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# taz.de -- Die Wahrheit: Bier für den Nordpol
> Immer wieder scheitern die Briten kläglich daran, süffigen Gerstensaft zu
> brauen. Da hilft auch kein Gebräu für die Arktis.
Sie können es nicht lassen. Briten können kein anständiges Bier brauen,
aber sie versuchen es immer wieder. Ein gewisser Dougal Gunn Sharp,
Braumeister von Innis & Gunn in Edinburgh, will nun eine 150 Jahre alte
Flasche Allsopp’s Arctic Ale öffnen, um es als Grundlage für ein neues Bier
namens Innis & Gunn 1875 Arctic Ale zu verwenden, das zu Weihnachten in
limitierter Auflage auf den Markt kommt.
Die Originalflasche wurde für George Nares abgefüllt, als er sich 1875 auf
den Weg machte, den Nordpol zu finden. Den fand er aber nicht. Seine
Theorie, dass seine Route in eine eisfreie Zone des Nordpolarmeeres führen
würde, die den Pol umgeben sollte, musste Nares begraben, als er den
zugefrorenen Ozean vorfand. Er kehrte mitsamt einer Flasche Bier nach Hause
zurück. Die wurde vor zehn Jahren in einer Garage in Shropshire
wiederentdeckt und für 3.300 Pfund von Sharp ersteigert.
Das Bier wurde bei Samuel Allsopp & Sons in Burton upon Trent in
Staffordshire gebraut. Aufzeichnungen aus der viktorianischen Zeit
beschreiben das Ale als dunkelbraun und so dickflüssig, dass es mit Eimern
aus dem Braukessel geschöpft werden musste. Es sollte Seeleuten, die
Temperaturen von bis zu minus 40 Grad ausgesetzt waren, als Nahrung dienen.
Das Bier war reich an Zucker, der das Gefrieren verhinderte. Mit einem
Alkoholgehalt von etwa neun Prozent sollte das kalte Bier die
hoffnungsvollen Entdecker von innen wärmen. Heutzutage ist es umgekehrt: In
britischen Pubs wird warmes Dünnbier serviert, dass es einem kalt den
Rücken herunterläuft.
## Bankrotte Bierbrauerei
Die Ursprünge von Samuel Allsopp & Sons reichen bis in die 1740er-Jahre
zurück. Bis 1861 war es nach Bass die zweitgrößte Brauerei Großbritanniens.
1887 kam Samuel Allsopps Sohn, der ebenfalls Samuel hieß, auf die törichte
Idee, die Brauerei in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Binnen drei
Jahren forderten die Aktionäre ihr Geld zurück, da die Rendite viel
geringer ausfiel als versprochen. Danach taumelte die Brauerei von einer
Krise in die nächste und war 1911 schließlich bankrott.
Jamie Allsopp, ein direkter Nachfahre von Samuel Allsopp, hat sich die
Markenrechte gesichert, nachdem er das einzige noch erhaltene Buch mit den
authentischen Rezepten gefunden hatte. Das wiederbelebte Unternehmen braut
seit 2020 wieder Bier nach diesen Rezepten. Sharp will sein arktisches Bier
nun von der reaktivierten Allsopp-Brauerei produzieren lassen. Jamie
Allsopp sagte, die Zusammenarbeit fühle sich an wie „eine physische Brücke
in die Vergangenheit“.
Das Arctic Ale wurde damals für mehrere Arktis-Expeditionen gebraut. Eins
hatten sie alle gemeinsam: Keine schaffte es zum Nordpol. Und genauso, wie
die Abenteurer gescheitert sind, so scheitern britische Brauer seit
Jahrhunderten bei dem Versuch, ein akzeptables Bier zu produzieren.
8 Dec 2025
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Bier
Bierbrauer
Satire
Irland
Großbritannien
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