollen. Sondern, weil man ganz einfach
den normalen Alltag überleben möchte. A.s Geheimtipp dafür sind die
Massagedüsen. Mit ihnen kann man sich alles wegmassieren, was einem der
Schreibtischstuhl unter der Woche angetan hat.
Zarter Dampf schwebt über dem beheizten Außenpool, in dem wir nun wahlweise
Verrenkungen vor den Düsen ausführen oder so vergnügt planschen wie die
Nilpferde. Nur Paarung ist nicht erlaubt, dann kommt nämlich der Saunawart
mit seiner Trillerpfeife. Geflirtet wird indes wie verrückt: „Komm, setz
dich neben mich, Sugar Mommy“, ruft ein junger Mann beim Saunagang einer
deutlich älteren Frau zu. „Ich bin zu viel für dich“, sagt sie und nimmt
das Angebot lachend an.
## Nacktsein verbindet
In der Sauna sind alle gleich. Da sitzen die Balkan-Boys vom Stadtrand
neben der zugezogenen Kärntnerin. Da macht ein Unternehmer aus
Niederösterreich den Aufguss, während ihn ein Tätowierter von der Bank aus
auf die Schippe nimmt. Neben Profis wirbeln hier auch Hobby-Einheizer*innen
das Handtuch. Meistens ist die Stimmung freundlich, manchmal sogar
euphorisch, teils so aufgekratzt wie auf Exkursion. Nacktsein verbindet,
[3][wenn nur die Blicke mancher Männer nicht wären.]
Der Aufguss ist das perfekte Schauspiel. Jeder Wachler, so sagen das die
Schluchtenscheißer und gendern dabei nicht, hat seinen eigenen Stil. Der
Wikinger vor dem Saunaofen trägt schwarze Gummihandschuhe und macht große
Ansagen: „Nach dem Aufguss wird geduscht! Comprende?!“ Der nächste, ein
Schamane, versucht „den dritten Chakra“ zu öffnen, nur einen Finger über
dem Bauchnabel, wo angeblich die Emotionen sitzen: „Alles, was nicht zu uns
gehört, lassen wir jetzt los!“ Mit einer weihevollen Handbewegung schickt
er seinen Dampf auf eine Reise.
Mit der zweiten Kelle folgt ein neuer Schwall positive Beschwörungen: „Ich
bin vollständig, vollkommen und perfekt. So wie mich der höchste Schöpfer
geschaffen hat. Ich verzeihe allen, die mir Böses angetan haben, denn sie
sind meine Lehrmeister. Ich entscheide mich für die Liebe.“ Eis gibt es nur
für „Damen“, zwei Sportskanonen haben genug. Wir aber bleiben. A. mit
seiner Buddha-Miene und ich, weil mich der Ehrgeiz gepackt hat, bis zum
vierten Aufguss durchzuhalten. Trotz spirituellem Blabla. Den fünften
Aufguss gibt's beim Türken – als Çay. Mein persönlicher Favorit.
21 Nov 2025
## LINKS
[1] https://thermewien.at/
[2] /Lang-leben-mit-Wunderpillen/!6110361
[3] /Filmen-in-der-Sauna/!6114967
## AUTOREN
Anna Fastabend
## TAGS
Wellness
SPA
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Esoterik
Gesundheit
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Einrichtung
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